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17. Oktober 2016
Redaktion

Noch mehr Vorsorgeroutine entwickeln

[Abo] Besser, aber noch nicht gut! So lautet das Fazit des Gehwol Diabetes-Reports 2016.[1] Alle zwei Jahre untersucht der Report das Fußpflegebewusstsein von Diabetespatienten. Auch wenn sich Diabetiker heute mehr als noch vor zwei Jahren der Risiken für ein diabetisches Fußleiden bewusst sind, so wird die Bedeutung der Fußpflege immer noch häufig unterschätzt. Das zeigt sich vor allem in der Vorsorgeroutine und in der täglichen Fußpflege.

60 Prozent der Diabetiker wissen laut Gehwol Diabetes-Report, was ein Ulkus ist und wie er entsteht. In der Bundesrepublik haben schätzungsweise 250000 Menschen [2] mit Diabetes eine solche oder ähnliche Fußverletzung. Bei 11200 Patienten [2] pro Jahr führt sie schließlich zu einer Amputation des Fußes. Immerhin: Vor zwei Jahren war der Mehrheit der Diabetiker (63 %) noch nicht einmal klar, dass sie besonders auf ihre Füße achten sollten. Die Zahlen aus dem aktuellen Diabetes-Report [1] sprechen für eine Verbesserung. Inzwischen sagen 60 Prozent, dass ihnen das Risiko bekannt ist. 75 Prozent geben außerdem an, dass sie sich über Folgeerkrankungen rund um Diabetes informieren und auch darüber wie sie durch Fußpflege etwas für ihre Fußgesundheit tun können. Hier lassen sie sich mehrheitlich von ihrem Fußpfleger (85 %), ihrem Arzt (77 %), einem Diabetesberater (72 %) oder in der Apotheke (55 %) beraten. Somit scheint die Aufklärung durch Fachkreise das Risikobewusstsein der Diabetiker verbessert zu haben. Am Beginn der Kaskade hin zu einer Fußverletzung beziehungsweise einer Wunde (Ulkus) stehen meist kleinere Hautprobleme. So bestätigten etwa 50 Prozent der befragten Patienten, dass sie unter trockener Haut leiden. 34 Prozent geben an, rissige Haut zu haben, und genauso viele klagen über Schwielen und übermäßige Hornhaut. Diese Symptome können eine Folge des Diabetes sein, da sich die Stoffwechselstörung auch auf die Schweißsekretion sowie die Synthese von Hautfetten (Lipiden) auswirken kann. Gebundene Feuchtigkeit aus dem Schweiß und Lipide sind wichtige Komponenten der Hautbarriere. Gerät diese aus der Balance, kommt es zu den genannten Symptomen.

{pborder}Fußpflege ja, aber nicht konsequent genug
Mit täglicher Fußpflege lassen sich diese Probleme leicht beheben. Dazu gehört vor allem das tägliche Eincremen. Empfohlen werden hierfür feuchtigkeitsspendende Emulsionen oder Pflegeschäume, die Harnstoff enthalten. [3] Tatsächlich cremen 81 Prozent der ­Diabetiker ihre Füße ein, überwiegend (76%) mit einer Urea-haltigen Feuchtigkeitscreme. Neben dem Cremen gehören weitere Maßnahmen zu einer konsequenten Fußpflege und Prophylaxe. Hier zeigt der Diabetes-Report: Dem Risiko entsprechend gibt es praktisch keine Patienten, die generell keine Fußpflege betreiben. Alle Patienten pflegen sich die Füße. Nur 60 Prozent werden täglich oder zumindest regelmäßig aktiv, 32 Prozent pflegen gelegentlich, aber immer noch acht Prozent sagen, dass sie eher selten Fußpflege betreiben. Das ist zu wenig. Zumindest sollten Patienten täglich ihre Füße betrachten und prüfen, ob eine Verletzung vorliegt. Ob-wohl die Mehrheit (78 %) auch dieser Empfehlung folgt, sind es nur sechs Prozent, die tatsächlich jeden Tag die empfohlene Sichtinspektion durchführen.

Bei Pediküre und Fußbad auf die Details achten
Oft steckt der Fehler im Detail. Fußbäder beispielsweise dienen der Fußhygiene und sind auch für Diabetiker erlaubt. 79 Prozent der Patienten nutzen dies. Es wird aber empfohlen, dass in ihrem Fall das Fußbad maximal 37 – 38 Grad Celsius warm sein und nicht länger als drei bis fünf Minuten dauern sollte. [3] Laut dem Report badet jeder zweite Diabetiker (50 %) seine Füße länger als fünf Minuten. Die Zehenzwischenräume sollten anschließend übrigens nicht mit einem Fön getrocknet werden, eine allgemein beliebte Methode, sondern mit einem Wattestäbchen oder -pad. Bei der Pediküre wird viel zu den falschen Instrumenten gegriffen, ebenso bei der mechanischen Entfernung von Hornhaut. 80 Prozent der Patienten kürzen sich ihre Nägel selbst, davon 71 Prozent mit einer Nagelschere statt, wie empfohlen, mit einer Nagelfeile (43%). Schlimmer noch bei der Hornhaut. Hier kommen mitunter verletzungsträchtige Werkzeuge zum Einsatz, so zum Beispiel Rasierklingen (10%), Produkte mit hornhautauflösenden Substanzen wie Salicylsäure (17%) oder Raspeln (60%). Zu empfehlen wäre ein Bimsstein [3], immerhin für 76 Prozent der Patienten, die Schwielen selbst entfernen, das Instrument der Wahl. Allerdings werden die meisten Diabetiker (65 %) nicht selbst aktiv, wenn es darum geht, Schwielen zu entfernen. Tatsächlich wird dies auch nicht empfohlen. Hierfür sollten Diabetiker lieber regelmäßig eine medizinische Fußpflege in Anspruch nehmen. [3]

Füße und Schuhe: Anleitung notwendig
Die selbstständige Fußpflege zu Hause ist ein wichtiges Präventionsziel, ebenso die Versorgung mit speziell gefertigten Maßschuhen, Schuhzurichtungen oder Einlagen. Jedoch müssen Diabetiker hierfür sensibilisiert und angeleitet werden. In der Regel erfolgt dies durch fachkundige Diabetesberater, Podologen, aber auch durch Orthopädieschuhmacher. Jedoch profitiert laut Diabetes-Report noch nicht jeder Diabetiker von einer solchen Beratung. Beispielsweise erhalten nach Auskunft der behandelnden Ärzte nur 34 Prozent ihrer Patienten eine spezielle Schulung zur selbstständigen Fußinspektion und Fußhygiene. Auch was die Schuhe betrifft, achten Patienten noch viel zu selten darauf, dass diese ausreichend hoch und breit sind, keine Innennähte aufweisen und eine möglichst steife Sohle besitzen (36%). Nur 16 Prozent bestätigen, dass bei ihnen eine Ganganalyse zum Beispiel mittels Pedografie durchgeführt wurde. Hierbei werden Druckspitzen im Abrollvorgang gemessen, eine wichtige Diagnostik zur Fertigung von Maßschuhen und Maßeinlagen. Statt Versorgung durch einen Orthopädieschuhmacher auf Basis einer Hilfsmittelverordnung begnügen sich viele Patienten (21%) lieber mit serienmäßig hergestellten Einlegesohlen zur Selbstbehandlung oder einfach konfektionierten Fußstützen zur Weichbettung. Immerhin: Zum Podologen gehen die meisten Patienten (93%), allerdings vielfach (33%) erst dann, wenn es bereits ein Problem gibt, statt regelmäßig mindestens ein Mal im Jahr (60%).

Lob bei den ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen
Für Diabetiker wird empfohlen, mindes­tens einmal pro Jahr die Füße von einem Arzt untersuchen zu lassen. [4] Bei Pa­tienten mit einer Nervenschädigung (Neuropathie) soll die Untersuchung einmal alle drei bis sechs Monate statt-finden, bei Patienten mit einer Durchblutungsstörung einmal alle zwei bis drei Monate und bei Patienten mit einer früheren Fußwunde oder einer Amputation einmal alle eins bis zwei Monate durch einen Facharzt. Diesem Rat folgen zumindest 87 Prozent der befragten Diabetiker.

Ausgabe 07/08 2016

Quellen:
[1] GEHWOL Diabetes-Report 2016. IDS Deutschland und INSIGHT Health, September 2015 (n = 3.265 Diabetiker via 120 Arztpraxen). Download: gehwol.de/service/fachwissen/
diabetes_und_fusspflege
[2] Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2016
[3] Patientenleitlinie zur Nationalen Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes: Präventions- und Behandlungsstrategien für ­Fußkomplikationen, BÄK, KBV, AWMF, April 2008
[4] Praxisempfehlungen der DDG: Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10 (Supplement 2): S172 – S180.

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Foto: Eakrin/Adobe Stock
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