Blick über den Tellerrand: Podologie in Südtirol
[Abo] Südtirol ist weit mehr als ein attraktives Urlaubs- und Ausflugsziel. Ein Besuch hat unsere Autorin Melanie Roithner inspiriert, sich einmal näher mit der Podologie-Ausbildung in der italienischen Provinz zu befassen. Auf ihrer Reise legte sie außerdem einen Zwischenstopp im Zentrum für Podologie Südtirol in Bozen ein, um die Praxis- und Werkstatträume zu besichtigen.
Podologie-Ausbildung in Südtirol/Italien
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Lebenserwartung in den Industrienationen und der damit verbundenen Zunahme typischer chronischer Krankheiten nimmt die Bedeutung der Podologie auch in Italien zu. Wer in Italien und damit auch in Südtirol als Podolog*in tätig sein möchte, muss den dazugehörigen Studientitel tragen und in die entsprechende Berufskammer eingetragen sein. Für eine Anstellung in der öffentlichen Verwaltung sind zudem bestimmte Sprachnachweise sowie das Bestehen einer öffentlichen Wettbewerbsprüfung erforderlich.{pborder}
Um den Beruf auszuüben, kann man beispielsweise an der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe „Claudiana“ in Bozen einen Fachhochschulabschluss in Podologie erlangen. Der dreijährige Studiengang vermittelt dabei nach Aussagen der Bildungseinrichtung „die notwendigen, vom spezifischen Berufsprofil vorgesehenen beruflichen Kompetenzen und verleiht den Absolventen den berufsbefähigenden Studientitel in Podologie“.
Neben der Theorie liegt der Ausbildungsschwerpunkt in Bozen in der Vermittlung der Praxis in Form von Praktika, die in akkreditierten und mit der Universität vertraglich gebundenen Einrichtungen erfolgen. Neben der Diagnose und Behandlung podologischer Krankheitsbilder gehört die eigenhändige Anfertigung von Orthesen gleichermaßen zum Ausbildungsprogramm.
Auch in den anderen italienischen Provinzen bieten einige Universitäten die Möglichkeit, einen sogenannten Laurea in Podologia (Professioni sanitarie della riabilitazione) zu erreichen. Die Studienzeit beläuft sich in der Regel auf drei Jahre. Die Studiengänge werden zum Teil jedoch nicht in jedem Jahr angeboten.
Nach ihrer Ausbildung beschäftigen sich italienische Podolog*innen mit den Themenbereichen Prävention, Gesundheitserziehung und Beratung. Zudem sind sie als Therapeut*innen in die Rehabilitation risikoreicher Krankheiten wie Diabetes mellitus, rheumatischen Erkrankungen und Kreislaufproblemen eingebunden und behandeln allgemeine Fußkrankheiten wie Hyperkeratosen und Nagelprobleme. In enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Ärzt*innen sind die Kolleg*innen darüber hinaus verstärkt an der Diagnose und Behandlung von Haltungsstörungen und motorischen Defekten der unteren Extremität beteiligt.
Spezialisierungen für Podolog*innen
Im Vergleich zur Ausbildung in Deutschland erlernen italienische Podolog*innen noch weitere Behandlungsmöglichkeiten. So haben die Kolleg*innen etwa die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Hospitation in folgende Bereiche zu spezialisieren:
- Vibrationstherapie: Die Hauptfunktion dieser podologischen Leistung ist es, den Blutkreislauf, den Lymphkreislauf und die Hauptlymphstationen anzuregen, um den Abtransport von Schlackenstoffen und überschüssiger Flüssigkeit zu fördern. Vibrationswellen wirken außerdem entzündungshemmend und abschwellend.
- Stoßwellentherapie: In der modernen Schmerztherapie wird die Energie der Stoßwellen auf die Schmerzzonen im menschlichen Körper übertragen. Dort kann sie ihre heilende Wirkung entfalten. Heilungsprozesse im Körper können beschleunigt werden, der Stoffwechsel wird angeregt, die Durchblutung wird gesteigert, geschädigtes Gewebe kann sich regenerieren und ausheilen.
- Ultraschall: Die Sonografie (Ultraschalluntersuchung) ist ein bildgebendes nicht-invasives Verfahren, das schnell, schmerzlos und wiederholbar ist und keine Nebenwirkungen bei der Patientin oder dem Patienten hervorruft.
- Magnetfeldtherapie: Die Niedrigfrequenz-Magnetfeldtherapie lindert Schmerzen und fördert die Regeneration des Gewebes und Kalziumeinlagerung in den Knochen. Diese Form der Therapie beschleunigt den Heilungsprozess bei Knochenbrüchen und trägt zu einem milderen Verlauf bei Osteoporose, Osteopenie, Osteonekrose, Arthritis, Arthrose und Rheuma bei.
Weiterführendes Studium
Möglich ist in Italien außerdem ein Masterstudium der klinischen Posturologie (posturologia e percezione del movimento). Angeboten wird der einjährige Studiengang derzeit etwa an der Universität Pisa.
Die Posturologie ist die Lehre von der (richtigen) Körperhaltung und die Korrektur von Haltungs- und Bewegungspathologien. In der Posturologie wird ursächlich behandelt. Zielsetzung ist die „Umprogrammierung“ des Haltungssystems. Dabei unterscheidet man statische Konsequenzen der asymmetrischen oder disharmonischen Füße.
Das Zentrum für Podologie Südtirol
Das Südtiroler Podologiezentrum ist eine soziale Kooperative (ONLUS), die ihre Aktivität im Januar 1985 mit der Eröffnung der Ambulanzen in Gschelbter-Turm-Weg in Bozen aufgenommen hat. Das Hauptziel der Kooperative ist die Leitung der ersten Fußklinik in Bozen, die seit Juni 2016 ihre Tore geöffnet hat. Zielgruppe sind Privatpatient*innen und Menschen mit Diabetes.
Die Klinik bietet nach eigenen Aussagen einen qualifizierten podologischen Dienst für Menschen jeden Alters – von Kindern bis hin zu Senioren. „Wir können auch [einen] häuslichen Pflegedienst für Menschen mit Mobilitätsschwierigkeiten leisten, und unsere Podologen sind auch in den städtischen Seniorenheimen in Bozen aktiv“, heißt es auf der Website der Gesundheitseinrichtung. Die Nachbehandlung nach einer Operation gehört ebenfalls zum Leistungsspektrum.
Podologische Leistungen in Bozen
Behandelt werden in Bozen alle präventiven, diagnostischen und therapeutischen Aspekte der Pathologien des Fußes. Des Weiteren erfolgt die Behandlung des Platt- und Hohlfußes, eingewachsener Nägel, von Nagel- und Fußpilz sowie von Warzen.
Darüber hinaus sind die angestellten Podolog*innen auf den Entwurf und die anschließende Lieferung von maßgefertigten Schuheinlagen spezialisiert, die in einem eigens eingerichteten Labor neben der Klinik hergestellt werden. Sie wirken haltungskorrigierend oder dienen als Entlastung im Zehenbereich.
Außerdem führen die Podolog*innen vor Ort diagnostische Untersuchungen mithilfe der sogenannten baropodometrischen Ganganalyse aus. Sie ist grundlegend für die Bewertung des Ganges und die Realisierung von personalisierten, auf die Patientin oder den Patienten angepassten Einlegesohlen.
Was ist das Baropodometer?
Bei der Gangbildanalyse handelt es sich um eine Kombination von elektronischem Baropodometer mit Druckmessung der Fußsohlenbelastung im Stand und beim Gehen. Die Daten werden mit einer Software bearbeitet und können bei Bedarf farbig ausgedruckt werden. Idealerweise können Sportler*innen oder Patient*innen mit Diabetes mellitus, neurologischen Störungen oder anderen Deformitäten vor einer eingeleiteten Therapie begutachtet werden. Möglich ist auch eine Videoaufzeichnung des Gangbildes – mit und ohne Hilfsmittelversorgung.
Autorin
Melanie Roithner
E-Mail: melanie.roithner@gmail.com
www.podologie.land
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