Folgen Sie uns
24. Juli 2018
Redaktion

Praxiskauf – ein Bericht aus der Beratungspraxis

[Abo] Auf Seite 32 im FUSS 5/6 2018 genehmigte die Bank den Kredit für den Kauf einer Praxis. Betriebsberater Josef Förster schildert nun im zweiten Teil seiner „Kaufbegleitung“, wie es mit dem Praxiskauf weiterging und wie er erfolgreich abgeschlossen wurde.

Foto: Stephanie Hofschlaeger /pixelio.de

Zur Erinnerung – eine Podologin, Mitte 40, entschließt sich nach einigen Jahren als Arbeitnehmerin, in denen sie umfangreiche Erfahrungen gesammelt hat, zum Schritt in die Selbstständigkeit. Sie kennt Chancen und Risiken einer Selbstständigkeit und hat sich ausführlich damit beschäftigt.

Verträge unter Dach und Fach

Nach der Bewilligung des Kredites standen als nächstes die abschließenden Verhandlungen über den Kaufvertrag an. Es wurden verschiedene Punkte für die Bewertung einzelner Anlagegüter geklärt und auch besprochen, welche Materia-lien im Einzelnen übernommen werden sollten. Dann wurde der Kaufvertrag per Unterschrift unter Dach und Fach gebracht (mit dem Vorbehalt des Abschlusses des Mietvertrags).

Denn anschließend wurde mit dem Vermieter der Praxisräume verhandelt. Es herrschten Zweifel darüber, ob der Vermieter auf die Forderung nach einem Zehnjahres-Mietvertrag eingehen würde. Wie sich schnell herausstellte, war das aber kein Problem.

Eine zehnjährige Mietdauer ist deswegen sinnvoll, weil auch der Kreditvertrag einschließlich Tilgung über zehn Jahre läuft. Gelingt es dann auch noch, die Abschreibungen (nicht liquiditätswirksam, aber Kosten der Praxis) etwa in Höhe der Tilgungsrate zu halten so ist die Tilgung des Kredites kein großes Problem.

Ebenfalls problemlos gestaltete sich die Übernahme beziehungsweise Weiterführung vorhandener weiterer Verträge, zum Beispiel Telefon, was schon zum Teil im Kaufvertrag geregelt worden war.{pborder}

Personalführung ist lernbar

Als problematisch stellte sich die Übernahme und Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterinnen heraus. Beim Verkauf eines Unternehmens gehen kraft Gesetz die Arbeitsverträge mit Bestandsschutz auf den Käufer über. Die Personalsituation war reichlich verfahren und es gab eine unübersichtliche Gemengelage. So bedurfte es einer Reihe von klärenden Gesprächen, um die Mitarbeiterinnen zu überzeugen, den Weg mit einer neuen Chefin gemeinsam zu gehen.

Nach wenigen Wochen schon hat sich allerdings eine gute Zusammenarbeit entwickelt, auf der weiter aufgebaut werden soll. Die Mitarbeiterinnen haben sich auf die neue Person, deren Stil und deren Verständnis von Arbeitsprozessen eingelassen – zunächst vorsichtig und abwartend. Im Laufe der Zeit machten sich aber vertrauensbildende Maßnahmen auf beiden Seiten positiv bemerkbar.

Zunächst war es wichtig, in zweiseitigen persönlichen Gesprächen sich kennen zu lernen und näherzukommen. Schon das – und das Gespräch darüber –  lockerte das wechselseitige Verhältnis etwas auf. Schnell konnte auf der fachlichen und technischen Schiene eine Verständigung über Qualität, Hygiene und Standards erzielt werden.

Bewusstsein entwickeln

Der nächste Schritt war dann, daraus ein gemeinsames Bewusstsein zu entwickeln, das auch nach dem Wechsel der Eigentümerin eine Zusammenarbeit nicht nur möglich, sondern auch erfolgversprechend gestaltet werden könnte. In einem nächsten Schritt wurden die arbeitsvertraglichen Beziehungen vereinheitlicht, die Bezahlung transparent gemacht und angeglichen im Hinblick auf die Zukunft sämtliche Befristungen gestrichen. Das gefühlte gemeinsame Ziel verbindet und schafft Vertrauen. Denn stabile vertragliche Beziehungen nehmen Angst und Unsicherheit.

Diese Podologin hatte das Glück, aufgrund ihrer vorherigen beruflichen Tätigkeit – und weil sie es gelernt hat –  ein Händchen für Personalführung und Personalmanagement zu haben. Sonst hätte es ihr leicht passieren können, dass Mitarbeiterinnen die Praxis verlassen. Dann wäre der Erfolg des Kaufs stark gefährdet gewesen.

Deswegen ist eine Empfehlung, die ich im Unterricht und in der Praxisbe­ratung immer wieder gebe: „Gibt es auch keine Fortbildungspunkte, so sind Schulungen für Personalführung und Personalmanagement immer sinnvoll.“ Das gilt in gleichem Maße auch für betriebswirtschaftliche Kenntnisse.

Urlaub vor der Übernahme?

Mit einigen Befürchtungen wurde der Monat vor der Übernahme angesehen. Beide – Verkäuferin und Käuferin – hatten seit längerem geplant, in diesem Monat einen mehrwöchigen Urlaub anzutreten. Die nun allein arbeitenden Mitarbeiterinnen haben diese Phase gut bestanden.

Die Übernahme bringt Farbe

Endlich war aber der Tag der Übernahme da, die Praxis konnte in Besitz genommen werden. Nun ist es leider so, dass zum Verkauf anstehende Praxen nicht immer besondere Fürsorge und Pflege durch die Verkäuferinnen erfahren, so auch hier.

In den ersten Tagen nach der Übernahme standen dann zunächst Aufräumarbeiten an. Auch erwies es sich als zweckmäßig, nicht nur neue Farbe ins Leben, sondern auch in die Praxis zu bringen.

Nach einem Verkauf der Praxis muss die Kassenzulassung neu beantragt werden. Das ging völlig reibungslos mit dem vorgesehenen bürokratischen Aufwand über die Bühne.

Ebenso reibungslos gestaltete sich die Honorarabgrenzung. Die Verkäuferin rechnet das ab, was sie geleistet hat. Die Käuferin rechnet ihre Leistungen ab. Verträge mit den Krankenkassen sehen dafür gewisse Regularien vor.

Die im Kaufvertrag getroffene Vereinbarung, dass die Patientenunterlagen von der Käuferin verwaltet werden, ist sinnvoll. Jeder Patient, der die Praxis aufsucht, gibt damit zu erkennen, dass er sich in der Praxis weiterhin behandeln lassen möchte und insoweit auch mit der Übernahme seiner Patientenunterlagen einverstanden ist. Die Unterlagen derjenigen, die nicht wiederkommen, werden vertragsgemäß die nächsten zehn Jahre aufbewahrt und dann vernichtet.

Pech hat die Käuferin allerdings mit dem Zeitpunkt der Übernahme in Bezug auf den Datenschutz gehabt. Bei ihr bleibt jetzt der gesamte bürokratische Überbau nach der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hängen.

Insgesamt positive Erfahrungen

Die Erfahrung der ersten Wochen ist ausgesprochen positiv. Die Praxis konnte neue Kunden gewinnen. Die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsdienstleistern (Krankenhaus, Ärzte, Heil- und Hilfsmittelerbringer) läuft gut an. Die betriebswirtschaftlichen Zahlen scheinen in Ordnung.

Doch auch bei dieser Praxisübernahme hat sich bestätigt, was ich immer bemerke: Es dauert immer länger und es kostet immer mehr als geplant. Wobei die Planungsüberschreitung bei den Kosten auf Maßnahmen zurückzuführen ist, die sich erst im Laufe der Zeit herausstellten.

Vergütungen anpassen

Ein Problem wurde erst nach und nach in seiner ganzen Tragweite erkannt.

Nahezu jeder Kunde oder Patient hatte seine eigene Vergütungsvereinbarung. Diese stark unterschiedlich hohen Behandlungspreise können nur sehr sensibel und mit Augenmaß vereinheitlicht werden.

Mit einem Lächeln zur Arbeit

Mit einem „Tag der offenen Tür“ am Ende des ersten Übernahmemonats wurde die Praxisübernahme „gefeiert“. Es herrschte ein reges Kommen und Gehen. Die Mitarbeiterinnen waren ebenfalls da und wirkten gelöst und heiter.

Die Praxisinhaberin verabschiedete mich mit den Worten: „Ich bin zwar morgens die Erste und abends die Letzte, habe aber die Unterstützung von Partner und Familie. Ich gehe mit einem Lächeln in die Praxis und am Abend mit einem Lächeln nach Hause.“ «

Anschrift des Verfassers:
Dipl.-Verwaltungswirt (FH)/
Betriebswirt Josef Förster
Beratender Verwaltungswirt
Mommsenstr. 7
45144 Essen

Ausgabe 07-08 / 2018

Artikel als PDF herunterladen

Herunterladen

 

 

 

Foto: Eakrin/Adobe Stock
Zurück
Speichern
Nach oben