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11. Februar 2022
Anja Stoffel
Unguis incarnatus

Schriftliche Therapievereinbarungen

Die Dokumentation jeder Behandlung ist Pflicht. Schriftliche Zielvereinbarungen zwischen Patienten und Behandelnden sind in der Podologie aber eine Seltenheit. Warum es beim Unguis incarnatus und der Nagelkorrektur allerdings gar nicht „ohne“ geht, wie Ziele vereinbart und Dokumente verwaltet werden können, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Foto: sitthiphong/Adobe Stock

Warum sind Zielvereinbarungen wichtig?

Gerade beim Unguis incarnatus, dessen Behandlung unter Umständen lang, kompliziert, teuer und beratungsintensiv sein kann, sind Merkhilfen und schriftliche Erinnerungen für Patientinnen und Patienten hilfreich.
Ein Ersttermin ist häufig bis obenhin vollgepackt mit Informationen und die Patientin oder der Patient im Gegensatz dazu naturgemäß nur wenig aufnahmefähig. Schmerzen, Schlafmangel, Angst und ein manchmal jahrelang aufsummierter Leidensweg führen zu einer Überlagerung und verringerten Aufnahmekapazität für podologische Informationen. Wie das empfohlene Antiseptikum heißt, wer wann welche Spange bekommt, wo die Tamponade hingehört und wie ein richtiger Nagelschnitt geht, kann in solch einer Situation niemand abspeichern. Erinnerungslücken sind vorprogrammiert.
Aber nicht nur um Informationen sicher weiterzugeben und nichts zu vergessen (Stichwort „Therapievereinbarung“), sondern auch um im Behandlungsverlauf die Rollen und Aufgaben klar zu verteilen, sind schriftliche Arbeitsaufträge wie eine „Rezeptanforderung“ oder ein „Änderungsauftrag“ empfehlenswert. Dabei kommen klare Vereinbarungen und eine nachvollziehbare Dokumentation des gesamten Behandlungszyklus auch der behandelnden Person zugute. Konkret haben Merkhilfen und Zielvereinbarungen folgende Vorteile:
  • alle relevanten Informationen sind transparent verfügbar
  • weder vom Behandelnden noch von der Patientin oder dem Patienten werden wichtige Dinge vergessen, die zur Heilung beitragen
  • die Aufgaben sind klar zugewiesen (Wer macht wann was?)
  • die oder der Betroffene erlangt Sicherheit in der (Selbst-)Behandlung, wenn konkrete Anweisungen vorliegen
  • Verlauf außerhalb der Praxis wird beobachtbar (wenn – dann) und Maßnahmen lassen sich besser anpassen
  • Aufklärung sorgt für Sicherheit und Perspektive: Erfolg, aber auch Komplikationen können sicher beurteilt werden

Kein Zufall: Wann sind (schriftliche) Vereinbarungen therapieentscheidend?

Zu bestimmten Anlässen sind klare Vereinbarungen sogar therapieentscheidend, zum Beispiel,

  • um nach der Erstbehandlung Konsequenzen abzuleiten (Wie lange und aufwendig wird die Therapie?)
  • um unterstützende Maßnahmen zu vereinbaren (Selbsttherapie)
  • wenn bestimmte Produkte genutzt werden sollen (Was, wann und wie? Wann nicht mehr?)
  • um Folgetermine und weiterführende Behandlungen festzulegen (Spange, selbst tamponieren, Arzt, Nagelschnitt und Schuhwerk etc.)
  • wenn sich im Behandlungsverlauf etwas grundlegend ändert
Grafik: Anja Stoffel
1 Therapieanweisung für zuhause.

Dabei gilt generell: Je kritischer und komplexer der Fall, desto mehr therapiebegleitende Dokumentation ist erforderlich.

Beispiel 1: Die „Hausaufgabe“

Das Wort Hausaufgabe ist nicht gerade positiv belegt und weckt Assoziationen an Schulzeit und Leistungsdruck. „Therapieempfehlung oder -anweisung“ oder „Maßnahmen für zu Hause“ sind neutralere Begriffe. Wichtig ist die Ausdehnung der Therapie auf zu Hause allemal, denn an der konsequenten Selbstbehandlung entscheidet sich der Therapieerfolg – vor allem chronifizierter Fälle.

Eine kurze Empfehlung mit den wichtigsten Maßnahmen von Behandlungstermin zu Behandlungstermin reicht in der Regel aus, zum Beispiel auf einem DIN-A6-Papier mit kurzen Stichworten oder als „Blankovorlage“ für handschriftliche Hinweise, aber mit Firmenlogo und Kontaktmöglichkeiten.

Je konkreter und weniger floskelhaft die Anweisung, desto eher kann sie befolgt und nachvollzogen werden. Eine beispielhafte Therapieanweisung für zuhause („Hausaufgabe“) zeigt Kasten 1.

Verwaltung und Praktikabilität im Fokus

Auf keinen Fall soll nur mehr Papier produziert oder der Arbeitsablauf behindert werden. Deshalb ist ein praktisches und von jedem Teammitglied gleichermaßen handhabbares Dokumentensystem notwendig. Um die „Ablage“ zu organisieren, gibt es – abhängig von der Infrastruktur der Praxis – verschiedene Möglichkeiten.

Im Großteil der podologischen Praxen in Deutschland werden Dokumente komplett in Papierform abgelegt. Je nach Umfang der Dokumentenvorlagen kommt dabei eine Menge Papier zusammen – da ist jedes zusätzliche Dokument schlecht für den Platz und die Nachhaltigkeit. Ein klarer Vorteil der analogen Verwaltung ist dagegen, dass alle Teammitglieder und auch die Patientinnen und Patienten mit Papier und Stiften umgehen können und keinerlei digitale Hürden oder Schulungs- und Administrationsbedarf besteht.

Hybride Verwaltungsmethoden bereichern, spätestens seit es Smartphones mit Foto- und Kalenderfunktion gibt, die Dokumentation. In den meisten Betrieben mit Mitarbeitenden werden digitale Verwaltungen mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad angewendet. Hier ist es wichtig zu gewährleisten, dass Zusatzdokumente kompatibel sind und sich leicht bearbeiten lassen. Wenn schriftliche Vereinbarungen in Papierform unterzeichnet werden, können Kopien in der Ablage gespart werden, indem man Patienten das Original aushändigt, während die Praxis einen Scan oder ein Foto in der Dokumentation behält.
Eine ebenso praktische wie einfache Lösung ist das Laminieren der Dokumentenvorlagen mit abwaschbarer Unterschrift und Scan/Fotografie. Das spart Papier, ist hygienisch und mit keiner großen Investition verbunden.

Grafik: Anja Stoffel
2 Exemplarische Checkliste Tragehinweise.

Im Zuge der Telematik-Infrastrukturanbindung werden hier in den kommenden Jahren sicher noch viele Lösungen auf den Markt kommen. Da der Umstellungsprozess zur digitalen Praxis ohnehin vollzogen werden wird, dürfen die selbst geschaffenen Möglichkeiten durchaus einen provisorischen Charakter haben.

Benötigt jede Vereinbarung eine Unterschrift?

Es muss nicht jede Vereinbarung unterschrieben werden. Richtige Zielvereinbarungen sollten jedoch offiziell zur Kenntnis genommen werden und daher auch unterzeichnet werden. Die beiden wichtigsten Dokumente zur Nagelkorrektur sind die Tragehinweise und das Protokoll im Verlauf der Nagelkorrektur. Sie enthalten Haftungsausschlüsse – etwa für den Fall, dass die Spange verloren, mutwillig beschädigt wird oder der Kostenträger abspringt.

Beispiel 2: Die Tragehinweise
Tragehinweise, wie Sie sie exemplarisch in Kasten 2 finden, sollten den Patientinnen und Patienten wie ein Beipackzettel zur Orthonyxiebehandlung ausgehändigt und mit Unterschrift zur Kenntnis genommen werden, inklusive Risiken und Nebenwirkungen.

Grafik: Anja Stoffel
3 Protokoll Empfangsbestätigung Nagelkorrekturspange.

Beispiel 3: Das Protokoll
Protokolle haben sich bewährt, wenn viele Spangen gesetzt werden und individuelle Versetzungsfrequenzen erfolgen, was hoffentlich in diesem Jahr wieder der Fall sein wird. Hier ist transparent und übersichtlich für alle Beteiligten der Behandlungsverlauf dokumentiert und gegengezeichnet. Obwohl die empfangene Leistung auf einem zukünftigen „Spangenrezept“ sicher quittiert werden wird, ist ein Protokoll für Selbstzahler oder privat Versicherte weiterhin notwendig.

Abbildung 3 zeigt eine Mustervorlage zur Protokollierung der Therapie mit Textbausteinen zur Kostenübernahme.

Vorteile für alle Parteien

Vereinbarungen sind sinnvoll, um transparent und nachvollziehbar zu behandeln, die Beteiligung der Patientinnen und Patienten einzufordern und möglichst wenig dem Zufall zu überlassen. Bei der Nagelkorrektur sind zudem Haftungsausschlüsse bei Verlust des „Heilmittels“ und Hinweise zum Fördern und Erhalten des Therapieerfolges empfehlenswert.

Vorlagen müssen keiner speziellen Form genügen. Ob selbst erstellt oder anhand einer angepassten Vorlage bleibt Ihnen überlassen. Ebenso kann die Verwaltung der Dokumente sukzessive von rein analog über hybrid bis hin zu komplett digitalen Vorgängen entwickelt werden. Unterschriebene Formulare sorgen für Verbindlichkeit und Sicherheit. „Beipackzettel“ in Form von Merkhilfen erhöhen die Therapieadhärenz der Patientinnen und Patienten. Wer Therapien verständlich nachvollziehen kann, ist eher bereit mitzuhelfen und das Bestmögliche für den Erfolg zu tun.

Damit dienen schriftliche Vereinbarungen nicht nur der Praxis, sondern auch der Gesundheit der Patientinnen und Patienten.

  • Sollten Sie Interesse an den Dokumenten haben, besuchen Sie die Website www.podovision.de und laden Sie sich die Vorlagen herunter. Die Dokumente können beliebig angepasst und nachbearbeitet werden.

Autorin
Anja Stoffel
info@podovision.de
www.podovision.de

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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