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25. August 2022
Redaktion

Vom Anhängsel zum eigenständigen Beruf

Im Gespräch mit DER FUSS beleuchten Rolf Daßler, Günther Greppmayr und Alfons Pöppinghaus die Anfangsjahre der Podologie, den Weg dorthin – und damit auch ihre eigene Geschichte.



Foto: Smeilov/Adobe Stock

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Rolf Daßler: „Menschen helfen und frei entscheiden können“

Foto: Rolf Daßler – privatRolf Daßler ist seit 1982 in der Fußpflege und als Lehrkraft tätig gewesen. Ab 1992 war der Podologe für 16 Jahre als 1. Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen-Anhalt aktiv. Mit DER FUSS hat er über die Entstehung der Podologie in Deutschland und seine eigene Geschichte gesprochen. Seit 2021 befindet er sich Ruhestand und frönt seinen Hobbys – Bienen, Pflanzen und Brot.

Herr Daßler, wie sind Sie zur Fußpflege gekommen?
Eigentlich wollte ich eine Schlosserei betreiben; den Meisterbrief hatte ich schon in der Tasche. Doch das Startkapital und die Materialfrage waren große Hürden. Hinzu kam, dass es schon immer mein Bestreben war, Verantwortung für mich selbst zu übernehmen und nicht den Kopf hinhalten zu müssen, wie in meiner vorherigen Tätigkeit, wo ich für 120 Kollegen verantwortlich war. Also habe ich an der Medizinischen Fachschule in Halberstadt eine Ausbildung zum Fußpfleger begonnen, mit der man im Anschluss eine Gewerbegenehmigung beantragen konnte. Übrigens mit sehr viel Skepsis meiner Kollegen und Freunde.

1982 war dann ein Traum für mich in Erfüllung gegangen – ich hatte eine Gewerbegenehmigung zur Fußpflege. An eine Begebenheit aus der Anfangszeit kann ich mich noch genau erinnern: Vier Wochen nach meiner Eröffnung kam eine Dame zu mir. Sie hatte rechts und links Krallennägel und konnte schon seit einem Jahr nicht mehr laufen. Nach einer zweistündigen Behandlung – ich hatte ja keine Berufserfahrung – konnte die ältere Dame wieder richtig auftreten, fiel mir in die Arme und bedankte sich. Da wusste ich, dass es für mich die richtige Entscheidung war: Menschen helfen und frei entscheiden können.

Die Podologie feiert ihren 20. Geburtstag in Deutschland. Können Sie sich noch erinnern, wie sich die Situation vor 2002 darstellte?
Ja, sehr gut sogar. In Sachsen-Anhalt hatten wir als Verband das Glück, bereits im Jahr 1998 nach einjähriger Vorbereitung mit der zweijährigen Podologie-Ausbildung beginnen zu können. Initiator war die FIT – Ausbildungsakademie in Magdeburg. Das heißt, als das Gesetz in Kraft trat, hatten wir schon vier Jahre Vorlauf. Und die haben wir genutzt, um mit der Ärzteschaft, Krankenkassen und dem Diabetikerverband enger zusammenzuarbeiten. Unser Hauptziel war es, das Berufsbild des Podologen beziehungsweise der Podologin bekannt zu machen. Erreicht haben wir in dieser Zeit unter anderem, dass die AOK SA ein Projekt startete, um die Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsdisziplinen und Verbände zu fördern und zu schulen. Und wir konnten mit den Krankenkassen abrechnen. Das galt für Podolog*innen und Fußpfleger*innen, die vom Verband am diabetischen Fuß geschult worden
waren.

Welche Rolle spielte podo deutschland dabei?
Der ZFD hat Jahrzehnte lang für die Berufsanerkennung gekämpft und konnte die Politik letztendlich davon überzeugen, dass nur eine gesetzlich geregelte Ausbildung den Anforderungen an die Berufsausbildung gerecht wird. Denken wir nur an die „Sankt Vincent Deklaration“, die 1989 verabschiedet wurde, um schwere Folgeschäden bei Diabetes mellitus zu reduzieren. Wie wollte man ohne gut ausgebildete Podologen*innen eine qualifizierte Behandlung am diabetischen Fuß durchführen?

Was waren die größten Herausforderungen, nachdem das „Podologengesetz“ in Kraft getreten war?
Am Anfang standen wir vor vielen offenen Fragen: Wie schulen wir unsere langjährig tätigen Fußpfleger*innen bundesweit? Wie kann man die Podologie bekannt machen? Wie können der Bundesverband Schulen mit Lehrkräften helfen? Und viele mehr. Weil wir in Sachsen-Anhalt schon vier Jahre Vorlauf hatten, haben wir unsere Erfahrungen und Erkenntnisse genutzt, um die anderen Landesverbände zu unterstützen. Außerdem mussten die Schulen in die Lage versetzt, die 6-monatigen Lehrgänge anzubieten, für Kolleg*innen, die bereits in der Fußpflege tätig waren und während der Übergangszeit die Podologie-Prüfung ablegen wollten. Auch ich habe in dieser Zeit als freier Dozent in ganz Deutschland das Fach „Theorie in der Podologie“ unterrichtet. Meine Podologie-Ausbildung habe ich darum gleich in der ersten Klasse gemacht, die in Magdeburg angeboten wurde. Es macht sich einfach besser, wenn man vor einer Klasse steht.

Was hat das „Podologengesetz“ aus Ihrer Sicht verändert?
Das Podologengesetz hat nicht nur die Sichtweise von Krankenkassen und Ärzteschaft auf unseren Berufsstand verändert, sondern auch eine völlig neue Anerkennung unserer Arbeit mit sich gebracht.

Was sind für Sie die größten Meilensteine der letzten 20 Jahre?
Die größten Meilensteine sind für mich persönlich der eigene Fußkongress mit erheblich gestiegener Qualität, das ausgefeilte Fortbildungsprogramm sowie die Möglichkeit zur Ausbildung zum Sektoralen Heilpraktiker Podologie – kurz SHP.

Was sollte sich aus Ihrer Sicht noch ändern? Wie stellen Sie sich die Podologie im Jahr 2042 vor?
In den letzten 20 Jahren haben wir viel erreicht. Darauf ausruhen dürfen wir uns aber nicht. Ausgeweitet werden sollte zum Beispiel unbedingt die fachliche Aus- und Weiterbildung – schließlich gibt es nicht nur den diabetischen Fuß. Arbeiten müssen wir außerdem an der Repräsentation des Verbandes an den wenigen verbliebenen Schulen. Die Schülerinnen und Schüler dort sind schließlich unsere „Kaderreserve“. Wie in Belgien, wo die Podolog*innen Fußpflegende für die Fußpflege einstellen und sich selbst mit Wund- und Einlagenversorgung beschäftigen, sollten auch wir eine universitäre Ausbildung anstreben. Nur so können wir aus meiner Sicht langfristig die Qualität und das Ansehen der Podologie in Deutschland steigern. Für 2042 stelle ich mir vor, dass wir auch in Deutschland Operationen am Fuß durchführen können – so wie heute schon in Großbritannien.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Daßler.

 

Günther Greppmayr: „Eine Ergänzung zur Therapie des Arztes“

Foto: Günther Greppmayr – privatGünther Greppmayr ist Podologe seit 1995 und seit 1956 in der Fußpflege aktiv. 2017 hat er sich nach erfolgreichen Berufsjahren aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Sein Sohn Andreas Greppmayr führt die Praxis in der Nähe von München weiter. Dieser hat in England das 3-jährige Studium der Podiatry an der Universität von Brighton mit Bachelorabschluss absolviert. Zusammen mit DER FUSS blickt er noch einmal zurück auf die Anfangszeit der Podologie.

Herr Greppmayr, wie sind Sie zur Fußpflege gekommen?
Durch meinen Vater Josef Greppmayr, der einer der Berufspioniere in Deutschland war. In seinem Betrieb habe ich 1956 meine Ausbildung begonnen und 1959 die Prüfung des ZFD abgelegt. Tätig war ich als Podologe bis 2017. Das sind 61 Berufsjahre.

Wie hat Ihr Umfeld auf Ihre Berufswahl reagiert?
Als ich meinen Mitschülern erzählt habe, was mein Vater macht und was auch ich beabsichtigte zu tun, waren alle sehr distanziert und haben mich zum Teil auch belächelt. Das hat mich sehr verletzt. Gemacht habe ich es aber trotzdem, weil ich gesehen habe, dass mein Vater, der von 1920 bis zu seinem Tod im Jahr 1977 in der Fußpflege und im Berufsverband aktiv war, damit seine Familie auch in den Notzeiten von 1944 bis 1948 ernährt hat.

Die Podologie in Deutschland feiert ihren 20. Geburtstag. Wie war es für Sie, als das Gesetz in Kraft getreten ist?
Ich habe die Entscheidung als große Wertschätzung empfunden – und, in Anbetracht der Widerstände, die dafür überwunden werden mussten, als einen gigantischen Erfolg. Und darum ging es letztlich, dass man aus einer Tätigkeit, die ein Anhängsel war, einen eigenständigen Beruf macht.

Warum haben Sie sich dazu entschlossen, zum Podologen „umzuschulen“?
Ich hatte einen Betrieb mit sechs Mitarbeitenden und da wollte ich auf jeden Fall der am höchsten Qualifizierte sein.

Welche Rolle hat der Berufsverband bei der Entstehung der Podologie gespielt?
Aus meiner Sicht die entscheidende Rolle – denn ohne den ZFD wäre die Politik nie bereit gewesen, den Beruf zu etablieren. Was wir außerdem brauchten, war das „Okay“ der Mediziner. Es war entscheidend für den Berufsstand, dass wir sie davon überzeugen konnten, die Podologie als medizinischen Assistenzberuf zu sehen – als einen Beruf, der nicht in Konkurrenz zu ihnen steht, sondern ihre Arbeit vielmehr ergänzt.

Können Sie das näher erläutern?
Ein Dermatologe hätte niemals die Zeit, um zehn verdickte Nagelplatten abzuschleifen – und ist auch nicht dafür ausgebildet. Während meiner Ausbildung wurden Pilznägel in der Dermatologie alle einfach operativ entfernt und die gesunden Nachbarn gleich mit. Das hat sich zum Glück geändert. In meinen Berufsjahren habe ich die Podologie stets als Ergänzung zur Therapie des Arztes verstanden. Darum habe ich mir auch immer Visitenkarten drucken lassen, auf denen stand: „Ergänzung orthopädischer und dermatologischer Therapie“. Häufig kooperieren wir auch mit Internisten im Bereich Diabetes und Chirurgen, zum Beispiel bei der Narbennachsorge.

Wie würden Sie das Verhältnis zwischen Ärzteschaft und Fußpflege früher beschreiben?
In München hatten wir hier großes Glück: Seit die Dermatologen an unserem Kongress im Jahr 1964 teilgenommen hatten, standen wir mit der Klinik in engem Austausch. Die Ärzte dort waren sehr aufgeschlossen und wir schickten Patient*innen zur Behandlung und Diagnose hin und her. Vor allem bei der Behandlung taten sich damals schon Welten auf: Während in der Klinik noch Nagelabstriche mit Glasscherben gemacht wurden, haben wir schon längst mit Fräsen gearbeitet. Es war eine Zeit der „gegenseitigen Befruchtung“, würde ich sagen.

Technisch haben wir vieles aus der Dentaltechnik adaptiert – zum Beispiel Arbeitsleuchten, Hydraulik an den Behandlungsstühlen, aber auch schnelllaufende Motoren und Hygienemaßnahmen. Mein Vater war in den 1920ern der Erste, der mit rotierenden, elektrischen Apparaten arbeitete. Bis dahin nur gab es nur Zangen, Hobel, Skalpell, Feile und Raspel. Dafür waren besondere Fräsköpfe erforderlich. Diese waren zwar – wie bereits erwähnt – aus der Dentaltechnik bekannt, aber für Nägel und Haut nicht geeignet. Glücklicherweise hat er einen Hersteller gefunden, der die passenden Fräsköpfe für ihn entwickelt hat.

Was muss/sollte sich aus Ihrer Sicht noch ändern?
Vor 40, 50 Jahren konnte man noch sagen: „Ich kauf‘ mir eine Ausrüstung und werde Fußpfleger“. Völlig ungeprüft. Die Patient*innen waren nur durch die Haftpflichtversicherung des Behandelnden geschützt. Sonst gab es keine Regeln, Auflagen oder Mindestanforderungen. Das ist heute zum Glück anders – es muss sich aber trotzdem noch einiges tun.

Was für mich zum Beispiel wünschenswert wäre, ist eine Vereinheitlichung aller medizinischen Assistenzberufe – mit einem Abitur als Voraussetzung, ein oder zwei gemeinsamen Jahren und einer darauffolgenden Spezialisierung. Durch diese einheitliche Basis könnten wir die Qualität enorm verbessern. Das Berufsbild muss sich ständig weiterentwickeln.

Außerdem sollten sich die Kolleginnen und Kollegen viel öfter in Gemeinschaftspraxen oder Praxisgemeinschaften zusammenschließen. Ein Podologe kann all die Auflagen, die es heute gibt, aus meiner Sicht allein nicht erfüllen. Auch finanziell würde sich der Schritt rentieren. Allein die benötigte Technik kann eine oder einer allein heute nicht finanzieren.

Wogegen ich mich ausspreche, ist eine Ausweitung der Tätigkeit. Sie endet für mich am Unterschenkel. Natürlich sind in Amerika oder England auch kleine invasive Eingriffe oder kleine Fußoperationen möglich, da ist der Widerstand der Ärzteschaft in Mitteleuropa aber meiner Ansicht nach zu groß. Das werden sie sich nicht nehmen lassen. Für mich ist es aber auch nicht unbedingt notwendig. Denn das, was wir machen, ist so wertvoll und inzwischen bei Kunden wie Ärzteschaft gleichermaßen anerkannt. Aber wer weiß – in die Zukunft schauen kann man nicht.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Greppmayr.

 

Alfons Pöppinghaus: „Gute Podologen zu sein, ist das Ziel“

Foto: Alfons Pöppinghaus– privatBereits seit 1970 ist Podologe und Orthopädieschuhmachermeister Alfons Pöppinghaus Mitglied des ZFD im Landesverband NRW. Aktiv unterstützt hat er die Verbandsarbeit zwischen 1977 und 2011 – unter anderem als langjähriger Präsident des ZFD und 1. Vorsitzender des LV NRW. Ein perfekter Ansprechpartner also, wenn es um die Entwicklung der Podologie in Deutschland geht.

Herr Pöppinghaus, wie sind Sie zur Fußpflege gekommen? Was bedeutet der Beruf für Sie?
Durch den Medizinische-Fußpflege-Lehrgang an der Deutschen Schuhmacher Fachschule in Hannover im Rahmen des Vorbereitungslehrganges auf die Orthopädieschuhmachermeister-Prüfung. Der Beruf hat mich von Anfang an gefesselt, weil er mir Möglichkeit bot, Menschen mit Fußbeschwerden schnell und nachhaltig zu helfen.

Die Podologie in Deutschland feiert in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag. Wie hat sich die Situation für die Fußpflege in Deutschland dargestellt, bevor 2002 das Podologengesetz verabschiedet wurde?
Vor dem Podologengesetz gab es auf dem Gebiet der Fußpflege eine gewisse „Narrenfreiheit“ in der Berufsausübung: Jeder, der wollte, konnte sich Fußpfleger, medizinischer Fußpfleger, Fußspezialist oder sonst wie nennen und am menschlichen Fuß „herumlaborieren“. Eine Ausbildung oder gar Prüfung waren nicht erforderlich.

Zum Glück hat die Mehrheit, der auf diesem Sektor tätigen Mitmenschen, jedoch versucht, eine wie auch immer geartete Ausbildung mit ärztlicher Prüfung zu absolvieren. Es gab zu der Zeit unter den zahlreichen Fußpflege-Fachschulen gute bis sehr gute, aber eben auch schlechte und weniger gute.

Lediglich der ZFD als berufsständische Organisation hat schon sehr früh begonnen, im dualen System eine mehrjährige Ausbildung mit anschließender Verbandsprüfung einzuführen. Dabei erfolgte die praktische Ausbildung in verbandsangehörigen Praxen, begleitet von Pflichtseminaren und der theoretischen Unterrichtung an den Fachschulen der Landesverbände. Diese Ausbildung endete mit der ZFD-Verbandsprüfung, welche in der Theorie alle Unterrichtsfächer und in der Praxis drei Fußbehandlungen mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad umfasste. Bei der Findung der Durchschnittsnoten wurde die Praxis mit 60 Prozent und die Theorie mit 40 Prozent bewertet.

Wie kam es zum „Podologengesetz“? Welche Rolle spielte der ZFD dabei?
Schon seit Bestehen des ZFD haben sich die führenden Funktionsträger, allen voran der langjährige Präsident Karl-Heinz Hamme und sein Vize Paulgerd Arendt, intensiv um eine staatliche Regelung des Berufes mit bundeseinheitlicher Ausbildungs- und Prüfungsordnung und staatlicher Prüfung bemüht. Immer und immer wieder wurden die verschiedenen Ministerien bedrängt und von der Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Regelung zu überzeugen versucht. Wie so oft im Leben spielte Anfang der 80er-Jahre der Zufall eine Rolle: Der damalige 1. Vorsitzende des Landesverbandes Niedersachsen/Bremen, Ulrich Knoop, war Kegelbruder des Arbeits- und Sozialministers Niedersachsen, Herrn Schnipkoweit. Dieser versprach seinem Kegelbruder für den Fall, dass es in absehbarer Zeit nicht zu einem Bundesgesetz käme, eine landesrechtliche Regelung zu schaffen.

Dies geschah dann auch, jedoch unter der Vorgabe des Kultusministeriums, eigens zum Zwecke der entsprechenden Ausbildung eine Schule zu gründen, zu betreiben und zu finanzieren. Dazu war der ZFD mit all seinen Landesverbänden bereit.

Es wurde gespendet, erhöhte Beiträge gezahlt und Sponsoren gefunden, was das Zeug hielt. So entstand in Braunschweig die erste staatlich genehmigte Fachschule für Medizinische Fußpflege, in Trägerschaft des ZFD. Mit Stolz und wohl auch zu Recht sprechen wir von der „Mutter“ aller Podologie-Fachschulen. Die Gründungslehrer waren das Ehepaar Klaus Grünewald und Waltrud Jacobs-Grünewald, die mit viel Idealismus und Herzblut diese schwierige Aufgabe stemmten. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes Fachlehrer, weil sie das Fach mit viel Wissen und Können lehrten.

Wie ging es weiter?
Nach der landesrechtlichen Berufsregelung in Niedersachsen folgte wenig später eine Regelung im Freistaat Bayern – initiiert vom ZFD LV Bayern, in Kooperation mit dem BRK. Danach folgte dann die landesrechtliche Regelung in Sachsen-Anhalt, ebenfalls mithilfe des dortigen Landesverbandes im ZFD.

Obwohl der ZFD auf Bundesebene mit Unterstützung namhafter Mediziner aus den Bereichen Innere Medizin, Diabetologie, Dermatologie und Orthopädie wieder und wieder eine bundeseinheitliche Regelung anmahnte und auch vonseiten der zuständigen Fachabteilung im Bundesgesundheitsministerium gute Arbeit geleistet wurde, gab es auch immer wieder Rückschläge. So bedeutete etwa die Deutsche Einheit, so sehr wir uns auch darüber freuten, eine Unterbrechung, weil zunächst die Angleichung der Medizinalfachberufe in den alten und den neuen Bundesländern erfolgen musste. Letztlich führten alle Bemühungen unter der Bundesministerin Andrea Fischer zum Gesetzgebungsverfahren und zum Inkrafttreten des Podologengesetzes zum 1. Januar 2002.

Warum musste sich etwas ändern?
Nun, das liegt auf der Hand: weil sich der „Wildwuchs“ auf dem Gebiet der Fußpflege letztendlich in hohem Maße schädlich für die Volksgesundheit auswirkte.

Was waren die größten Herausforderungen nach der Verabschiedung des Gesetzes?
Die größten Herausforderungen bestanden darin, den neuen Berufsstand und die neue Berufsbezeichnung einer breiten Bevölkerungsschicht bekannt zu machen und den Unterschied zwischen der Fußpflege und der Podologie zu verdeutlichen. Darüber hinaus galt es, entsprechende Berufsfachschulen mit qualifizierten Lehrkräften zu finden, um eine ausreichende Anzahl an Fachkräften für eine optimale podologische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Was hat das „Podologengesetz“ aus Ihrer Sicht verändert?
Zum einen hat das Podologengesetz das Niveau des Berufes und damit das Ansehen in der Bevölkerung in erheblichem Maße verbessert. Zum anderen hat die Erweiterung der Ausbildungsinhalte und die zweijährige vollschulische Ausbildung mit staatlicher Prüfung eine Kooperation mit anderen Medizinalfachberufen und der Ärzteschaft auf Augenhöhe erst ermöglicht und damit dem Gesundheitswesen einen großen Dienst erwiesen.

Was sind für Sie die größten Meilensteine der letzten 20 Jahren?

Die staatliche Anerkennung des Berufes „Podologe/Podologin“ mit zweijähriger, vollschulischer Ausbildung samt integrierten Praktika und einer staatlichen Prüfung durch ein Bundesgesetz sowie die immer breiter werdende Bekanntheit des Berufes und des Unterschiedes zwischen der Fußpflege und der Podologie in der Bevölkerung. Hinzu kommt die größer gewordene Akzeptanz des Berufsstandes und seiner Angehörigen bei den angrenzenden Medizinalfachberufen und der Ärzteschaft, ebenso wie die Anerkennung des Berufsstandes und seiner Leistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen und die damit verbundene Zulassung der Leistungen als Heilmittel.

Was sollte sich aus Ihrer Sicht noch ändern?
Ich denke, dass eine Verlängerung der Ausbildung auf drei Jahre mit einem verstärkten Augenmerk auf die praktischen Tätigkeiten und einem größeren Anteil an praktischer Arbeit in der täglichen Praxis unbedingt anzustreben ist. Einer „Verakademisierung“ des Berufes, wie sie von einigen Funktionsträgern angedacht ist, stehe ich sehr kritisch gegenüber, weil wir nie den Anspruch hatten, „halbe Ärzte“ zu sein, sondern immer das Ziel vor Augen hatten, gute Podologen zu sein.

Eine akademische Ausbildung birgt zudem die Gefahr, dass hier wieder Symptombehandlungen statt umfangreicher Kausalbehandlungen forciert werden. Als Patient brauche ich keinen „Dipl.-Pod.“ oder gar „Dr. Pod.“, sondern eine Therapeutin oder einen Therapeuten, die oder der mich umfassend betreut – von der Befunderstellung über die fachgerechte Behandlung, einschließlich Druckentlastung und/oder Reibungsschutz, bis hin zur Empfehlung für die häusliche Pflege.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Pöppinghaus.

 

 

Autor: Cornelia Meier
Nach einem Abstecher in die Öffentlichkeitsarbeit leitet die gebürtige Augsburgerin seit Juli 2021 die Redaktion des Fachmagazins DER FUSS.
Cornelia Meier
Redakteurin
DER FUSS

 

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Foto: Eakrin/Adobe Stock
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