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8. Dezember 2021
Beate Eickmann
DER FUSS Kolumne

Nicht alles Neue ist schlecht

Eigentlich bin ich ja noch gar nicht soooo alt, habe aber trotzdem schon einiges Neues in meinem Leben erlebt: Der erste Mensch auf dem Mond, Farbfernsehen, die Einführung der EC-Karte und der Bankautomaten, Computer für alle, den Gameboy, die Abschaffung der Krankenscheine und die Einführung der Gesundheitskarte, die Umstellung von Individual-Diagnose auf ICD10 und noch vieles mehr.
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Grafik: Cornelia Meier/C. Maurer Fachmedien

Allem ist immer Negatives voraus- oder nachgesagt worden – ohne abzuwarten, ohne es sich genau angeschaut zu haben, ohne die Hintergründe zu wissen. Das ist natürlich auch beim neuen Rahmenvertrag geschehen. Es gab wilde Spekulationen und Kritik an Inhalten, die einer genaueren Betrachtung nicht standhielten. Ist der Rahmenvertrag wirklich so schlecht, wie er in vielen Videos und Kommentaren in den sozialen Netzwerken dargestellt wird? Keine Ahnung, ich kann nur von mir und meiner Praxis reden, denn nur die kann ich beurteilen.

Ja, auch ich finde das neue Formular gewöhnungsbedürftig. Und wie es scheint, überfordert es manche Arztpraxen völlig – aber WIR klären ja gerne auf. Der erste positive Punkt: es gibt für mich mehr Geld. Ob die Höhe gut oder schlecht ist, mag jeder für seine Praxis entscheiden. Zugegeben – laut WAT-Gutachten hätte es mehr sein müssen/sollen. Aber dort sind alle Einnahmen eingeflossen und wir Podologen haben halt die meisten Selbstzahler. Schon seit Jahren predigen die Verbände gebetsmühlenartig, dass Preise unter Kassensatz nicht gehen, dies würde wie ein Bumerang irgendwann zurückkommen. Jetzt ist er da, der Bumerang.

Ein Kollege erzählte mir letztens, dass er 25 Euro nimmt, mehr geht nicht, da er auf dem Dorf lebt. Wenn auch 25 Euro gehen, warum sollte die Kasse dann 50 Euro bezahlen? Auch in meiner Stadt gibt es Kollegen, die weit unter den 42 Euro liegen. Ich bin die teuerste, habe so viel zu tun, dass ich im nächsten Jahr einen neuen Therapeuten einstellen werde.

Die Legalisierung von „Tresenfees“ ist ebenfalls ein überfälliger Erfolg. Ich arbeite schon seit Jahren nach diesem – jetzt legalen – System. Wir Therapeuten machen nur die nicht-delegierbaren Leistungen, den Rest erledigt die „Tresenfee“, natürlich mit Einweisung in den Hygieneplan und mit Sachkundenachweis.

Was einigen Kollegen nicht gefallen wird, ist die Bestätigung, dass Patienten von Praxen ohne Kassenzulassung die Verordnung nicht erstattet bekommen.

Auch die Kürzel hinter den Behandlungen kann ich nur begrüßen: Ich persönlich wäre noch einen Schritt weitergegangen und hätte zu jedem Kürzel die Berufsurkunde oder eine Schulbescheinigung gefordert. Vielleicht hört es ja jetzt auf, dass auch Fußpfleger Verordnungen bearbeiten und Schüler Hausbesuche alleine machen.

Dass ich der Krankenkasse bei Fehlabsetzung 40 Euro in Rechnung stellen kann, fand ich toll – ob das neu ist, weiß ich nicht genau.

Auch einige andere begrüßenswerte Vertragsinhalte gibt es. Nicht neu sind die gültigen ICD10-Ziffern, da hat sich nichts geändert, die gab es auch schon 2020.

Was auch schon IMMER seit der Einführung des Podologengesetzes Gültigkeit hat, ist, dass Podologen für medizinische Tätigkeiten eine Anweisung von einem Arzt oder Heilpraktiker benötigen ([PodG §3] […] unter ärztlicher Anleitung oder auf ärztliche Veranlassung medizinisch indizierte podologische Behandlungen durchzuführen […]).

Wer ohne Anweisung vom Arzt oder HP, medizinisch arbeitet, verstößt gegen das HeilprG, denn dort steht „(…) Ausübung der Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderungen von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen (…)“.

Das heißt, wenn Frau Meier zu uns kommt, um ihr schmerzhaftes Hühnerauge entfernen zu lassen, darf ich dies nur auf ärztliche Anweisung machen, denn meine Arbeit trägt zur Linderung der Schmerzen bei. Wer den SHP besitzt, benötigt keine Anweisung, denn er erfüllt damit die Anforderungen des Heilpraktikergesetzes.

Denkt daran: nicht alles Neue ist schlecht und nicht alles, was neu erscheint, ist es auch.

In diesem Sinne,
Glückauf und bleibt gesund!
Beate Eickmann

 

 

Porträtfoto
Foto: privat
Beate Eickmann, ist seit 2011 mit ihrer podologischen Praxis selbstständig. Seit 2015 Heilpraktikerin (Podologie) und seit 2016 Gutachterin im Sozial- und Gesundheitswesen, Bereich Podologie.
Foto: Eakrin/Adobe Stock
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