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Mukoide Dorsalzyste am Zeh
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Tumore am Fuß kommen in der Regel selten vor. Bei einem Tumor, abgeleitet vom lateinischen Terminus „Wucherung, Schwellung oder Geschwulst“, handelt es sich um eine lokale Volumenzunahme eines umschriebenen Gewebes.
Die Einteilung von Weichteil- oder Knochentumore erfolgt in gutartige (benigne), intermediäre, die anfangs gutartig sind, aber bösartig – meistens ohne Metastasen – entarten können und das umliegende Gewebe zerstören und infiltrierend wachsen, und bösartige (maligne), häufig mit Metastasierung. Maligne Tumore werden weiterunterteilt in niedrig-maligne und hoch-maligne Geschwülste.
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Weichteiltumore der Haut: Anatomische Grundlagen
Weichteiltumore der Haut erscheinen abhängig vom Ursprungsgewebe klinisch sehr unterschiedlich. Sie können sich von allen Gewebeschichten der Haut entwickeln. Die meisten Weichteiltumoren sind gutartig. Malignität besteht nach Literaturangaben bei etwa ein Prozent.
Ausgehen können Weichteiltumoren von Muskeln, Sehnen oder Sehnenscheiden, Fettgewebe, Nerven, Gefäßen oder der Synovialis, der inneren Membran der Gelenkkapsel. Benigne Weichteiltumoren der Haut befinden sich meistens oberflächlich oder subkutan – im Gegensatz zu malignen Weichteiltumoren, die unter der Faszie (subfaszial) oder stammnah am Knochen liegen.
Erstmals beschrieben wurde diese Form der Pseudozyste am Zeh vom amerikanischen Dermatologen Dr. James Nevius Hyde (1840 – 1910) im Jahr 1883.
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Differenzierung von Zysten und Pseudozysten
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Eine Zyste oder ein Kystom besteht aus einem ein- oder mehrkammerigen, säckchenartigen Tumor mit einer Epithelauskleidung. Der Zysteninhalt kann dünn- oder zähflüssig sein. Eine bindegewebige Kapsel umschließt den Weichteiltumor.
Typische Zysten der Haut
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Atherom (Epidermiszyste, Grützbeutel): kugelige, prall-elastische, gelbliche Zyste der Epidermis vor allem in der Kopfhaarregion
- Epithelzyste (Epidermiszyste): posttraumatische Ursache mit in die Tiefe der Dermis (Corium oder Lederhaut) verlagerten Epidermisanteilen
- sogenannter Hautgries (Milien): Die stecknadelkopfgroßen, gelblich-weißen Zysten treten vor allem subepithelial und ohne entzündliche Reaktion im Gesicht auf
- Talgretentionszyste (Follikelzyste oder falsches Atherom): kleiner Knoten mit punktförmiger Follikelöffnung
- Schweißdrüsenzyste (Hidrozystom): Erweiterung eines Schweißdrüsenausgangs in der Form eines Bläschens
Im Gegensatz dazu besitzt eine Pseudozyste keine Epithelauskleidung (geschlossener Zellverband, der sowohl die äußere als auch die innere Oberfläche des Körpers oder Organe bedeckt). Pseudozysten werden durch eine bindegewebige (fibröse) Pseudokapsel begrenzt und enthalten meistens eine gelartige Flüssigkeit.
Ursachen
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Auslöser sind nicht eindeutig bekannt. Pseudozysten entstehen häufig durch entzündliche oder degenerative Prozesse an Zehen- oder Fingerendgelenken. Angenommen werden Überlastung, verstärkte Druck- und/oder Scherkräfte bei vorliegenden Fuß- oder Zehendeformitäten mit zunehmenden Schwachstellen in der Gelenkkapsel der Zehenendgelenke, chronische Reizzustände im Gelenk vor allem bei entzündlichen Grundkrankheiten wie Rheuma oder Psoriasis-Arthritis, ferner Traumen, Arthrose oder angeborene Defekte in der Gelenkkapsel oder Sehnenscheide.
Lokalisationen
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Prädilektionsstellen sind neben den Endgelenken (paraartikulär), dorsale Endglieder der Zehen oder Finger (Abb. 1 a und b). Seltener entwickeln sich die Zysten plantar.
Mukoide Dorsalzyste: Anatomische Grundlagen
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Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich um eine Pseudozyste, da diese keine Epithelauskleidung besitzt. Der gutartige, unter der Haut liegende, oftmals transparente bis hellgraue, prallelastische Weichteiltumor ist mit gelartiger, fadenziehender und klarer Gelenkschmiere (Synovialflüssigkeit) gefüllt und steht mithilfe eines Stiels mit dem betroffenen Endgelenk des Zehs oder Fingers in Verbindung. Daraus resultiert bei Reizzuständen eine stärkere oder nach Abklingen der akuten Phase verminderte Flüssigkeitsfüllung der Zyste. Die gelartige oder gallertartige durchsichtige Flüssigkeit (Synovia), bestehend aus Muzin und Hyaloronsäure, wird im menschlichen Körper von der inneren Membran der Gelenkkapsel (Synovialis) gebildet.
Weitere Bezeichnungen für das Krankheitsbild sind Synovialzyste, kutane muzinöse Pseudozyste, digitale mukoide Zyste und Mukoidzyste.
Klinische Symptome
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Mukoidale Dorsalzysten betreffen mehr Frauen als Männer; häufig zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Kleine Dorsalzysten am Zeh oder Finger verursachen in der Regel keine Beschwerden. Nehmen sie an Größe – bis zu ein oder sogar zwei Zentimetern – zu, kann es jedoch zu Schmerzen mit Funktionseinschränkungen im betroffenen Zeh- oder Fingerendgelenk kommen. Bei Druck durch falsches Schuhwerk, Hammer-, Krallen- oder Reiterzehen oder Fußdeformitäten wie einem Knick-Senk-Spreizfuß oder Plattfuß verstärken sich die Schmerzen. Auch entzündliche Reaktionen können auftreten. Oftmals platzen die Pseudozysten, sodass sich die gelartige Flüssigkeit spontan entleert (Abb.2a+b). Durch Eindringen von Mikroorganismen besteht die Gefahr einer Superinfektion. Befindet sich der Tumor unter der Nagelmatrix tritt häufig eine Rötung in der Lunularegion der Basis des Nagelbetts auf. Als Folge kann sich eine muldenartige Vertiefung im Nagel – eine Nageldystrophie – entwickeln.
Diagnostik
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Bei der Inspektion fällt eine bis haselnussgroße, prallgefüllte Geschwulst am streckseitigen Endglied der Zehe oder Finger auf. Die darüberliegende Haut erscheint häufig verdünnt, ähnlich wie bei einer Brandblase.
Mithilfe einer Diaphanoskopie kann mit einer aufgelegten Lichtquelle, zum Beispiel einer Taschenlampe, die mukoide Dorsalzyste durchleuchtet werden. Diese erscheint hell und durchsichtig. Des Weiteren kommt eine konventionelle Röntgendiagnostik bei Schmerzen und Funktionseinschränkung zum Ausschluss einer Arthrose im Zehen- oder Fingerendgelenk in zwei Ebenen in Betracht.
Eine Magnetresonanztomografie wird differenzialdiagnostisch bei Verdacht auf einen Tumor, Gichtknoten (Tophi), Fremdkörper oder Verletzungen eingesetzt. Letztlich kann eine Biopsie (Probeentnahme von Gewebe) zur mikroskopischen Untersuchung die Diagnose bestätigen.
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Histologischer Befund
Typisch ist ein Fehlen von Epithelauskleidung der Pseudozyste. Der saure Muzingehalt kann histologisch mit dem Farbstoff Alcianblau nachgewiesen werden. Oftmals befinden sich krankhaft vermehrte Bindegewebszellen und Kollagenfasern im Inneren der Pseudozyste, mit möglichem Verlust von gesundem und funktionstüchtigem Gewebe.
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Therapie
Im Vordergrund steht eine Mitbehandlung der Grundkrankheit. Des Weiteren ist die Beseitigung der mechanisch auslösenden Faktoren bei vorliegenden Zehen- oder Fußdeformitäten mithilfe orthopädieschuhtechnischer Hilfsmittel wie orthopädischen Maßeinlagen, orthopädischen Schuhzurichtungen für Konfektionsschuhe oder letztlich orthopädischen Maßschuhen notwendig.
Bei erstmaligem Auftreten der Pseudozyste kann zunächst eine Immobilisation des Zehenendgelenks (zum Beispiel in einem Vorfußentlastungsschuh) und Einnahme von Antiphlogistika erfolgen. Wiederholte Punktionen oder Ausdrücken der gelartigen Flüssigkeit führen häufig zum Rezidiv. Oftmals bildet sich ein ringförmiges Granulationsgewebe (Abb. 3).
Erfolgversprechend ist die chirurgische totale Entfernung (Totalexstirpation) der Pseudozyste in Lokalanästhesie. Dabei muss der mit dem Gelenk verbundene Stiel entweder mit Nahtmaterial oder Radiowellen verschlossen werden, um die Gefahr eines Rezidivs zu senken. Indikationen für eine operative Intervention sind …
- … eine rezidivierende mukoide Dorsalzyste.
- … eine Größenzunahme des gutartigen Tumors.
- … eine Funktionseinschränkung.
Vorliegende Superinfektionen, ausgelöst durch Eindringen von Mikroorganismen – vor allem Bakterien –, werden mithilfe eines Wundabstrichs zur Erreger- und Resistenzbestimmung, lokal mit antibiotischen Salben und Wundverband behandelt. Eine regelmäßige Kontrolle der Hautläsion und des Wundverbands schließt sich an. Besteht bereits eine systemische Infektion, ist eine sofortige antibiotische Behandlung unumgänglich, um eine lebensbedrohliche Sepsis zu verhindern. Podologische Behandlungen sind bis zum Abheilen der Wunde kontraindiziert.
Autorin
Orthopädin Dr. Renate Wolansky
Luisenstraße 26
06618 Naumburg