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12. Juni 2023
Redaktion
Podologie

Eine Ausbildung mit Zukunftspotenzial

Warum haben sich Podologie-Schüler*innen für den Beruf entschieden? Was sind ihre Beweggründe, welche Erwartungen haben sie an die Zukunft und welche Verbesserungsvorschläge für die Ausbildung? Fünf Schüler*innen erzählen von ihren Erfahrungen.
Foto: Gerhard Seybert/Adobe Stock

Warum haben sich Podologie-Schüler*innen für den Beruf entschieden? Was sind ihre Beweggründe, welche Erwartungen haben sie an die Zukunft und welche Verbesserungsvorschläge für die Ausbildung? Fünf Schüler*innen erzählen von ihren Erfahrungen.

Niklas Waldau und Jetesa Ahmetxhekaj sehen ihre berufliche Zukunft in der Podologie. Das Paar wird ab September gemeinsam die berufsbegleitende Ausbildung an der Henriette-Goldschmidt-Schule in Leipzig absolvieren – Lukas Waldau ist dort aktuell bereits Schüler, Jetesa Ahmetxhekaj wird die Ausbildung im Herbst beginnen. „Als Eltern zweier Töchter haben wir uns zusammengesetzt, unsere berufliche Perspektive analysiert und überlegt, wie unsere Zukunft aussehen soll“, erzählt Niklas Waldau.

Nach einer gründlichen Recherche seien sie auf das Berufsbild Podologie gestoßen. „Eine medizinische Fachausbildung mit einem enormen Zukunftspotenzial“, ist der 29-Jährige überzeugt. Er hat zuvor bereits eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert. „Da mir die Tätigkeit keinen Spaß mehr gemacht hat und die Zukunftsaussichten aufgrund der Digitalisierung vor allem im Bürobereich schlecht sind, habe ich mich entschieden, einen zukunftsorientierten Beruf zu erlernen“, sagt Niklas Waldau. Im Büro habe ihm ein greifbares Arbeitsergebnis gefehlt. Ein fundamentaler Unterschied zur Tätigkeit des Podologen“, findet Niklas, denn hier sei das Ergebnis der durchgeführten Behandlung sofort sichtbar. Jetesa Ahmetxhekaj hat bereits eine Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten absolviert und kennt sich mit Praxisorganisation und -abläufen aus. „Ich habe mich von Niklasʼ Begeisterung anstecken lassen“, erzählt die 26-Jährige, „wir wollen unsere Zukunft aktiv gestalten und Einfluss darauf nehmen.“

Fotos: Fotos: Studioline & Jetesa Ahmetxhekaj
Jetesa Ahmetxhekaj und Niklas Waldau machen die Ausbildung an der Henriette-Goldschmidt-Schule in Leipzig – die Lage in der Innenstadt ist für die beiden ideal.

Das große Ziel der beiden ist die Eröffnung einer eigenen podologischen Praxis. Dabei haben sie auch schon genaue Vorstellungen, wie das Konzept aussehen soll: „Wir wollen eine minimalistisch eingerichtete Praxis schaffen, in der sich die Patienten wohlfühlen und im Mittelpunkt stehen. Unser Ziel ist es, unserer kleinen Familie eine sichere Zukunft zu ermöglichen und in einer eigenen Praxis unsere Ansprüche an Qualität, Patientenumgang und erfolgreiche Therapie selbst zu bestimmen“, erklärt Jetesa Ahmetxhekaj. Auch um die Frage der Finanzierung machen sich die beiden bereits Gedanken: „Wir werden uns verschiedene Optionen ansehen und prüfen, wie wir das umsetzen können“, sagt Niklas Waldau, der davon ausgeht, dass er bei einer Praxisgründung von den wirtschaftlichen Kenntnissen aus seiner ersten Ausbildung profitieren kann.

Eine Herausforderung

Foto: privat
Tanja Horst (hinten) und Jennifer Ambron führen gemeinsam ein Fußpflegestudio in Biblis – seit Mai 2021 sind sie zudem Podologie-Schülerinnen.

Im hessischen Biblis führen Tanja Horst und Jennifer Ambron das Studio „Felicitas Fußpflege“. Seit Mai 2021 besuchen sie zudem gemeinsam die MaxQ. Berufsfachschule für Podologie in Heppenheim. Im dreiwöchigen Turnus gehen sie dort von Dienstag bis Freitag zur Schule, und auch zwischen den Schulblöcken gibt es jede Menge zu tun: Zum einen sind Praktika zu absolvieren, zum anderen wollen natürlich auch ihre Kund*innen im Fußpflegestudio versorgt werden.

„Alles unter einen Hut zu bekommen, ist schon herausfordernd – eine Gratwanderung zwischen Arbeiten, Umsatzverlust, Schule und Lernen. Das ist nur mit sehr guter Organisation und Unterstützung der Familie möglich“, sagt Tanja Horst, die zunächst eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht hat und 2016 dann beruflich umsattelte. Im Juli 2018 wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete das Fußpflegestudio in Biblis. Seit August 2022 führt sie das Studio nun gemeinsam mit Jennifer Ambron, die zuvor 13 Jahre lang als Pharmazeutisch-technische Assistentin in einer Apotheke gearbeitet hat. „In meiner Tätigkeit als PTA hatte ich zuletzt nur noch das Gefühl, Rezepte gegen Packungen zu tauschen. Den Schritt in die Podologie zu gehen, bedeutet für mich, wieder näher am Patienten zu sein und die Lebensqualität von Patienten verbessern zu können. Das Schöne ist, dass man den Patienten oft kurzfristig in einer halben Stunde oder Stunde bereits helfen kann“, sagt Jennifer Ambron.

Ein ausschlaggebender Faktor bei der Entscheidung für die Podologie-Ausbildung sei für beide auch die Schulgeldbefreiung gewesen. „Ich wollte eigentlich schon von Anfang an die Ausbildung zur Podologin machen, aber damals gab es noch das Schulgeld – und das war nicht gerade wenig“, erzählt Tanja Horst. So entschied sie sich zunächst für die kosmetische Fußpflege. Als ein befreundeter Podologe sie dann darauf hinwies, dass die Ausbildung ab August 2020 schulgeldbefreit ist, habe sie sich direkt beworben. Ausschlaggebend für die Wahl der Schule in Heppenheim sei für sie die Nähe zum Wohnort gewesen.

Neuanfang in der Podologie

Ilaria Ambrosi wechselt vom Büro in die Praxis: Sie war vor Beginn ihrer Podologie-Ausbildung im Online-Marketing tätig.

In Heppenheim geht auch Ilaria Ambrosi zur Schule. Die 40-Jährige wechselt wie Niklas Waldau vom Büro in die Praxis: Sie war vor Beginn ihrer Podologie-Ausbildung im Online-Marketing tätig. Für ihren Job war sie oft auf Reisen, in Europa, aber auch in Asien und Lateinamerika – bis 2020. „Durch Covid saß ich dann zu Hause vor dem Computer und habe von dort aus gearbeitet“, erinnert sich die Frankfurterin. „Das fand ich nicht mehr so spannend.“ Deshalb und wegen ihrer Leidenschaft für medizinische und therapeutische Themen habe sie sich für einen Neuanfang und die Podologie-Ausbildung entschieden.

Inzwischen hat die zweifache Mutter bereits einen Teil ihrer Ausbildung absolviert und konnte etliche Erfahrungen sammeln. Unter anderem, dass es gar nicht so einfach ist, Praktikumsstellen zu finden. 1.000 Stunden Praktika sind vorgeschrieben. Ein Großteil der Praktikumszeit ist in der podologischen Praxis zu absolvieren, außerdem umfasst die Ausbildung Praktika in der Diabetologie, der Orthopädie und der Dermatologie. Von der Schule aus gebe es zwar eine Kooperation mit einem Klinikum in Ludwigshafen, erzählt Ilaria Ambrosi, was aber von Frankfurt auch fast 100 Kilometer entfernt sei. Sie fände es super, wenn es weitere Kooperationen mit Arztpraxen für die Praktika geben würde.
Grundsätzlich dürfe eines nicht vergessen werden, meint Ilaria Ambrosi: „Es gibt den Unterrichtsplan, bei Berufstätigkeit auch die Arbeitszeiten, die Praktika und die Öffnungszeiten der Praxis, in der das Praktikum absolviert wird – das muss alles synchronisiert werden.“

Organisationstalente gesucht

Diese Erfahrung haben auch Jennifer Ambron und Tanja Horst gemacht. „Es ist schon eine Herausforderung in der schulfreien Zeit, in der wir normalerweise arbeiten, die Praktika noch unterzubringen“, sagt Jennifer Ambron. Aus organisatorischer Sicht sei das sehr komplex. Aktuell bleibt ihr Fußpflegstudio während der Schulblöcke ohnehin geschlossen, denn eine Aushilfe konnte noch nicht gefunden werden.

Zudem wünschen sich die beiden einen einheitlichen Lehrplan für alle Schulen. „Es gibt zwar einen Lehrplan, ein Curriculum, der ist aber sehr allgemein gehalten. Da finde ich, dürfte der Lehrplan eindeutiger werden, sodass die Klassen eines Lehrjahres alle den gleichen Ausbildungsstand haben und zwischen den Schulen nicht so große Unterschiede entstehen“, sagt Jennifer Ambron. „Ein strukturierter Ausbildungsplan, wie ich ihn von meiner Ausbildung zur Bürokauffrau kenne, wäre schon sinnvoll“, findet auch Tanja Horst. Nach dem Examen im Mai 2024 wollen die beiden ihre podologische Praxis gemeinsam eröffnen – mit Kassenzulassung, da sind sie sich sicher. „Wir bekommen auch in unserem Fußpflegestudio von den Kunden die Rückmeldung, dass es viel zu wenige kassenzugelassene Praxen gibt. Die Arbeitsagentur müsste diesen Beruf mehr im Blick haben, damit sich mehr Menschen für eine Ausbildung in der Podologie entscheiden“, sagt Tanja Horst, „denn der Bedarf ist groß.“

Die Podologie mehr in den Fokus rücken

An dem Punkt sind sich alle Auszubildenden, mit denen wir für diesen Artikel gesprochen haben, einig: Um mehr junge Menschen für eine podologische Ausbildung zu begeistern, muss der Beruf stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden. „Es müsste mehr über Podologie geredet werden, viele wissen gar nicht, was das ist. Ich denke nicht, dass viele 18-Jährige eine Idee haben, was ein Podologe macht“, sagt beispielsweise Ilaria Ambrosi. Auch die Zusammenarbeit mit Ärzt*innen, Orthopädieschuhmacher*innen oder Sanitätshäusern und die Verdienstmöglichkeiten sollten ihrer Meinung nach verbessert werden. „Die Podologie ist in der Breite der Gesellschaft noch nicht bekannt genug. Man sollte den jungen Menschen aufzeigen, welche Zukunftsperspektiven dieser Beruf bietet“, meinen Niklas Waldau und Jetesa Ahmetxhekaj. „Menschen wollen von Menschen behandelt werden – das ist doch der große Vorteil der Gesundheitsfachberufe. Die Arbeit wird uns in den nächsten Jahren nicht ausgehen. In Deutschland leiden immer mehr Menschen an Diabetes – dieser Beruf hat Zukunft.“

Generell müsse die Abgrenzung von kosmetischer Fußpflege zur Podologie für die Gesellschaft noch transparenter werden, sagt Jennifer Ambron. Mit dem Titelschutzgesetz sei ein erster Schritt gemacht worden, aber hier könne noch nachgebessert werden. „Das ist auch ein Verbraucherschutzthema, hier Aufklärungsarbeit zu leisten“, so Jennifer Ambron. Tanja Horst wünscht sich, dass es auch für den Bereich der kosmetischen Fußpflege in Zukunft eine einheitliche Regelung gibt und nicht wie aktuell diverse Angebote vom Zwei-Tages-Seminar bis zum zweiwöchigen „Intensiv“-Seminar. Tanja Horst: „Kosmetische Fußpfleger sollten auch genug Wissen haben, um erkennen zu können, hier ist meine Grenze erreicht, dieser Patient ist ein Fall für die Podologin oder den Podologen.“

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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