Corporate Identity für Praxen im Gesundheitsbereich
[Abo] Ein Fuß oder ein Schuh… Diese Symbolik ist oft im Spiel, wenn Inhaber und Gründer im Gesundheitshandwerk ihre Grundausstattung vorlegen. Grundausstattung meint: Briefbogen, Visitenkarten, eventuell erste Werbemittel. Alles ist mit Logo, Schrift, Farbe und Form „gebrandet“, das heißt gekennzeichnet. Wenn aber viele mit Füßen und Schuhen arbeiten, ist dann das alles nicht austauschbar? Verwechseln uns die Kunden dann nicht? Diese Gefahr besteht! Und deshalb wurde im Marketing das Corporate-Identity-Konzept, kurz CI-Konzept, entwickelt.
CI – Was steckt dahinter?
Corporate Identity steht für Firmenidentität. Um es genau zu sagen: unverwechselbare Firmenidentität. Die CI ist die Basis für die Grundausstattung, für die Gestaltung von Werbemitteln, den Laden, die Werkstatt und das persönliche Auftreten der Inhaber und des Personals. Weil diese vielfältigen Aufgaben sich schlecht unter einem Begriff versammeln lassen, teilt sich das CI-Konzept noch einmal in drei Unterkapitel: „Corporate Design“, „Corporate Behaviour“ und „Corporate Communications“.
Schauen wir uns die Teilkapitel einmal nacheinander an. Das Corporate Design beschäftigt sich mit allen visuell-gestalterischen Aspekten des Firmenauftritts. Das beginnt beim Logo, setzt sich über die Schriftart und die Unternehmensfarbe fort und endet bei der KFZ-Beschriftung und optischen Aspekten der Werkstatt- und Ladengestaltung.
Das Corporate Behaviour (in der Literatur wird ergänzend oft noch die Corporate Culture erwähnt) thematisiert das „Verhalten“ des Unternehmens. Damit ist der Umgang der Firma mit Kunden, Mitarbeitern, Partnern, Behörden und Branchenverbänden gemeint: „Du“ oder „Sie“, die Zahlungsmoral, das Umweltverhalten, Service, Preistransparenz für Kunden und Krankenkassen. All diese Aspekte sind hier einheitlich geregelt.
Und schließlich die Corporate Communications: Die Art zu werben, zu sprechen und zu kommunizieren. Wie kommt die Firma in Flyern, auf Plakaten, am „Point of Sale“ werblich rüber. Sind Ansagen, Meldungen am Telefon, einheitlich geregelt. Welcher Ton dominiert die Werbesprache des Unternehmens? Kommuniziert die Firma eher humorvoll oder sachlich nüchtern?
CI – Die Macher
Corporate Identity ist Chefsache – oder sollte es sein! Das ist nicht selbstverständlich. Es gibt Unternehmen, die vertrauen ihre CI-Agenturen oder Beratern. Die können diese Arbeit sicher unterstützen, in Details beraten, doch die Grundlinien für Gestaltung, Kommunikation und Verhalten sollten vom Inhaber, Gründer, vom Team kommen. Anders gesagt: Die größte Gefahr eines extern entwickelten Corporate-Identity-Konzeptes besteht darin, dass es künstlich aufgesetzt wirkt. Praktisches Beispiel: Im Handwerksbetrieb herrscht ein legerer, humorvoller Umgang. Auch gegenüber den Kunden. Und die fühlen sich damit auch wohl. Nun kommt der externe Berater, der mit Blick auf das Zielpublikum und vielleicht auch seiner eigenen Persönlichkeit „Seriosität“ verordnet. Die Kunden erkennen „ihren Dienstleister“ nicht mehr wieder. Das ist kontraproduktiv.
Wo nun sollten die Macher von außen eingreifen. Die Antwort: Im gestalterischen Bereich, dem CD. Hier geben Chef und Team die Idee vor, zum Beispiel für Farben, Formen und Schriften. Die kreative, detaillierte Umsetzung, kommt dann vom Profi. Bei dessen Auswahl sollte der Betrieb dann auch immer auf Referenzen aus dem Corporate Identity achten.
Das CI-Handbuch
CI-Handbuch klingt erst einmal nach viel Arbeit. Für weltweit operierende Großunternehmen ist es das auch. Für Betriebe im Gesundheitsbereich verbirgt sich dahinter oft ein schmaler Ordner, in dem die Grundlagen der eigenen CI festgehalten werden. Zugegeben: Die Inhalte sind von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich, doch es gibt unbestreitbar Gemeinsamkeiten. Inhalt des Ordners sind alle Festlegungen, die der Betrieb in den Bereichen Corporate Communications, Corporate Design und Corporate Culture/Behaviour getroffen hat. Im Bereich Corporate Communications sollte der Betrieb zunächst formulieren, wie das Unternehmen kommuniziert. In der Regel reicht eine Seite aus, auf denen die Grundlagen niedergeschrieben werden: „Der Betrieb nutzt in der Werbung und in Pressetexten stets eine seriöse und sachliche Sprache.“ „Fachbegriffe werden verständlich erläutert.“ Es versteht sich von selbst, dass Beispiele für Flyer, Anzeigen und Internettexte hinzugeheftet werden.
Im Kapitel Corporate Design sind die Gestaltungsgrundlagen niedergelegt. Welche Schriftart nutzen wir? Welcher Farbton ist im Einsatz? (In der Tat ist die genaue Farbangabe, die Druckereien und Grafiker nutzen gemeint.) Ein Bild der KFZ-Beschriftung und Beispiele für Briefbögen und Logo dürfen nicht fehlen.
Eher regelnden Charakter hat das dritte Kapitel mit Verhaltensgrundsätzen. Die werden in Form von Leitsätzen formuliert. „Wir siezen unsere Kunden!“ „Der Betrieb arbeitet für Kunden und Kassen transparent und nachvollziehbar“…
Es versteht sich von selbst, dass alte und neue Mitarbeiter das Handbuch studieren und verinnerlichen. Das gilt auch und vor allem für die Regelung von Kundengesprächen und die immer wichtiger werdenden Social Media Guidelines. Letztgenannte enthalten die Regeln für den Umgang mit Kunden und Kritikern, zum Beispiel auf Facebook oder XING.{pborder}
CI – Der Prozess
Bevor das CI-Handbuch geschrieben werden kann, müssen Ideen für alle drei Bereiche entwickelt werden. Wie lange das dauert und wie komplex diese Arbeit ist, hängt auch und vor allem vom Stand der CI im Unternehmen ab. Handelt es sich um ein Startup, kann die Entwicklung vom Nullpunkt erfolgen. Anders ist es, wenn der Betrieb bereits seit längerem existiert. Gemeinsamkeiten weisen beide Situationen auf und der Prozess-ablauf ähnelt sich durchaus. Er ergibt sich aus dem „Modell der vollständigen Handlung“. Diesem wollen wir bei unserer Betrachtung folgen. Der Prozess besteht aus:
- Analyse;
- Planung;
- Durchführung;
- Kontrolle.
1. Analyse
Gründer und Inhaber betrachten hier zunächst die Ausgangssituation. Welche Ziele verfolgen wir mit unserem CI-Konzept? Wird vielleicht die Schaffung einer eigenen Marke angestrebt? Welche Ideen sind bereits vorhanden? Und vor allem: Wie tritt der Wettbewerb auf? Deren Flyer, Gestaltungen, Texte und Verhaltensgrundsätze werden zur Diskussion gestellt. Die Absicht ist klar: Der eigene Betrieb will sich am Ende unterscheiden. Arbeitet der Wettbewerb mit Grüntönen, einem Schuhsymbol und besonderen Schriften, wäre es töricht, dies einfach zu kopieren.
2. Die Planung
Die Planungsphase ist in unserem Fall die kreative Phase. In diesem Stadium tritt gegebenenfalls bereits der Grafik-Designer hinzu. Mit Hilfe so genannter Kreativitätstechniken entwickeln Inhaber, Mitarbeiter und Externe die Ideen für Produktnamen, Logos, Schriften, Slogans, Werbemittel, Farben und Formen. Besonders bewährt hat sich die Methode des Brainwriting. Wird ein Logo gesucht, schreiben alle Beteiligten in einem Raum alle Ideen auf oder skizzieren sie. Dafür wird eine bestimmte Zeit vorgegeben, zum Beispiel für Minuten. Die Ergebnisse werden danach diskutiert und aussortiert. Was übrig bleibt wandert in die Hände des Gestalters, der seine abschließende Empfehlung erteilt. Vorteil dieser Methode: Über den Diskussionsprozess entsteht eine hohe Akzeptanz der CI-Grundsätze bei allen Beteiligten. Auf diese Weise lassen sich Slogans, Logos, Werbeideen und sogar Telefonmeldungen entwickeln. Das kreative Potenzial der gesamten Belegschaft wird genutzt. Am Ende der Planungsphase sollten alle drei Bereiche der CI stehen: Bei der Corporate Communications die einzusetzenden Werbeideen und -mittel, beim Corporate Design die optischen Elemente wie Logo und Farbe, beim Corporate Behaviour Grundsätze des Kundenumgangs, dazu Telefonmeldungen, Serviceleistungen sowie Grundsätze des Beschwerdemanagements.
3. Durchführung
Aus den oben ins Auge gefassten Stichpunkten wird im dritten Schritt das eigentliche Konzept formuliert. In dieser Phase werden auch Logo, Briefbogen, Visitenkarten, Werbemittel, Kraftfahrzeuggestaltung, Laden und Werkstatt nach den erarbeiteten Grundsätzen sys-tematisch gestaltet und gebaut. Das gilt für den Erstauftritt und auch für die Neugestaltung eines Traditionshauses, den sogenannten „Relaunch“.
4. Die Kontrolle
Wie kommt der Auftritt an? Wer das nicht dem Zufall überlassen möchte, legt Logos und Texte potenziellen Kunden vor. Diese beurteilen das Konzept mit einem Fragebogen und lassen Verbesserungsvorschläge einfließen. Wichtig: Am Ende müssen sich Führung, Mitarbeiter und Kunden mit der Corporate Identity des Betriebes identifizieren können! «
Ausgabe 1/2 / 2017
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