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25. August 2023
Cornelia Meier
Tamponaden

Sanft zum Erfolg

Nagelfalztamponaden sind ein beliebtes Hilfsmittel in der podologischen Praxis, wenn es darum geht, den seitlichen Nagelrand vor Reibung oder Druck zu schützen oder gereiztes Gewebe zu entlasten. Besonders attraktiv machen das Tamponieren seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, die in der Regel einfache Handhabung sowie die niedrigen Materialkosten.

CORNELIA MEIER & CLAUDIA EINHELL-BERNETZ
Foto: Claudia Einhell-Bernetz

Tamponaden zählen zu den Hilfsmitteln, die in der Podologie am häufigsten angewendet werden, und gelten gemeinhin als eine der ältesten Techniken der Nagelbehandlung. Von einer Tamponade gesprochen wird immer dann, wenn eine „natürliche oder künstliche Körperhöhle oder Körperöffnung ausgefüllt bzw. verschlossen wird“ (Niederau 2022: 265). Das können in der podologischen Therapie Gewebeteilchen wie Gaze, kleine Polyurethanstreifen und anderes Polstermaterial oder Kunststoffröhrchen – sogenannte Protektoren – sein. Sie werden in der Regel im lateralen oder medialen Nagelfalz sanft unter den Nagelrand geschoben und dort für eine gewisse Zeit platziert. Je nach Krankheitsbild kann es jedoch auch sinnvoll sein, die Tamponade unter den distalen Nagelrand zu platzieren.

Einsatzbereich in der podologischen Praxis

In der podologischen Praxis finden Tamponaden vielfältigen Einsatz: kurativ zur Entlastung des Gewebes bei schmerzhaften oder schmerzlosen, entzündlichen Veränderungen im lateralen oder medialen Sulcus. Aber auch präventiv, um Nägel seitlich über den distalen Wall oder distal über die Zehenkuppe zu heben. Anwendungen finden Tamponaden und Protektoren in der podologischen Praxis aber auch, um den Nagelfalz zu schützen und/oder ihn mit Externa wie Salben und Tinkturen zu behandeln.

Tamponaden werden unter anderem angewendet …

  • … bei Unguis incarnatus mit oder ohne Hypergranulationsgewebe.
  • … bei Unguis convolutus (unabhängig von der Graduierung).
  • … bei subungualer Keratose.
  • … bei Clavi im Nagelfalz.
  • … bei Granulomen im Nagelfalz.
  • … zum Aufdehnen enger Nagelfalze.
  • … bei Nagelwachstumsstörungen.
  • … bei Nagelveränderungen aller Art, etwa durch Chemotherapie oder Immunsuppressiva.
  • … bei dermatologischen Erkrankungen wie Psoriasis.

Die Technik machts

Um die verschiedenen Materialien in den Nagelfalz einzulegen, nutzt man spezielle Tamponier-Instrumente, die in einer großen Formenvielfalt angeboten werden. Um schmerz- und verletzungsarm zu tamponieren, haben sich dabei laut Amrei Lemke (Lemke 2011: 11) vor allem doppelseitige Kombinationsinstrumente mit schlanker, abgerundeter Spitze bewährt.

TAMPONADE VS. PROTEKTOR

Bei der klassischen Nagelfalztamponade, die als Puffer zwischen Nagelkante und -falz dient und den Druck verteilt, sollte das Vlies die seitliche Nagelkante umschließen, ohne eine Belastung auf den Nagel auszuüben. Dadurch wird der seitliche Nagelrand leicht angehoben und der Druck auf das umliegende Gewebe nimmt ab. So verhindert die Tamponade, dass der Nagel einwächst. Begünstigt wird dadurch überdies das gesunde Vorwachsen des Zehennagels. Anwendung findet diese Technik vor allem beim Unguis incarnatus sowie beim Unguis convolutus.

Weniger verbreitet, aber durchaus erfolgversprechend, ist dagegen die Nutzung von Tamponaden zur Formerhaltung und -gebung veränderter Sulci bei Unguis incarnatus, Unguis convolutus oder Granulomen im Nagelfalz. Podolog*innen profitieren hier von den Synergieeffekten zwischen den Wachstumsvorgängen des Nagels und den physikalischen Zug- und Formkräften. So lässt sich formgebend in den Sulcus eingreifen (Lemke 2011: 8).

Egal welche Technik angewandt wird, wichtig ist immer, dass die genutzten Instrumente richtig gehandhabt werden. Nur so kann das Tamponaden-Material oder der Protektor richtig platziert und gleichzeitig eine lange Haltbarkeit erreicht werden. Hierzu führt Birgit Mittenzwei aus: „Dazu ist es notwendig, das Tamponier-Instrument immer parallel zum Nagelfalz zu führen und mit einer leicht kippenden Bewegung die Tamponade unter der freien Nagelkante und der Nagelecke einzulegen. Analog dazu arbeitet man auch mit gebogenen Nagelinstrumenten parallel zum Nagelfalz und vermeidet ein ‚Hineinstopfen‘ des Materials von oben. Dabei besteht die Gefahr von kleinen Verletzungen im Nagelfalz.“ (Mittenzwei 2015: 28).

Bei Bedarf kann die Tamponade zudem mit Kleber oder Nagelmasse fixiert werden (Klebetamponade).

Ebenso relevant wie der richtige Umgang mit den Instrumenten ist die korrekte Einschätzung des Problems. Dazu ist es zwingend erforderlich, das Nagelproblem vor dem Beginn der Behandlung zu analysieren und die Behandlung entsprechend auszurichten. So werden die Ecken bei einem eingewachsenen Nagel etwa für das Tamponieren entfernt, während sie bei einer vorliegenden Verhornung nur gelöst werden müssen (Lemke 2011: 10). Auch sollte bei Entzündungen und/oder Granulationsgewebe auf Dauertamponaden verzichtet werden. Im Auge behalten sollten Behandelnde überdies die jeweilige Verweildauer der Tamponade in Abhängigkeit vom gewählten Material.

Who is who: Tamponade-Materialien im Überblick

Vom Krankheitsbild und der Zielsetzung der Behandlung abhängig ist auch die Auswahl des Tamponaden-Materials.

Vlies

Das bekannteste und meistverwendete Material zum Tamponieren und Einbringen von Externa sind weiche Vliesbinden wie Copoline oder Rhenafin. Sie bestehen aus einem flusenlosen, verrottungsbeständigen Viskose- und Kunstfaser-Gemisch (Polyester/Polyamid) und sind in verschiedenen Stärken und Breiten erhältlich. Dadurch sind sie für diverse Tamponade-Formen nutzbar. Da Vliesbinden sehr saugfähig sind, eignen sie sich als Träger für Externa wie Salben, Desinfektionsmittel oder Ähnlichem. Für den Einsatz in (semi-)kritischen Bereichen lässt sich das Material auch sterilisieren.

Nachdem der Nagelfalz desinfiziert und bei Bedarf eine heilungsfördernde Salbe aufgetragen wurde, wird die zuvor zurechtgeschnittene Vliesbinde an der seitlichen Nagelplatte angelegt und mithilfe eines Tamponier-Instruments in und unter den seitlichen Nagelrand geschoben. So dient die Tamponade sowohl als Reibungsschutz als auch als Wirkstoffdepot für verwendete Externa. Bei der Verwendung von Vlies gilt es zu beachten, dass es bei einer Verweildauer von mehr als drei Tagen zu Entzündungen kommen kann.
Aufbewahrt werden sollten Vliesbinden nach Möglichkeit in einem keimfreien, eigens dafür vorgesehenen Behältnis. Entnommen werden sollte das Material ausschließlich mit zumindest desinfizierter oder sterilisierter Schere und Pinzette.

Polyurethanschaum/PU-Schaum

Als Tamponaden-Material kommen auch gemischt-porige Schaumstoffe aus der modernen Wundversorgung wie Ligasano weiß infrage. Die Schaumstoffe aus Polyurethan (PU-Schaum) verfügen über eine enorme Feuchtigkeitsaufnahme (bis zum 15-fachen des Eigengewichts), eine kontrollierte Saugwirkung sowie eine schnell nachlassende Druckspannung.

Durch eine besondere Oberflächenbeschaffenheit übt PU-Schaum einen mechanischen Reiz auf Wunden und die Haut im Allgemeinen aus, was lokal die Durchblutung fördert. Das wiederum begünstigt die Wundreinigung bei infizierten Wunden beziehungsweise die Heilung „sauberer“ Wunden (Niederau 2022: 268). Vor allem bei feuchtem Unguis incarnatus sind PU-Schäume zum Trockenlegen des Sulcus und Konditionieren des Wundbettes eine gute Alternative zum herkömmlichen Vlies (Lemke 2011: 8). Darüber hinaus ist etwa Ligasano allergieneutral, autoklavierbar und zerfasert nicht. Angeboten werden PU-Schäume in der Regel als Binden oder Platten.

Empfohlen wird von Birgit Mittenzwei folgende Anwendung: „[N]ach der Desinfektion wird der PU-Schaum keilförmig und in passender Größe zum betroffenen Nagelfalz zugeschnitten und eingelegt. […] Die Fixierung erfolgt, je nach Indikation, mit einer sekundären Wundauflage plus Schlauchverband oder mit Nagelmasse“ (Mittenzwei 2015: 29f).

Die Porigkeit des Materials kann zu einer Eingranulation von Gewebe führen. Auch kann das Material bei zu langer Verweildauer hart werden und im Sulcus drücken. Nötig sind daher kurze Einbestellzeiten und regelmäßige Kontrollen. Die Verweildauer sollte maximal drei Tage betragen. Wird das Zeitfenster überschritten, kann dies zu einer Eingranulation und Vergrößerung des Wundbettes führen. Um beim Entfernen eine erneute Wundöffnung zu vermeiden, sollte Natriumchlorid (NaCl) eingesetzt werden. Hier gilt ebenfalls: den sterilisierten PU-Schaum nur mit desinfizierter oder sterilisierter Schere und Pinzette entnehmen.

Polyacrylat (SMIG)

Ursprünglich als Haftkissen und Unterfütterung für Zahnprothesen entwickelt, ist das Polyacrylat SMIG auch in der podologischen Therapie vor allem für langlebige Tamponaden geeignet. Das Material ist in Platten von 10 x 10 Zentimetern erhältlich. Aufgrund seiner sehr guten Anpassungsfähigkeit eignet sich das Material „zur Formgebung, Formerhaltung und zum Aufdehnen des Sulcus“ (Lemke 2011: 9). Wichtig ist es, bei der Verarbeitung auf die richtige Größe des Inlays zu achten; angewendet werden darf SMIG darüber hinaus nur auf gesunder Haut.

Zur Anwendung wird ein keilförmiges Stück passend zum Nagelfalz zugeschnitten und mit Aceton getränkt, damit der Kunststoff weich wird. Die zäh-elastische Masse kann anschließend in den Nagelfalz hineingedrückt werden. Es ist nicht nötig, sie zusätzlich zu fixieren (Mittenzwei 2015: 30).

Der Einsatz mit SMIG muss geübt werden. Um die richtige Menge zu finden, ist oft etwas Forschergeist gefragt. Auf ähnliche Weisen einsetzen lässt sich auch Orthosenmasse. Sie ist allerdings aufwendiger in der Handhabung.

 

Sulci-Protektoren

Sulci-Protektoren sind seitlich geschlitzte Kunststoffröhrchen, die in unterschiedlichen Wanddicken und Längen angeboten werden. Sie eignen sich vor allem bei scharfkantigen Nagelrändern und können zum Aufdehnen sowie zur Formerhaltung und Formgebung des Nagelfalz angewendet werden. Dazu wird der Protektor „über den seitlich freien Nagelrand aufgeschoben, umfasst ihn wie eine Schutzrinne und weitet den Sulcus erheblich.“ (Lemke 2011: 9).

Auch hier gilt es laut Amrei Lemke Regeln einzuhalten: „Beim Einsatz von Sulci-Protektoren darf der Sulcus nicht wund, entzündlich verändert oder feucht sein. Außerdem dürfen kein Nagelspan oder Verhornungen im Sulcus verbleiben. Ein zu groß gewählter Protektor drückt und reibt gegen den Sulcus. Auch zu dick darf der Protektor nicht sein“ (Lemke 2011: 9).

Zum Aufschieben gibt es ein spezielles Instrument, doch man kann auch eine Pinzette nutzen, um den Protektor sanft und schmerzfrei einzusetzen. Um ein Herausrutschen zu verhindern, wird das Ganze mit Gel oder Nagelmasse fixiert. Sulci-Protektoren eigenen sich als Dauertamponade und können unter regelmäßiger Kontrolle bis zu vier Wochen im Nagelfalz verbleiben.

Literatur
  • Einhell-Bernetz, Claudia (2021): Tamponaden in der podologischen Therapie. Vortragsmanuskript Beauty Forum München 2021.
  • Lemke, Amrei (2011). Locker einlegen! In: DER FUSS, Ausgabe 01-02/2011, C. Maurer Fachmedien GmbH, S. 8 – 11.
  • Mittenzwei, Birgit (2015): Kleine Ursache – große Wirkung: Nagelfalztamponaden. In: DER FUSS: Sonderheft „Arbeiten am Nagel“, C. Maurer Fachmedien GmbH, S. 28 – 31.
  • Niederau, Anke (2022): Das große Buch der Nagelerkrankungen, 5. Auflage, Verlag Neuer Merkur.
Literatur
  • Einhell-Bernetz, Claudia (2021): Tamponaden in der podologischen Therapie. Vortragsmanuskript Beauty Forum München 2021.
  • Lemke, Amrei (2011). Locker einlegen! In: DER FUSS, Ausgabe 01-02/2011, C. Maurer Fachmedien GmbH, S. 8 – 11.
  • Mittenzwei, Birgit (2015): Kleine Ursache – große Wirkung: Nagelfalztamponaden. In: DER FUSS: Sonderheft „Arbeiten am Nagel“, C. Maurer Fachmedien GmbH, S. 28 – 31.
  • Niederau, Anke (2022): Das große Buch der Nagelerkrankungen, 5. Auflage, Verlag Neuer Merkur.
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