Biomechanischer Untersuchungsgang für den Diabetischen Fuß
[Abo] Unphysiologische Belastungen sind eine wesentliche Ursache für die Entstehung von Ulcera und Rezidiven am Diabetischen Fuß. Um die individuellen biomechanischen Problemstellungen des Fußes möglichst frühzeitig zu erkennen, empfiehlt es sich, eine Reihe von Untersuchungen regelhaft durchzuführen.
Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) leiden an einer Neuropathie, die zu Fehlstellungen und unphysiologischen Belastungen führt und gleichzeitig warnende Schmerzen unterdrückt. So verlaufen die Überlastungen für die Betroffenen zu einem großen Teil unbemerkt. Eine schmerzbedingte Kompensation entfällt ebenfalls. Weitere Schäden sind durch äußere Einflüsse sowie durch verzögerte Reparaturvorgänge bei hohen Blutzuckerwerten, peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) und weiteren Erkrankungen möglich.
Die unphysiologischen plantaren Belastungen sind auch für den überwiegenden Teil der hohen Zahl an Rezidiven verantwortlich. Plantare Ulcera, bei denen die Neuropathie besonders relevant ist, neigen mehr zu Rezidiven als Läsionen außerhalb der belasteten Regionen. Die neuropathiebedingt überhöhte Belastung ist aber auch für sehr lange Verläufe bis zum Wundschluss und auch für Amputationen verantwortlich, da sie das Trauma bei jedem Schritt wiederholt. Dazu trägt bei, dass Betroffene therapeutische Maßnahmen zur Begrenzung der Fehlbelastung nicht selten als sehr behindernd empfinden.
Aus diesen Gründen ist es wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung, die Ursachen der Fehlbelastung minutiös und differenziert aufzuspüren. So ist es sinnvoll, eine Abfolge von Standarduntersuchungen einzuhalten, um relevante Störungen auf keinen Fall zu übersehen – die wesentlichen Untersuchungen haben wir im Folgenden aufgeführt. Detailliertere Untersuchungen haben wir nach dem Entitätenkonzept gegliedert, das Läsionen anhand der Lokalisation und dort vorherrschender Fehlbelastung klassifiziert. Bei bestimmten Lokalisationen sind jeweils spezifisch weiterführende Untersuchungen notwendig.{pborder}
Der Standard-Untersuchungsgang
1. Aufrufen des Patienten (stand up and go)
Das Aufrufen des Patienten aus der Wartezone bietet eine später kaum reproduzierbare Gelegenheit, ihn zu beobachten, während er abgelenkt ist und sich nicht auf das Gehen konzentriert.
Aufschlussreich sind dabei folgende Fragen: Wie schnell steht der Patient auf? Wie sicher ist er beim Aufstehen und beim anschließenden Gehen? Dies erlaubt Rückschlüsse auf die allgemeine Mobilität und Sturzgefahr.
Geprüft werden kann dies auch mit dem Time-up-and-go-Test, bei dem der Patient aufsteht, drei Meter geht, sich umdreht, zurückgeht und sich wieder setzt. Ein Wert unter 10 Sekunden gilt dabei als sehr gut, 11 bis 19 Sekunden als noch gut. Das Ergebnis ist auch ein Maß dafür, wieviel Laufleistung zu erwarten ist (Podsiadlo and Richardson 1991). Hier kann beobachtet werden, ob Besonderheiten beim Gang bestehen, wie:
- Ataktischer Gang: Ist der Gang unsicher, kurzschrittig, breitbeinig oder mit weit ausholenden, langen und sicheren Schritten? Ein unsicher gehender Mensch wird eine Schuhversorgung benötigen, die einen stabilen Stand begünstigt.
- Hinken: Ist der Gang unbeeinträchtigt oder liegt eine Asymmetrie der Bewegung vor? Dies kann vielfältige Ursachen haben: psychogenes Hinken, schmerzbedingtes Schonhinken, Verkürzungshinken, Durchblutungsstörungen (Claudicatio intermittens), Lähmungshinken sowie Fehlstellungen in Hüfte, Knie oder Sprunggelenk. Hinken weist oft nicht direkt auf eine Erkrankung hin, ist aber ein Hinweis, dem weiter nachgegangen werden muss.
- Fußwinkel: Setzt der Patient mit leicht außenrotiertem Fuß auf (normal) oder mit stark außenrotiertem oder innenrotiertem Fuß? Der „Fußwinkel“ ist oft mit Funktionsvarianten verbunden. So ist ein weiter Fußwinkel häufig mit einem Plattfuß assoziiert.
- Liegt ein „Steppergang“ vor, wie bei einer Insuffizienz der Fibularismuskulatur (Peronäusparese)?
- Wird fast ausschließlich die Ferse belastet („Hackenläufer“)? Dies weist auf eine Schwäche des Zugs an der Achillessehne hin.
- Falls Patienten von Assistenten voruntersucht werden, ist es sinnvoll, wenn unbekannte Auffälligkeiten unspezifisch gekennzeichnet werden können, zum Beispiel als „weitere Anomalie“, wenn der Betroffene aus Sicht des Voruntersuchers „komisch“ läuft.
2. Untersuchung im Sitzen
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, einen Untersuchungsschritt durchzuführen, bei dem die Betroffenen im Sitzen auf einer erhöhten Fläche (zum Beispiel Untersuchungsliege) mit entspannt hängenden Beinen und nackten Füßen („Hosenbein hoch“) untersucht werden. Hierbei wird insbesondere auf Seitendifferenzen geachtet (Abb. 1). War der Gang unauffällig, so kann dieser Schritt entfallen.
3. Untersuchung im Stehen
Die Untersuchung im Stehen ist dagegen unerlässlich. Dabei werden Position und Bewegung unter Last beurteilt. Die Position des Unterschenkels in der Beinachse ist dabei wesentlich, sodass zumindest die Beine bis oberhalb des Kniegelenks unbekleidet sein müssen („Hosenbein hoch“). Idealerweise sind beide Beine vollständig unbekleidet. Beim ersten Aufsetzen der Füße nach Ausziehen von Schuhen, Strümpfen und eventuell anderen Beinkleidern sind durch die Ablenkung oft Bewegungen der Zehen erkennbar, die sich später vielleicht nicht mehr provozieren lassen. Daher verdient dieser Moment besonders aufmerksame Beobachtung.
- Am stehenden Patienten wird beobachtet, wie die Zehen balancieren. Werden alle Zehen kraftvoll auf den Boden gepresst? Werden Zehen dabei gekrallt? Wird die Kleinzehe mit der Außenseite nach plantar gedreht (Insuffizienz des M. quadratus plantae) oder die Großzehe mit ihrer medialen Seite?
- Beim Stand „auf Zehenspitzen“ wird das Balancieren unter diesen erschwerten Bedingungen bewertet.
- Von hinten wird sodann eingeschätzt, wie die Ferse positioniert ist: Steht sie senkrecht und gerade unter dem Unterschenkel oder ist sie invertiert oder evertiert?
- Ist es möglich, den Vorfuß anzuheben und nur auf der Ferse zu stehen? Ein solcher Hackenstand ist unmöglich bei einer Insuffizienz der Fibularismuskulatur (Peronäusparese) oder bei einer Ruptur der Sehne des M. tibialis anterior. Es folgt eine Beurteilung der Fußform, die durch den Rückfuß bestimmt wird. Bestehen zum Beispiel Senk- und Plattfüße aufgrund einer Eversion (Valgisierung) der Ferse (ein Hinweis auf eine eventuelle Insuffizienz des M. tibialis-posterior)? Besteht ein Hohlfuß aufgrund einer Inversion (Varisierung) der Ferse?
- Bestehen besondere Fehlstellungen, zum Beispiel ein Metatarsus primus elevatus, ein Hallux valgus oder ein Schneiderballen?
- Gibt es andere Besonderheiten, zum Beispiel eine Haglund-Ferse?
4. Untersuchung im Liegen
Trophik
Im Liegen werden Nägel und Haut in ihrer Trophik beurteilt. Ist die Haut warm, geschmeidig und rosig oder finden sich Hinweise für Erkrankungen wie eine pAVK (kühl, dünn, livide, haarlose Fuß- und Zehenrücken sowie atrophische Nägel)? Gibt es Hinweise auf eine Polyneuropathie (warme, trockene, schuppige und rissige Haut) oder auf Hauterkrankungen, wie eine Psoriasis oder Mykosen? Die Haut wird dazu inspiziert und palpiert, also mit Hilfe von Augen und Händen abgesucht.
- Hat der Patient Ödeme an Fuß oder Unterschenkel?
- Wie fühlt sich die Haut an (Haptik) in Bezug auf Temperatur, Turgor (Spannungszustand: reduziert bei schlaffer Haut, erhöht, zum Beispiel bei Ödemen) und Feuchtigkeit (normal/feucht/trocken)?
- Sind die Muskeln kräftig oder reduziert (hypo- oder atroph)?
Hinweise auf Überlastungen
Um Fehlbelastungen oder Überlastungen am Fuß zu erkennen, werden folgende Aspekte beurteilt:
- Besteht eine homogene Auflastung der Metatarsalia oder finden sich Überlastungszeichen, also Schwielen und Wunden unter den Mittelfußköpfen?
- Bestehen Überlastungszeichen im Sinne von Hyperkeratosen oder Wunden an den Zehen (Zehenrücken, Zehenkuppen oder medial/lateral an den Zehen)?
- Sind Nägel aufgebogen beziehungsweise deformiert und weisen so auf die Einbeziehung der Zehenkuppe in die plantare Belastungsfläche hin? Oder sind Nägel dystrophisch wie bei Mykosen (typischerweise sind dabei einzelne Nägel unbetroffen) oder Psoriasis?
Beweglichkeit und Kraft
Beweglichkeit und Kraft werden in speziellen Manövern untersucht. Zunächst geht es um die Mobilität der Gelenke.
- Beim Push-up-Test bringt der Untersucher mit Hilfe von Druck auf den Vorfuß die Fußsohle in eine Position von 90° und weniger im Verhältnis zur Körperachse. Dadurch wird das Auftreten in Teilen reproduziert und Sehnen sowie Faszien der Fußsohle werden gestreckt (Abb. 2). Die Zehen werden plantarflektiert, zumindest solange die plantaren Platten intakt sind. Sind diese überdehnt/rupturiert oder werden die Zehen krampfhaft nach dorsal gezogen, so entfällt diese Plantarflexion. Der Test ist einfach und verschafft schnell einen Überblick darüber, welche Position die Zehen im Stand annehmen könnten. Er simuliert den Stand aber unvollständig, da der Einfluss des Körpergewichts auf die Wölbungen fehlt, und ersetzt die Untersuchung im Stehen nicht!
- Danach wird die Dorsalextension des Fußes passiv über die 90° hinaus auf 80° oder weniger gebracht, um eine Einschränkung der Bewegung des Sprunggelenks auszuschließen. Einschränkungen der Sprunggelenkbeweglichkeit können durch arthrotische Veränderungen oder Sehnenverkürzungen bedingt sein. Besonders relevant ist hier die sogenannte „Achillessehnenverkürzung“, bei der es sich bei genauer Betrachtung um eine Verkürzung des Wadenmuskelkomplexes handelt.
- Bei der Überprüfung der Wadenmuskelgruppe muss, wenn im Stand eine Fersenvalgus-Fehlstellung aufgefallen ist, die Ferse und damit der Rückfuß in eine Rektusposition gebracht werden und der Vorfuß in Pronation. Ansonsten könnte es passieren, dass sich der Fuß bei Dorsalextension in Planovalgus-Fehlstellung deformiert und eine relevante Verkürzung der Wadenmuskelgruppe „kompensiert“, die dadurch nicht mehr auffällt.
- Der Silfverskjöld-Test unterscheidet, ob allein der M. gastrocnemius verkürzt ist oder ob sowohl M. gastrocnemius als auch M. soleus verkürzt sind. Durchführung: Am liegenden Patienten wird die Ferse invertiert, so dass die Fußwurzelgelenke verblocken. Der Fuß wird im Sprunggelenk passiv maximal dorsalextendiert und konstant so angespannt. Nun wird der Patient aufgefordert, das Knie zu beugen. Der M. gastrocnemius setzt oberhalb des Knies am Femur an und wird dadurch entspannt. Wenn nur der M. gastrocnemius verkürzt ist, ist jetzt eine vermehrte passive Dorsalextension des Fußes möglich und während das Knie langsam wieder gestreckt wird, tritt die Spitzfußstellung im letzten Moment wieder auf. Wenn aber auch der M. soleus verkürzt ist, ist eine Dorsalextension auch bei gebeugtem Knie nicht möglich (Abb. 3).
- Bei dieser Untersuchung verschafft sich der Untersucher einen Überblick über die Bewegungszusammenhänge in Unterschenkel und Fuß. Sollte lediglich der M. gastrocnemius verkürzt sein, so ist der korrigierende Eingriff, „Gastrocnemius slide“ genannt, einfacher als bei zusätzlicher Beteiligung des M. soleus („Achilles Tendon Lengthening“).
- Die Beweglichkeit der Zehen 2–5 wird geprüft. Beim Versuch, fehlgestellte Zehen zu begradigen, wird erkannt, ob diese Fehlstellungen fixiert oder flexibel sind. Flexible Zehenfehlstellungen können in der Regel durch sehnenchirurgische Verfahren (z. B. Tenotomien) relativ einfach korrigiert werden. Fixierte Fehlstellungen benötigen dagegen eine differenzierte Beurteilung der Ursache der Fixierung, die bei einer operativen Korrektur dann zuerst behoben werden muss. Außer bei einer knöchernen Durchbauung ist aber auch die Korrektur einer fixierten Zehe in der Regel perkutan und ohne Fremdmaterial durch ein „Kapsel-Release“ möglich.
- Ein Hallux rigidus kann den Abrollvorgang stark verändern und plantare Überlastungen im Bereich des Interphalangealgelenkes der Großzehe verursachen. Ist die Versteifung durch eine Arthrose des Grundgelenkes bedingt, so kann das verdickte Gelenk oft schon in der Inspektion ausgemacht werden. Es können aber auch zu kurze Sehnen für die Versteifung verantwortlich sein. Wenn im Stand die mediale Längswölbung zu stark einsinkt, wird der Verlauf der Sehnen in der Fußsohle dadurch länger und die Sehne „relativ zu kurz“. Die Sehnen und Bänder, die die Großzehe im Stand auf den Boden pressen (Flexor hallucis longus, Flexor hallucis brevis und die Plantarfaszie) erlauben dann nicht mehr, dass die Großzehe nach dorsal ausweicht, wenn die Ferse während des Abrollvorgangs vom Boden abhebt.
Um einen solchen „funktionellen Hallux rigidus“ zu erkennen, bringt man die Ferse des Patienten in eine Rectusposition zum Unterschenkel. Der Vorfuß wird in eine Pronation gebracht. Bei einem funktionellen Hallux rigidus lässt sich die Großzehe in dieser Position dorsalextendieren (Abb. 4a+b). Nun wird der Fuß in seine Fehlstellung zurückgebracht (planovalgus). Wenn sich die Großzehe in dieser Position nicht dorsalextendieren lässt, liegt ein „funktioneller Hallux rigidus“ vor.
Die Position und Mobilität des ersten Strahls sowie die Fähigkeit, den ersten und fünften Strahl auf den Boden zu pressen, werden unter folgenden Gesichtspunkten geprüft:
- Ist der erste Strahl fest oder hypermobil („hypermobiler erster Strahl“)? Um dies herauszufinden, wird der erste Strahl in eine Hand genommen und die anderen Strahle werden mit der anderen Hand fixiert (Abb. 5). Lässt sich der erste Strahl um mehr als etwa eine halbe Schaftbreite nach dorsal und plantar durchbewegen, so wird der erste Strahl durch Bänder wenig gehalten. Der Halt wird dann von Muskeln übernommen. Schaffen diese es, klinische Überlastungszeichen zu verhindern, spricht man von „Hyperlaxizität“ (nicht krankhaft), wenn nicht, von „Hypermobilität“ (krankhaft).
- Wie gut die Muskulatur den ersten Strahl aktiv nach plantar und an die anderen Strahle heranpressen („stabilisieren“) kann, wird getestet, indem man den Betroffenen bittet, die Fußaußenseite hochzuziehen. Die Mitarbeit des Betroffenen ist dafür notwendig. Statt viel zu erklären ist es manchmal einfacher, den fünften Strahl nach dorsal zu drücken und den Patienten zu bitten, ihn dort zu halten und währenddessen die Stabilität des ersten Strahles zu testen. Gelingt es dem Patienten, den ersten Strahl zu stabilisieren (an den 2. Metatarsalknochen heran und bodenwärts zu ziehen), so ist dies die Kompensation der Hypermobilität durch die Sehne des M. fibularis longus (M. peroneus longus). Diese Sehne setzt an der plantaren Basis des ersten Strahles an und zieht den MTK 1 nach plantar und lateral.
- Der fünfte Stahl ist grundsätzlich sehr mobil und wird muskulär gehalten. Die Kraft der Muskulatur am fünften Strahl kann getestet werden, indem man den fünften Strahl nach plantar bringt und den Patienten bittet, ihn dort zu halten. Nun versucht man, den fünften Strahl nach dorsal zu bewegen und bewertet die „Gegenwehr“.
- Werden erster und fünfter Strahl nicht mehr kräftig nach plantar gedrückt, wirkt es so, als ob MTK 2–4 „durchgetreten“ wären. Es ist aber umgekehrt, MTK 1 und 5 stehen zu hoch (Abb. 6).
Zusatzuntersuchungen (bei bestimmten Entitäten)
Überlastungen unter den Metatarsalknochen
Bei Überlastung unter MTK 1 oder MTK 5 kann der Coleman-Block-Test wesentliche Informationen zur notwendigen Konstruktion der Einlage geben. Wenn im Stand von hinten betrachtet die Ferse nach innen gerichtet (varisiert) ist, wird versucht, die Ferse wieder senkrecht auszurichten. Dazu wird der ganze Fuß erhöht, indem der Betroffene auf einem flachen Block steht. Nur der erste Strahl wird neben den Block gesetzt und kann deshalb nach unten ausweichen. Wenn sich dabei die Ferse senkrecht ausrichtet, ist die Überlastung von MTK 1 wie auch von MTK 5 durch eine diagonale Außenranderhöhung korrigierbar (Abb. 7).
Bei Vorfußüberlastung (Läsionen unter den MTK) ist der Test auf eine Verkürzung des Wadenmuskelkomplexes unerlässlich. Dieser kann durch den einfachen Versuch erfolgen, den Fuß gegenüber dem Unterschenkel nach dorsal zu extendieren. Wenn dies nicht mehr zu mindestens 10° möglich ist, wird die Funktionseinschränkung relevant und durch den Silfverskjöld-Test (siehe Seite 10) weiter differenziert. Man kann diesen Test aber auch grundsätzlich durchführen, um sich einen Überblick über Beweglichkeit und Kraft im Fuß zu verschaffen.
Nervenkompressionssyndrome
Bei Schmerzen im Vorfuß kann ein Morton-Neurom gesucht werden, indem der Vorfuß mit einer Hand umfasst und die Metatarsalia gegeneinander gedrückt werden. Gleichzeitig wird mit der anderen Hand der Interdigitalraum komprimiert, was bei Vorliegen des Neuroms typische Schmerzen und eventuell ein „Schnappen“ (Mulder-Klick-Test) auslöst.
Biomechanische Hinweise aus dem Schuhwerk
Es ist sinnvoll, dem Schuhwerk des Patienten bei jeder Vorstellung Aufmerksamkeit zu widmen. Dabei ist es wichtig zu beurteilen, ob die Schuhe dem vorliegenden Problem angemessen sind. Achten sollte man insbesondere auf den Fußabdruck („Schweißspur“) im Schuh, die Abnutzung der Sohlen, Gebrauchsspuren an Einlagen. Zudem erhält man auf diese Weise wertvolle Hinweise auf die Präferenzen des Betroffenen oder entdeckt schuhfremde „Funde“ im Schuh, die zu Wunden am Fuß führen können. Hinweise auf organisatorische Durchführungserleichterungen Der Beginn mit Beobachtung des Aufstehens kann in einem „geriatrischen Assessment“ einsortiert werden. Das hat den Vorteil, auch zur Demenz Kenntnisse zu erlangen, ein standardisiertes Verfahren zu haben und Diagnosen stellen zu können, die für die Budgetierung von Heilmitteln relevant ist. Eine „Gangstörung nicht näher bezeichnet“, eine „Gangstörung beim älteren Menschen“ oder eine „Gangstörung bei Ataxie“ rechtfertigen einen langfristigen Heilmittelbedarf.
Der Biomechanische Untersuchungsgang bei Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom war Gegenstand mehrerer Vorträge und Workshops beim 13. Nationalen Treffen Netzwerke Diabetischer Fuß in Bonn, September 2017. Die Autoren danken den Teilnehmern für die zahlreichen Ideen und Kommentare, die in diesem Artikel einfließen konnten.
Wir danken Dr. Anna Trocha, Frau Meyer-Schmidtke und OSM Peter Brümmer für die Moderation der Workshops und ihre inhaltlichen Beiträge. Der Beitrag erschien erstmals in Orthopädieschuhtechnik, 12/2017.
Literatur
Podsiadlo, D., and S. Richardson. 1991. The timed „Up & Go“: a test of basic functional mobility for frail elderly persons. J Am Geriatr Soc 39 (2):142-148.
Verfasser:
Dr. Dirk Hochlenert
Centrum für Diabetologie, Endoskopie und Wundheilung
Merheimer Str. 217
50733 Köln
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