Blumenkohl auf meiner Haut
Die Papillomatose wird durch humane Papilloma-Viren (HPV, synonym Warzenvirus), aus der großen Gruppe der DNA-Viren, ausgelöst. Die Infektion wird durch Hautkontakte übertragen, zum Beispiel durch Hände schütteln oder bei der Verwendung gemeinsamer Handtücher. Ebenso ist eine Keimverschleppung möglich, zum Beispiel durch infizierte Regionen am eigenen Körper – sogenannte Autoinokulation.
Ursachen und Auftreten
Die Betroffenen besitzen häufig ein geschwächtes Immunsystem bedingt zum Beispiel durch Organtransplantation, HIV, Diabetes mellitus, maligne Tumore, andere Infektionen, Hormonumstellung (Schwangerschaft), Drogenmissbrauch oder Stress. Papillome können eine Größe bis zu einem Zentimeter erreichen. Das Prädilektionsalter liegt häufig zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr ohne Geschlechtsunterschied. Bei der Erkrankung bilden sich eine Vielzahl von Papillomen, die exophytisch (nach außen) wachsen, teilweise gestielt sind und eine großflächige raue blumenkohlähnliche zerklüftete stark hyperkeratotische Oberfläche aufweisen. Typische Lokalisationen sind die unteren Extremitäten (Abb. 1 a, b), Mundhöhle, Wangen, Innenseite der Lippen oder Zunge. Die Farbe der benignen Tumore variiert von hautfarben, grau bis bläulich. Allerdings kann aufgrund einer Blutung durch Kratzen eine rote Verfärbung sichtbar werden. Klassische Entzündungszeichen wie Calor (Hitze), Rubor (Rötung), Dolor (Schmerz), Functio laesa (Funktionseinschränkung) – außer einer Schwellung – liegen in der Regel nicht vor. Kommt es zur sehr seltenen bösartigen Entartung der ursprünglich gutartigen epithelialen Tumore (Papillome), handelt es sich um ein Plattenepithelkarzinom.
Anatomische Grundlagen
Wie sicherlich bekannt, baut sich die Haut aus drei Schichten auf: der Epidermis (Oberhaut), die sich in die Stratum corneum und die tiefer gelegene unverhornte Keimschicht (Stratum germinativum) gliedert; der Corium (Dermis oder Lederhaut), bei der die Schicht in das Stratum reticulare („Netzschicht“) und Stratum papillare („Zapfenschicht“, Papillenschicht oder Papillarschicht) unterteilt wird und der Subcutis (Tela subcutanea oder Unterhaut). Eine Verzahnung, zum Schutz gegen mechanisch schädigende Ursachen, erfolgt durch viele Coriumpapillen in die Lederhaut, die eine enorme Stabilität, Elastizität und starke Reißfestigkeit bewirken. Im Gegensatz zur Epidermis (Oberhaut) befinden sich in der Lederhaut reichlich kleine Blutgefäße, die die gefäßlose Epidermis mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen. Des Weiteren enthält die Lederhaut Lymphgefäße, viele Haarwurzeln, Talg-, Schweißdrüsen und vor allem Sinnesrezeptoren, besonders den Tastsinn, wofür die sogenannten Meissnerschen Tastkörperchen (Drucksensoren) verantwortlich sind. Ferner garantieren spezielle Zellen eine notwendige Immunabwehr gegen Mikroorganismen wie Bakterien, Viren oder Pilze. Letztlich wird durch eine vorhandene glatte Muskulatur die Körpertemperatur geregelt. Bei einer Papillomatose handelt es sich somit um eine Erweiterung und verstärkte Permeabilität – mit einem daraus resultierenden Ödem – in der Papillarschicht des Coriums (Dermis oder Lederhaut). Die Abbildungen 2 a und b zeigen es deutlich. Bei dem Betroffenen, Diabetiker Typ I, mit einem massiv geschwächten Immunsystem und mehrfach rezidivierendem Erysipel (Wundrose) an beiden Unterschenkeln, entwickelte sich eine heftige großflächige Papillomatose am linken Unterschenkel. Zusätzlich entstanden ausgeprägte Ödeme an den Füßen.
Diagnostik
Im Vordergrund steht die Erhebung einer expliziten Anamnese in Bezug auf vorliegende Grundkrankheiten. Bei der Inspektion fallen die typischen Hautveränderungen (s. unter klinischer Symptomatik) auf. Mithilfe einer Biopsie und gegebenenfalls einer Immunhistochemie (Nachweis Virus auslösender Antigene) kann die Diagnose der Erkrankung gesichert werden. Histologisch liegen bei einer Papillomatose fingerförmige gefäßführende verästelte Ausstülpungen der bindegewebigen Papillen mit einem oberflächlich versehenen Plattenepithel vor.
Differenzialdiagnostik
Weitere Krankheitsbilder sollten ausgeschlossen werden wie zum Beispiel malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs), aktinische Keratose (verstärkte Verhornung durch chronische Sonnenexposition), Lichen ruber verrucosus mit stark warzenartiger Hyperkeratose, seborrhoische Keratosen (Alterswarzen) und Verruca plana juvenilis wie sie häufig bei Jugendlichen vorkommen.
Therapie
Im Vordergrund steht die Befolgung täglicher Hygienemaßnahmen. Zunächst sollten zu Beginn der lokalen Behandlung – vor allem nachts – Hausmittel mit antiviraler, antiseptischer und/oder immunstimulierender Wirkung verwendet werden. Häufig kommt es dabei zur Austrocknung der exophytischen Wucherungen. Mittels eines Wattebauschs und Verband kommen zum Beispiel infrage:
- Teebaumöl,
- Propolis (Baustoff der Bienenwabe),
- Apfelessig oder
- in Wasser aufgelöstes Aspirin.
Ebenso sind Cremes und Lösungen mit keratolytischer, virostatischer und Immunsystem stimulierender Wirkung ratsam wie zum Beispiel Fluorouracil und Salicylsäure (Verrumal Lösung) 2- bis 3-mal täglich für etwa sechs Wochen sowie Dithranol mit Salicylsäure (Infecto Pharm Warzensalbe). Alternativ ist die Anwendung von Schöllkraut, Wolfsmilch, gemeiner Seidelbast oder Fetthenne möglich. Eine wirkungsvolle spezifische Kausalbehandlung HPV ausgelöster Papillome mithilfe von Virustatika gibt es bisher nicht. Oberste Priorität hat die regelmäßige Entfernung der erweichten Papillome. Bei der keratolytischen Behandlung kommen Lösungen mit Salicylsäure und Milchsäure (aber nicht bei Diabetiker) zum Aufweichen der obersten Hornschicht infrage.
Notfalls zum Arzt
Bei erfolgloser Behandlung mit Hausmitteln oder ausgeprägter Papillomatose ist eine ärztliche Konsultation unumgänglich. Verschiedene Methoden kommen zur Entfernung der Papillome in Betracht, wie die Anwendung mit flüssigem Stickstoff zur Einfrierung der Wucherungen, die Elektrokoagulation (Abtragung von Tumoren mithilfe von Strom durch Unterbrechung der Blutversorgung) oder Laserbehandlung zur Eintrocknung der gutartigen Tumore. Als letzte Alternative ist die operative Entfernung der Papillome in Lokalanästhesie mit Verödung der Gefäße indiziert. Übrigens kann eine Papillomatose auch bei Hunden auftreten. Die „Canine Papillomatose“ ist durch zahlreiche gutartige Warzen im Kopfbereich gekennzeichnet ist. Die Warzen sind bis zu mehrere Zentimeter groß und flach oder gestielt blumenkohlartig. Die Erkrankung heilt meist spontan ab.