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20. Juli 2022
Dr. med. Renate Wolansky
Hyperkeratose bei Diabetes Typ II

Ursachen, Prophylaxe und Therapie

Wie Hyperkeratose entsteht und worauf bei der Behandlung von Betroffenen zu achten ist, beschreibt Orthopädin Renate Wolansky in ihrem aktuellen Beitrag. Vor allem bei Menschen mit Diabetes ist es essenziell, solche Veränderungen des Fußes frühzeitig zu adressieren, damit nicht ein größerer Schaden entsteht. Ursache ist häufig falsches Schuhwerk.
Foto: Renate Wolansky
Vörner-Unna-Thost-Syndrom bei einem 52 Jahre alten Mann mit vererbter Hyperkeratose an den Fußsohlen und Handinnenflächen: Beide Fußsohlen zeigen eine Vielzahl von rezidivierenden hyperkeratotischen Arealen.

Abgeleitet von den griechischen Wörtern „hyper“ (über oder zu viel) und „kerato“ (Horn) liegt bei einer Hyperkeratose eine übermäßig verdickte Hornhautbildung meist mit trockener Haut vor. Die stark verhornte, gelblich verfärbte Haut ist – besonders an der Fußsohle – in der Regel schmerzfrei. Gelegentlich tritt durch ständige Belastung jedoch ein brennender Schmerz auf.

Allgemeine Ursachen von Hyperkeratose

Einer Hyperkeratose liegt eine Dysbalance der Bildung von Hornzellen in der Basis der Haut sowie der physiologischen Abschilferung der obersten Hornzellschicht zugrunde.

Exogene Ursachen sind starke mechanische Druckbelastungen oder Reibung an besonders belasteten Regionen des Fußes wie der Ferse, dem Fußballen und/oder den Zehen. Des Weiteren kommen als Auslöser trockene Haut mit Elastizitätsverlust, unpassendes Schuhwerk, Schädigungen der Hautbarriere, Gangstörungen, Adipositas und einseitige Fußbelastungen in Betracht. Auch eine chronische Arsenvergiftung kann eine Hyperkeratose auslösen.

Zu den endogenen Ursachen einer Hyperkeratose gehören biomechanische Störungen, bedingt durch Fuß- und Zehendeformitäten bei einigen Grundkrankheiten – zum Beispiel Diabetes mellitus, Rheuma, Fußgicht (Podagra), Schuppenflechte (Psoriasis), Akne und Ichthyose – oder eine genetische Veranlagung.

Formen einer Hyperkeratose

Bei der Proliferantionshyperkeratose finden die Teilung der Zellen und deren Wachstum in der Basalschicht der Haut (siehe Kasten) schneller statt als gewöhnlich. Dadurch bilden sich vermehrt Hornzellen (Keratinozyten) mit massiver Verdickung der oberflächlichen Hornzellschicht (Stratum corneum). Diese Form tritt besonders an mechanisch exponierten Regionen auf – häufig am Fuß oder an den Händen. Weiterhin können intensive UV-Strahlen die Zellteilung in der Basalschicht beschleunigen und sogenannte Lichtschwielen auslösen. Dabei wandern mehr Hornzellen an die Hautoberfläche, sodass es zu einer Verdickung des Stratum corneum kommt.

Ichthyose (Fischschuppenkrankheit) bei einer 34 Jahre alten Frau. Es handelt sich um einen Gendefekt mit Verhornungsstörung. Beide Füße mit Unterschenkeln weisen schuppige, verhornte Stellen auf. Die Verhornungsstörung besteht weiterhin an den Händen und im Gesicht.

Eine verminderte oder verlangsamte physiologische Abschilferung der Keratozyten liegt dagegen bei der Retentionshyperkeratose vor, woraus die verdickte Hornschicht resultiert. Außerdem weist die Körnerzellschicht (Stratum granulosum) eine Verbreiterung auf.

Zu den epidermolytischen Hyperkeratosen zählen angeborene Fehlbildungen der Haut mit Verhornungsstörung wie

  • die Erbkrankheiten Morbus Darier (Synonym Dyskeratosis follicularis) mit vorzeitiger Verhornung der Einzelzellen im Stratum spinosum und Stratum corneum,
  • Ichthyose (Fischschuppenkrankheit) (Abb. 1),
  • das Vörner-Unna-Thost-Syndrom (palmoplantare Hyperkeratose) mit verstärkter Hornhautbildung an Fußsohlen und Handinnenflächen (Abb. 2) sowie
  • das Plattenepithelkarzinom (bösartiger Tumor der Haut) oder
  • die Bowen-Krankheit.

Häufigkeit einer Hyperkeratose

Mit zunehmendem Alter minimiert sich die Fettproduktion und Speicherung von Feuchtigkeit in der Haut, sodass diese trocken wird. Verstärkte Hornhaut durch trockene Haut an den Füßen betrifft Frauen häufiger als Männer. Auslöser ist oftmals die Reduktion von Geschlechtshormonen, vor allem ab dem Klimakterium.

Hyperkeratose bei Diabetes mellitus

Beim diabetischen Fußsyndrom (DFS) treten vorrangig Hautveränderungen auf. Sensorische, motorische und autonome Defizite führen durch Fehlbelastungen des Fußes beim Gehen und Laufen zu verstärkten Druckbelastungen, Funktionseinschränkungen mit Fehlbelastung des Fußes und Atrophie der Fußmuskulatur. Des Weiteren bestehen bei einer sensorischen Polyneuropathie lästige, oftmals den Nachtschlaf störende Parästhesien wie Brennen, „Ameisenlaufen“, Stechen und ein taubes Gefühl – wobei das Empfinden für Schmerz, Temperatur, Druck oder Vibration eingeschränkt oder aufgehoben ist. Weiterer Auslöser von Hyperkeratose ist vor allem bei Menschen mit Diabetes unpassendes Schuhwerk
(Abb. 3+4).

Massive trockene Haut, Verlust von Geschmeidigkeit und Feuchtigkeit infolge verminderter oder aufgehobener Schweiß- und Talgdrüsensekretion sowie eine reduzierte Bildung von Lipiden mit Störung der Hautbarriere führen häufig zur Hyperkeratose. Betroffen sind dabei vor allem druckexponierte Regionen wie die Fersen, die Vorfußregion besonders an den Mittelfußköpfchen (Metatarsalköpfchen) und an vorliegenden Zehendeformitäten wie Hammer-, Krallen- oder Reiterzehe.

Weitere Folgen sind Rhagaden, die eine Eintrittspforte für Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze oder Viren bieten. Infolge sensorischer Störungen, die von den Betroffenen oft nicht bemerkt werden, können sich Ulzera, Nekrosen oder Gangrän entwickeln, die letztlich zu einer vermeidbaren Minor- (unterhalb des Sprunggelenkes) oder Majoramputation (oberhalb des Sprunggelenkes) führen können.

Das richtige Schuhwerk

Oberste Priorität zur Vermeidung von Hyperkeratose hat ein passendes Schuhwerk. Zu enge, zu hohe (Absatzhöhe für Frauen nicht über 4 Zentimeter und für Männer nicht über 3 Zentimeter), zu spitze Schuhe und eine fehlende Distanz von mindestens 0,8 bis 1 Zentimeter der längsten Zehe bis zum vorderen Schuhinnenrand im Stand führen sehr häufig zur Entwicklung von Hyperkeratose an Zehen, Ballenregion und/oder Ferse. Ratsam sind bequeme, atmungsaktive, weiche Lederschuhe.

Bei vorliegender diabetischer Polyneuropathie, die oftmals beim DFS mit sensorischer Störung besteht, werden mechanischer Druck, Traumata oder Infektionen, die Hautveränderungen auslösen können, von der oder dem Betroffenen häufig nicht bemerkt. Die Folgen sind Druckstellen, Hyperkeratose, Ulzera, Nekrosen oder Gangrän, die im schlimmsten Fall zu Amputation führen können. Vor allem Menschen mit Diabetes sollten daher darauf achten, dass der Schuh passgenau ist und keine drückenden Innennähte oder eine scheuernde Schuhlasche besitzt.

Bei der täglichen Inspektion des Fußes inklusive der Fußsohle mit einem Spiegel ist auf Scheuerstellen und Sekretabsonderungen im Schuhinnenraum oder auf der diabetesadaptierten Fußbettung ebenso zu achten wie auf eine rasche Abnutzung der Laufsohle. Badeschlappen, die als Hausschuhe genutzt werden, sind für Menschen mit Diabetes tabu. Ferner gehört ein regelmäßiges Austasten der Schuhe am Abend auf Fremdkörper wie Steinchen, Tannennadeln oder Gartenpartikel dazu. Auch Sockenwülste im Schuh können Hyperkeratose begünstigen.

FALLBEISPIEL: HYPERKERATOSE BEIM DIABETISCHEN FUSSSYNDOM

Hyperkeratoseprophylaxe

Um einer Hyperkeratose vorzubeugen, stehen an erster Stelle passende, bequeme, atmungsaktive Lederschuhe. Mehrfaches Wechseln der Schuhe ist angebracht. Verordnete orthopädische Maßeinlagen sowie diabetesadaptierte Fußbettungen beim DFS sollten konsequent getragen werden. Bei vorliegenden Zehen- oder Fußdeformitäten können besonders druckexponierte Regionen zudem mithilfe von Druckpolstern entlastet werden.

Um die Haut geschmeidig und feucht zu halten und damit trockene Haut zu vermeiden, sollten des Weiteren regelmäßig Pflegeprodukte mit Urea-Zusatz genutzt werden. Ferner werden die Durchblutung und Muskelkräftigung der Füße durch regelmäßige Bewegung, Barfußlaufen (nicht für Menschen mit Diabetes), Fußbäder mit Zusätzen und Fußmassagen angeregt.

Fußbäder für Menschen mit Diabetes können bei intakter Haut mit einer Wassertemperatur von 36 bis 38 Grad Celsius für 3 bis maximal 5 Minuten durchgeführt werden. Wichtig ist dabei, die Wassertemperatur mit einem Badethermometer zu kontrollieren, da bei einer Polyneuropathie eine Beeinträchtigung des Temperaturempfindens vorliegt und unbemerkte Verbrennungen drohen könnten.

Therapie

Vor Beginn, sowohl einer regelmäßigen häuslichen als auch einer podologischen Behandlung, sollten zunächst immer die Ursachen abgeklärt werden. Sie gilt es, umgehend zu beheben. Exogene mechanisch-schädigende Einflüsse am Fuß sind zügig durch passendes bequemes Schuhwerk und/oder eine angemessene orthopädieschuhtechnische Versorgung bei drohenden oder bereits vorliegenden Zehen- oder Fußdeformitäten zu beseitigen.

Eine radikale mechanische Entfernung der übermäßigen Hornhaut ist aufgrund der Verletzungsgefahr der Haut abzulehnen. Als sanfte häusliche Fußpflegebehandlung einer Hyperkeratose kommt die Anwendung mit einem Naturbimsstein oder Hornhautweichschwamm infrage. Idealerweise folgen diese Maßnahmen auf ein warmes Fußbad mit Zusätzen von Teebaumöl, Apfelessig oder Aloe-Vera-Saft beziehungsweise das Auflegen eines warmen Kamille-Päckchens. Scharfe und spitze Instrumente wie Scheren, Hobel, Rasierklingen oder -messer, grobe Feilen oder elektrische Hornhautentferner sind für die häusliche Fußpflege aufgrund der Verletzungsgefahr abzulehnen.

Salizylhaltige Zusätze in Pflastern, Salben oder Tinkturen sind nur bedingt einzusetzen. Für Menschen mit Diabetes kommen salizylhaltige, hornhautauflösende Mittel (Keratolytika) mit Aufweichung der Haut und daraus möglichen drohenden Hautläsionen mit nachfolgender Infektionsgefahr nicht infrage.

Im Vordergrund steht für Menschen mit Diabetes die notwendige regelmäßige Abtragung von Hyperkeratose durch eine*n Podolog*in. Unter Anwendung von Hornhautfräsern oder Skalpell erfolgt vorsichtig und regelmäßig die Abtragung der oberflächlichen Schicht der verstärkten Hornhaut.

Nach Entfernung der Hornhaut ist es wichtig, regelmäßig und täglich die Füße mit Produkten mit Urea-Zusatz intensiv und gründlich zu pflegen, um trockener Haut mit drohenden Rhagaden, die letztlich schwere Folgen haben können, vorzubeugen.

Autorin

Orthopädin Dr. Renate Wolansky
Luisenstraße 26
06618 Naumburg

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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