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27. Juli 2021
Redaktion

Aktueller Arbeitsschutzstandard für therapeutische Praxen

Mitarbeiter- und Patientenschutz stehen immer an erster Stelle, haben pandemiebedingt aber noch einmal besonders an Relevanz gewonnen. Doch worauf genau müssen Podologinnen und Podologen derzeit achten? DER FUSS stellt die wichtigsten Aspekte des aktuellen BGW-Arbeitsschutzstandards für therapeutische Praxen vor.



Foto: juliasudnitskaya/Adobe Stock

Damit Podologinnen und Podologen während der Corona-Pandemie sicher arbeiten können, hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) im Mai 2020 branchenspezifische SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards erstellt. Sie enthalten neben Hygieneregeln und Handlungsanweisungen räumliche Vorgaben sowie Informationen zu persönlicher Schutzausrüstung (PSA). Nun hat die BGW basierend auf den bestehenden Branchenstandards einen übergreifenden Arbeitsschutzstandard für therapeutische Praxen entwickelt. Hierzu gehören Praxen für Physiotherapie, Ergotherapie, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie ebenso wie Podologie, Hebammenkunde und verwandte Berufsgruppen. Er konkretisiert die „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel“ und den „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und schließt außerdem die „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ (Corona-ArbSchV) mit ein.

Betriebliches Hygienekonzept erstellen und umsetzen

Um die Beschäftigten vor einer Infektion zu schützen, besteht auch weiterhin die Verpflichtung, ein betriebliches Hygienekonzept zu erstellen und bei Bedarf im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu aktualisieren. Das heißt, Praxen müssen ein Konzept erstellen, das alle betrieblichen Infektionsschutzmaßnahmen für die Pandemiezeit festlegt, und entsprechend umsetzen. Als Grundlage dient hier die Gefährdungsbeurteilung. Berücksichtigt werden müssen weiterhin die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln. Das betriebliche Hygienekonzept muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Praxis zugänglich gemacht werden. Auch müssen die Beschäftigten zu den im Hygienekonzept festgelegten Maßnahmen unterwiesen werden.

10 m2 Mindestfläche pro Person sind nicht mehr erforderlich

Die strikte Vorgabe, dass eine Mindestfläche von 10 m2 pro Person nicht unterschritten werden darf, besteht nicht mehr. Betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen müssen aber auch weiterhin auf das notwendige Minimum reduziert bleiben. Das gilt auch für die Pausenzeiten. Empfohlen werden hier beispielsweise versetzte Arbeits- und Pausenzeiten. Auch die Anzahl der Personen, die sich in einem Raum aufhalten, sollte beschränkt werden. Zudem muss in allen Räumen der Praxis ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden.

An der Anmeldung und anderen Orten, an denen Personenansammlungen entstehen können, sollen die Schutzabstände etwa durch Bodenmarkierungen oder Absperrband gut erkennbar sein und an die jeweilige Personenanzahl angepasst werden. Auch die Nutzung von Verkehrswegen wie Treppen, Türen und Aufzüge muss entsprechend angepasst werden.

Ist es aufgrund baulicher Gegebenheiten oder anderweitiger betrieblicher Gründe nicht möglich, den erforderlichen Mindestabstand zwischen den anwesenden Personen zu gewährleisten, müssen anderweitige Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Diese können sowohl technischer als auch organisatorischer Natur sein. So können, wo möglich, beispielsweise die Praxismöbel umgestellt oder die Sitzgelegenheiten reduziert werden. Explizit nennt der BGW-Arbeitsschutzstandard dabei auch die Errichtung von transparenten Abtrennungen zwischen den Patientinnen und Patienten sowie den Beschäftigten.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten in diesen Situationen darüber hinaus FFP2-Masken oder vergleichbare Atemschutzmasken tragen; auch sollte vermehrt gelüftet werden.

Besprechungen und Schulungen in Präsenzform sollen nach Möglichkeit reduziert werden. Sind Präsenztermine erforderlich, müssen diese unter Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Die Ermittlung und Umsetzung der weiterführenden Schutzmaßnahmen liegt dabei in der Hand der Praxisleiterin beziehungsweise des Praxisleiters.

Nicht ohne Mund-Nase-Schutz

In den Räumen der Praxis sind die Beschäftigten bis auf Weiteres dazu angehalten, mindestens einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Ist der Schutz der Beschäftigten durch den Mund-Nasen-Schutz nicht ausreichend – etwa bei engem Kontakt zu Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Behandlung – ist eine FFP2-Maske oder vergleichbare Atemschutzmaske ohne Ausatemventil erforderlich. Abhängig von der Gefährdungsbeurteilung können hier außerdem Schutzkleidung und Augenschutz notwendig werden.

Ein Mund-Nase-Schutz ist für alle in der Praxis Pflicht.  Foto: Alfredo/AdobeStock

Das Tragen und Wechseln des Mund-Nase-Schutzes und der Atemmasken erfolgt nach den Vorgaben des jeweiligen Herstellers. Dabei gilt stets: Bei Durchfeuchtung muss – unabhängig von bestehenden Vorgaben – sofort gewechselt werden. Zur Verfügung gestellt wird der Mund-Nase-Schutz und andere persönliche Schutzausrüstung (PSA) wie Augenschutz oder Schutzkittel von der Praxisleitung. Sie hat obendrein dafür Sorge zu tragen, dass diese in ausreichender Zahl vorhanden sind. Der Praxisleitung obliegt es außerdem, die Mitarbeitenden in der richtigen Handhabung zu unterweisen.

Vor allem das Tragen von Atemschutzmasken bedeutet eine erhöhte Belastung für die Trägerinnen und Träger. Daher sollte nicht nur auf einen korrekten Umgang, sondern auch auf angemessene Tragezeiten und regelmäßige Pausen geachtet werden. Darüber hinaus sind auch weiterhin die AHA+L-Regel sowie sonstige Arbeitsschutzmaßnahmen umzusetzen.

Wann sind FFP2-Masken erforderlich?

Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass ein Mund-Nase-Schutz die Beschäftigten nicht ausreichend schützt, sind Atemschutzmasken (FFP2-Masken oder gleichwertige Masken) zu tragen. Notwendig werden kann dies unter anderem in folgenden Situationen

  • Patientin und Patient trägt keinen Mund-Nase-Schutz.
  • Bei der ausgeführten Tätigkeit ist mit einem erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen, beispielsweise durch lautes Sprechen oder andere Tätigkeiten, bei denen mit einem deutlich erhöhten Atemvolumen zu rechnen ist.
  • Der Raum ist nur schlecht belüftet.
  • In Arbeitsbereichen, in denen sich Personen mit einer ungeklärten Atemwegserkrankung befinden können, zum Beispiel in Pflegeheimen.
  • Erhöhte Gefährdungslage durch regional hohe Inzidenzen, Ausbruchsgeschehen oder durch das Auftreten von besorgniserregenden Varianten des SARS-CoV-2 (Mutationen).

Geht es um die Wahl der Atemmaske, kann in die Gefährdungsbeurteilung auch der Impf- oder Genesenenstatus von Beschäftigten beziehungsweise Patienten und Patientinnen miteinbezogen werden: So kann bei vollständig Geimpften oder Genesenen auch auf Atemschutzmasken verzichtet werden, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern unterschritten wird. Ein Mund-Nase-Schutz muss dabei aber auch von vollständig geimpften oder genesenen Beschäftigten getragen werden.

 

Fragen und Antworten rund um den Infektionsschutz


Darf die Praxis auch von Begleitpersonen betreten werden?

Begleitpersonen sind in den Praxisräumen nur nach Rücksprache erlaubt und wenn sie symptomfrei sind. Begleitpersonen müssen sich an die Hygiene- und Schutzmaßnahmen halten.

Sind Einzelfalllösungen möglich?
Ist ein Patient oder eine Patientin aufgrund körperlicher oder psychischer Einschränkungen nicht in der Lage, die Hygienestandards zu erfüllen, sollte bereits bei der Terminvereinbarung besprochen werden, welche alternativen Möglichkeiten bestehen. Hier gilt: Auch diese Maßnahmen müssen eine Virusübertragung verhindern.

Kann man einen Hausbesuch ablehnen, wenn sich nicht abklären lässt, ob die Hygienestandards eingehalten werden können?
Ist nicht gewährleistet, dass die erforderlichen Maßnahmen eingehalten werden können, und lässt sich der Termin aufgrund des Gesundheitszustandes vertagen, sollte er abgesagt oder – nach Möglichkeit in die Praxis – verschoben werden. Absagen und verschieben müssen Sie Termine auf jeden Fall bei an COVID-19 Erkrankten. Das gilt auch für Hausbesuche bei Personen, die unter Quarantäne stehen.

Welche Hygienemaßnahmen sind beim Anbieten von Zeitungen und Zeitschriften notwendig?
Empfohlen sind Hygienemaßnahmen, die eine Keimverschleppung auf Zeitungen, Zeitschriften und Personen verhindern. Dazu zählt: die Händehygiene von Beschäftigten, Patienten und Patientinnen sowie das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes.


Auch Patienten und Patientinnen sind gefragt
 
Nicht nur die Mitarbeitenden sind dazu angehalten, innerhalb der Praxisräume einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Auch die für Patientinnen und Patienten gilt eine Bedeckung von Mund und Nase. Die Art richtet sich dabei nach den aktuellen Verordnungen des jeweiligen Bundeslandes. Das gründliche Waschen oder Desinfizieren der Hände bei Betreten der Praxis ist ebenso weiterhin erforderlich.

Eine strikte Handhygiene ist essenziell. Auch Patienten und Patientinnen sollten beim Eintritt in die Praxis zunächst ihre Hände gründlich desinfizieren. Foto: Robert/AdobeStock

Generell sollte der Zutritt durch Patientinnen und Patienten nur nach Absprache erfolgen. So bleibt die Zahl der Personen in der Praxis überschaubar und Wartezeiten werden reduziert. Gleiches gilt für Handwerker und Handwerkerinnen sowie Kurier- und Lieferdienste. Auch bei Hausbesuchen sollten Patientinnen und Patienten einen angemessenen Mund-Nase-Schutz tragen. Findet die Behandlung in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung statt, müssen die Hygieneregeln der Praxis vorab mit denen der Einrichtung abgestimmt werden. Praxisfremde Personen müssen zudem – zum Beispiel mithilfe von Aushängen – über die Maßnahmen informiert werden, die aktuell in der Praxis gelten. Personen mit COVID-19-Symptomen und solche, für die behördliche Quarantäne angeordnet ist, dürfen die Praxisräume nicht betreten.

Die Dokumentation der Personenkontaktdaten ist dabei abhängig von den jeweiligen Vorgaben des Bundeslandes.

Regelmäßig lüften – auch in den Pausenräumen

Nicht nur die Behandlungs-, Gruppen- und Sanitärräume müssen regelmäßig gelüftet werden, um die Konzentration von möglicherweise in der Luft befindlichen virusbelasteten Aerosolen zu verringern. Selbiges gilt auch für Pausenräume: Halten sich hier mehrere Personen auf, reicht ein regelmäßiges Stoßlüften nicht mehr aus. Es muss durchgängig gelüftet werden.

Testangebotspflicht

Nach der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung sind Praxisinhaber und -inhaberinnen weiterhin verpflichtet, den Beschäftigten mindestens zweimal pro Woche ein Schnelltest-Angebot zu machen. Nicht erforderlich ist das Testangebot, wenn der Arbeitgeber durch andere Schutzmaßnahmen einen gleichwertigen Schutz gewährleistet oder einen bestehenden gleichwertigen Schutz nachweisen kann, etwa wenn eine Genesung oder vollständige Impfung besteht. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss aber auch hier regelmäßig geprüft werden, ob ein Testangebot nicht doch sinnvoll ist.

Mehr über die Abrechnung von Corona-Schnelltest erfahren Sie hier

Alle Vorgaben beachten

Rund um den Arbeitsschutz während der Corona-Pandemie gibt es eine Vielzahl von rechtlichen Vorgaben der Bundesländer und des Bundes, die den BGW-Standard ergänzen oder darüber hinaus gehen. Für einen umfassenden Infektionsschutz der Mitarbeitenden sowie der Patientinnen und Patienten sollte sich die Praxisleitung dazu umfassend informieren.

Den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard für therapeutische Praxen in der aktuellen Fassung finden Sie auf der Website der BGW. Diese Version löst die bisherigen Branchenarbeitsschutzstandards für die Podologie ab.

Nach Unterlagen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).

 

Autor: Cornelia Meier
Nach einem Abstecher in die Öffentlichkeitsarbeit leitet die gebürtige Augsburgerin seit Juli 2021 die Redaktion des Fachmagazins DER FUSS.
Cornelia Meier
Redakteurin
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Foto: Eakrin/Adobe Stock
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