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26. Januar 2017
Redaktion

Betrachtungen zur Metatarsalgie

Wenn der Verdacht auf eine Metatarsalgie vorliegt, sind Abgrenzungen zu ähnlichen Krankheitssymptomen (Differenzialdiagnosen) zwingend notwendig.

Zu möglichen Differenzialdiagnosen zählen die Morton Neuralgie, eine Entzündung der Gelenkkapsel (Metatarsitis), die Bursitis, ein Riss der Plantar­aponeurose im Bereich der Mittelfußköpfchen, Stressfrakturen, eine Atrophie des Fettgewebes (unter den Mittelfußköpfchen), die Köhler-II-Erkrankung (aseptische Knochennekrose), die rheumatoide Arthritis, die Sesamoiditis (Entzündung eines oder beider Sesambeine unter dem Kopf des Metatarsale1) sowie Verhornungen (Clavi, Callositas).

Sie sind im Vorfeld abzuklären, weil sie unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen benötigen.

Neben der Anamnese (Krankheitsgeschichte) des Patienten muss nach der speziellen Ätiologie (Entstehungsursache) der Erkrankung gesucht werden. Zur ärztlichen Diagnose kann hierzu entweder die Ultraschalluntersuchung, die Röntgenaufnahme oder die Magnetresonanztomografie (MRT) herangezogen werden.

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Ursachen

Es kann viele Ursachen für eine Metatarsalgie geben:

  • ein biomechanisch bedingtes Ungleichgewicht der auf den Fuß einwirkenden Kräfte und damit Fehlbelastungen;
  • systemische Erkrankungen;
  • oder lokal bedingte Pathologien.

In diesem Artikel wird speziell die Entzündung der Gelenkkapsel eines Mittelfußköpfchens – die Metatarsitis – als ­Ursache einer Metatarsalgie, betrachtet.

Die Metatarsitis entsteht entweder durch Überlastung des vorderen Fuß­bereichs oder einer ungleichmäßigen Verteilung des Körpergewichts auf die Metatarsalen.

Der Fuß hält das Gleichgewicht (die ­Balance) des Körpers und unterstützt

die Fortbewegung durch seine Möglichkeit, sich den Bodenunebenheiten an­zupassen. Während der Abstoßung

vom Boden (Propulsion) wirkt der Fuß – während der frühen und späten Phase der Gangabwicklung – als Hebelarm.

Einige Studien [1] werteten deshalb Ganganalysen aus, um die Muskelfunktion des Körpers und die Gelenkbeweglichkeit in den Befund einbeziehen zu können.

Die Autoren fanden heraus, dass alle Patienten mit rheumatoider Arthritis eine geringere Gelenkbeweglichkeit in ­allen Körperebenen besaßen. Während der Gangabwicklung gab es mehr Pronation des Rückfußes und einen verringerten Bewegungsumfang der Gelenke. Die hypothetische Folgerung der Autoren lautete daraus, dass die verkürzten Schritte der Patienten, ihr langsamerer Gang und ihre verminderte Propulsion die Kontaktzeit mit dem Boden verlängere und daraus eine Mehrbelastung des Vorfußes erfolge.

Wie effektiv können Druckentlastungen sein?

Für Podologen wäre – wenn man chirurgische Maßnahmen ausklammert – die folgerichtige Behandlung die Verwendung von Druckentlastungen oder Orthosen.

Es existieren allerdings nur wenige Studien, die eine Anwendung von Orthosen unterstützen – obgleich Podologen und andere medizinischen Berufe sie seit Jahren verwenden.

Die Therapien mit Druckentlastungen beziehungsweise Orthosen haben das Ziel, die gleichmäßige Belastung der Metatarsalköpfchen wieder herzustellen, und dadurch den überlasteten Bereich vor stärkerem Druck zu schützen.

In den vergangenen Jahren haben sich die Entlastungsmethoden bei Metatar-

sitis kaum verändert. Was sich geändert hat, ist die bessere Analyse des plantaren Druckes. Hierdurch kann die Entlas-tung an der richtigen Stelle angebracht und die Wirksamkeit der Orthose be­ziehungsweise des Entlastungspolsters überprüft werden.

Es gibt Änderungen bei den Polsterformen und Orthosen, die dadurch effektiver den Fuß bei Metatarsitis entlas-ten. Zu nennen ist das Material aus 100 Prozent Wollfilz zur Abstützung der Metatarsalköpfchen. Sie ist die übliche Maßnahme am Fuß zur Behandlung der Metatarsitis.

Der eigentliche Sinn der Metatarsal-Abpolsterungen ist es, bei Belastung das Körpergewicht proximal unter den Metatarsalköpfchen zu verteilen. Manche Autoren sind überzeugt, dass zusätzlich eine Reduktion der plantar einwirkenden Kräfte erfolgt, wenn sie über ein größeres Gebiet des Vorfußes reichen [2].

In Ergänzung zu der Metatarsal Ab-polsterung ist eine wesentliche Behandlungsmaßnahme bei einem Neurom im Vorfuß, dass die Orthose (hier „Morton-Keil“ aus Silikon) den Abstand zwischen den Metatarsalköpfchen vergrößert.

Wo genau bringe ich die Abpolsterung an?

Da es eine Vielzahl unterschiedlicher Vorfuß-Abpolsterungen gibt, ist ihre Wirksamkeit ebenso wie ihre Anbringung oft widersprüchlich.

Die Autoren R. Hayda et al. [3] erhielten unterschiedliche Ergebnisse, wenn die Anbringung der Abpolsterung korrekt beziehungsweise unkorrekt war. Die optimale Druckreduzierung wurde nach ihrer Ansicht erreicht, wenn die Vorfuß-Abpolsterung unmittelbar proximal unter den Köpfchen angebracht war.

Dagegen vertreten A. Deshaies et al. [4] nach einer Studie mit 35 Patienten die Meinung, dass nach Art eines „Plateau“ geformten Polsters unter dem Vorfuß (über die Köpfchen hinaus) besser zur Reduzierung der Belastung geeignet sei als die Abpolsterung proximal der Metatarsalköpfchen. Dies kann in gewisser Weise missverstanden werden, weil sich die Literatur meist auf „Plateau-Sohlen“ bezieht, die unter dem Schuh angebracht werden.

Schließlich untersuchten L. Nordsiden et al. [5] bei 20 Patienten die Wirkung von drei unterschiedlichen Vorfuß-Abpolsterungen in Bezug auf ihre Entlas-tungswirkung:

  • ein Metatarsalpolster (nierenförmig);
  • ein U-förmiges Polster;
  • und ein Ringpolster.

Das Spreizfußpolster wurde zur Entlas­tung der Metatarsalköpfchen am effek­tivsten empfunden und ihr Komfort im Schuh mit „gut“ beurteilt. Es wirkte ein wenig besser als die U-förmigen Polster. Ein außergewöhnlicher Weg – um die Wirksamkeit der Abpolsterungen zu bewerten – wäre die computergestützte Druckmessung (Pedographie) im Schuh in Zusammenhang mit dem Anbringungsort der Polster gewesen. Dies hatte jedoch den Kostenrahmen der Autoren gesprengt.

Die bisher vorgestellten Entlastungsmaßnahmen haben gemeinsam, dass sie nur bei beweglichen, nicht durch Muskel- und Bänderkontraktion fixierten, Fehlstellungen des Vorfußes mehr oder minder erfolgreich sein können. Bei versteiften Strukturen im Vorfußbereich ist eine auf die Lagekorrektur ausgerichtete Entlastung gegen die Metatarsitis eher schmerzhaft als hilfreich.

Bei den zitierten Entlastungsbeispielen der Autoren vermisse ich das Prinzip der gleichmäßigen Druckverteilung unter den Metatarsalköpfchen. Eine Überlas-tung, meist des 2. Metatarsalköpfchens, kann ja nur entstehen wenn die rest­lichen Mittelfußköpfchen das Körpergewicht durch mangelnden Bodenkontakt nur zum Teil oder gar nicht mit tragen. Solange alle Mittelfußköpfchen ihre Belastungsfunktion wahrnehmen können wird es zu keiner Metatarsitis kommen. Voraussetzung für diese Anschauung ist die 1979 erschienene französische Doku­mentation[6] über den Vorfuß. Sie ­widersprach der langläufigen Auffassung des vorderen Gewölbes im Vorfuß. Es wurde festgestellt, dass alle Mittelfußköpfchen bei Belastung des Fußes aufliegen und bei einem gesunden Fuß gleichmäßig Gewicht tragen.

Das vordere Quergewölbe ist nur dann vorhanden wenn ein gesunder Fuß unbelastet ist.

Um die stärkere Druckeinwirkung auf ein Mittelfußköpfchen zu verhindern kann eine wirksame Entlastung nur dadurch eintreten, dass die höher liegenden Köpfchen wieder in Bodenkontakt gebracht werden. Dies geschieht durch entsprechende Wollfilz- oder semiharte Unterpolsterung unter Freilassung des tiefst liegenden, überlasteten Metatarsalköpfchens (Abb. 4 + 5)

Mit den heute zur Verfügung stehenden Computergestützten Drucksensorplatten lässt sich diese Art der Druckverteilung über eine größere Fläche nicht nur überprüfen, sondern auch die unterschiedliche Höhe der Abpolsterung unter dem Fuß kontrollieren.

Leichter erschwinglich – aber weniger genau – ist der Blauabdruck des Fußes mit der „Harris and Beath Mat“, bei der die Unterseite der Auftrittsfläche mit ­Gewebe kaschiert ist. Je nach Stärke der Belastung fließen hier die Linien des ­Gewebes mehr zusammen oder auseinander.

Zusammenfassung

Die Metatarsalgie kann viele Ursachen haben. Zur Unterscheidung ähnlicher Erkrankungen ist eine eindeutige Diagnose notwendig.

Zum Teil haben sich konservative Entlastungsmethoden durch unterschiedlich geformte Metatarsal-Polster bewährt. Ihre Anbringung unter dem Fuß wird kontrovers diskutiert.

Nach Ansicht des Autors ist das Prinzip der Druckverteilung in diesem Falle wirksamer, als die früher verwendeten Druckentlastungen. Hierzu wird ein Verfahren vorgestellt, was der Entlastung bei einer Metatarsitis am Nächsten kommt. Da die Verformung des Vorfußes „unterfüttert“ wird ist diese Entlas­tungsmethode nicht nur bei einer Metatarsitis sondern auch für die durch ­Rheuma oder Neuropathie veränderten Füße geeignet.

Erst längere Erfahrungswerte mit verschiedenen Materialien geben Erkenntnisse und Sicherheit im Umgang mit der Abpolsterung. «

Literatur

[1] J. Woodburn, K. Nelson, K. Siegel, “Multisegment foot motion during gait: proof of concept in rheumatoid arthritis”, Journal of Rheumatologie (2004); 31(1):1918-1927

[2] K. B. Landorf, P. Y. Lee, D. R. Bonanno, H. B. Menz, “Comparison of the pressure- relieving properties of various types of forefoot pads in older people with forefoot pain”, Journal of Foot and Ankle Research (2014); 7(1):18

[3] R. Hayda,M.D. K. Tremaine, S. Banco, Teed, “Effekt of metatarsal pads and their positioning: a quantitative assess­ment”, Foot and Ankle International (1994); 15(10): 561-566

[4] A. Deshaies, P. Roy, P. D. Symeonidis, LaRue, N. Murphi, E. Anctil, „Metatarsal bars more effective than metatarsal pads in reducing impulse on the second metatarsal head“ Journal of Foot and ­Ankle Research (2011); 21(4):172-175

[5] L. Nordsiden, B. L. van Lunen, M. L. Walker, N. Cortes, M. Pasquale, J.A. Onate, “The effect of three foot pads on plantar pressure of pes planus foot type”, Journal of Sport Rehabilitation (2010); 19(1):71-85

[6] A. Viladot, “Pathologie de l’avant-pied”, Expansion Scientifique Francaise (1979) ISBN 2-7046-1008-8 Klaus Grünewald, „Theorie der medizinischen Fußbehandlung, Band 3 – Podologische Biomechanik”, Verlag Neuer Merkur, Planegg (2014) ISBN: 978-3-95409-013-6

Literatur

[1] J. Woodburn, K. Nelson, K. Siegel, “Multisegment foot motion during gait: proof of concept in rheumatoid arthritis”, Journal of Rheumatologie (2004); 31(1):1918-1927

[2] K. B. Landorf, P. Y. Lee, D. R. Bonanno, H. B. Menz, “Comparison of the pressure- relieving properties of various types of forefoot pads in older people with forefoot pain”, Journal of Foot and Ankle Research (2014); 7(1):18

[3] R. Hayda,M.D. K. Tremaine, S. Banco, Teed, “Effekt of metatarsal pads and their positioning: a quantitative assess­ment”, Foot and Ankle International (1994); 15(10): 561-566

[4] A. Deshaies, P. Roy, P. D. Symeonidis, LaRue, N. Murphi, E. Anctil, „Metatarsal bars more effective than metatarsal pads in reducing impulse on the second metatarsal head“ Journal of Foot and ­Ankle Research (2011); 21(4):172-175

[5] L. Nordsiden, B. L. van Lunen, M. L. Walker, N. Cortes, M. Pasquale, J.A. Onate, “The effect of three foot pads on plantar pressure of pes planus foot type”, Journal of Sport Rehabilitation (2010); 19(1):71-85

[6] A. Viladot, “Pathologie de l’avant-pied”, Expansion Scientifique Francaise (1979) ISBN 2-7046-1008-8 Klaus Grünewald, „Theorie der medizinischen Fußbehandlung, Band 3 – Podologische Biomechanik”, Verlag Neuer Merkur, Planegg (2014) ISBN: 978-3-95409-013-6

Literatur
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