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4. April 2022
Redaktion

Bye bye, Rückenschmerzen

Rücken- und Nackenschmerzen begleiten viele Podologinnen und Podologen im Arbeitsalltag. Ursache ist häufig eine falsche Körperhaltung – beim Sitzen, Stehen sowie beim Heben und Tragen von Lasten. Tipps und Tricks für ergonomisches Arbeiten in der Podologie-Praxis gibt Autor Rolf Leicher.
Foto: astrosystem/Adobe Stock

Richtig sitzen

Nach vorn gebeugtes Sitzen bei der Behandlung führt zur Entwicklung eines Rundrückens und ist für die Atmungsorgane ungünstig. Eine ergonomische Sitzgelegenheit allein nützt allerdings wenig, wenn man falsch darauf sitzt oder die Verstellmöglichkeiten nicht genutzt werden. Es ist zwar umständlich, aber sinnvoll, wenn der Stuhl auf die jeweilige Person und deren Körpergröße eingestellt ist.

Beim ergonomischen Sitzen müssen die Oberschenkel im rechten Winkel zu den Unterschenkeln sein; die Füße stehen also nicht unter der Sitzfläche. Die Füße sollten dabei 30 bis 50 cm auseinanderstehen und keinesfalls überkreuzt werden. Eine Sitzhaltung auf der Vorderkante der Sitzfläche sollte vermieden werden. Eine aufrechte Sitzhaltung ist zwar anstrengend, muss aber zur festen Gewohnheit werden – also zwischendurch immer wieder ganz bewusst den Rücken aufrichten und die Schultern zurücknehmen. Die Sitzfläche ist idealerweise hinten etwas erhöht oder sie hat einen Wulst, dadurch wird die Lendenwirbelsäule aufgerichtet, weil das Becken die Lage verändert.

Auch bei einer vornübergebeugten Haltung während der Arbeit sollte der Rücken gerade gehalten werden, egal wo man sitzt. Mühelos richtet sich dann der ganze Rücken auf; der Bauch hat mehr Raum zum Atmen. Anfangs muss man sich darauf konzentrieren, bis das alles zur festen Gewohnheit wird. Hilfreich ist außerdem ein häufiger Wechsel zwischen rechter und linker Verlagerung der Sitzhaltung. Oder anders ausgedrückt: das dynamische Sitzen.

Auch ein häufiger Wechsel zwischen stehender und sitzender Arbeitshaltung ist ratsam. Ermüdungserscheinungen werden dadurch weitgehend aufgehoben. Zudem werden im Stehen und im Sitzen unterschiedliche Muskeln beansprucht, sodass jeder Haltungswechsel mit einer Entlastung verbunden ist.

Viel lässt sich auch mit Kleinigkeiten erreichen: Hat man die Pflegeprodukte früher in Reichweite gestellt, damit man während der Behandlung nicht aufstehen muss, weiß man inzwischen, dass kurzes Aufstehen sinnvoll ist. Zudem bietet es sich bei der Büroarbeit an, die Lektüre in die Hand zu nehmen, damit der Kopf aufrecht bleibt.

Richtig stehen

Bei der Behandlung im Stehen wird die Wirbelsäule belastet. Selbst jüngere Podologinnen und Podologen klagen nach längerem Stehen über Schmerzen im unteren Rückenbereich oder im Nacken. Der Grund: Hals- und Lendenwirbelsäule werden beim längeren Stehen in gleicher Haltung stark belastet und das führt auf Dauer zu Kreuzschmerzen.

Auch die Haltung des Kopfes und der Schultern beeinflusst das Stehen. Wer unbewusst den Kopf leicht nach rechts neigt, belastet auch das rechte Bein stärker. Die Schultern werden im Stehen oft unmerklich etwas nach oben gezogen, eine Verspannung der Nackenmuskeln ist die Folge. Größere Personen haben darüber hinaus oftmals eine leichte Neigung des Oberkörpers nach vorne. Eine Haltung, die besonders den unteren Lendenwirbelbereich belastet.

Abhilfe kann das sogenannte „dynamische Stehen“ schaffen. Dabei verändert man durch den gelegentlichen Wechsel von Stand- und Spielbein gezielt die eigene Haltung. Zwischendurch kann man für einige Sekunden beim Spielbein die Ferse und dann wieder die Fußspitze leicht anheben. Das reduziert die Ermüdung der Beine. Idealerweise stehen die Beine dabei etwa hüftbreit auseinander. Durch das Heben der Fußspitze werden die Muskeln im Unterschenkel angespannt, was auf Dauer das Krampfaderrisiko verringert. Eine weitere Möglichkeit ist es, das eine Bein um eine Fußlänge vor das andere zu stellen und dabei Stand- und Spielbein zu wechseln.

Wie beim dynamischen Sitzen ist auch hier Geduld gefragt. Muss man sich zunächst auf die neue Art der Körperhaltung konzentrieren, nimmt der Körper die richtige Haltung nach einer Eingewöhnungsphase automatisch an und vorzeitiges Ermüden bei der Arbeit im Stand wird vermieden.

Grafik: Rolf Leicher

Lasten richtig heben und tragen

Beim Hausbesuch nimmt man Gegenstände mit zum Kunden, die Tasche ist schwer und der Weg zur Wohnung geht über Treppen und ist lange. Bei längerer Strecke sollte man die Last von der einen zur anderen Hand wechseln. Getragen wird mit gestrecktem, nicht mit angewinkeltem Arm. Für Frauen gilt beim Tragen der Grenzwert von 20 kg, bei Männern 40 kg. Schwere Lasten verteilt man am besten auf zwei Taschen, damit es nicht zur einseitigen Belastung kommt. Auch die Nutzung eines Rucksacks – statt Tasche oder Koffer – bietet sich an.

Beim Heben gilt: Was immer angehoben wird, man muss so dicht wie möglich an den Gegenstand herantreten – nicht seitlich, sondern von vorne. Dann geht man mit gestreckter Wirbelsäule in die Hocke und hebt die Last mit beiden Händen. Beim Aufrichten in den Stand muss der Rücken gerade gehalten sein. Die Belastung wird auf Knie- und Hüftgelenke verteilt und belastet nicht nur den Rücken allein. Beim Hochkommen vom Boden hält man die Last möglichst nahe am Körper. Keinesfalls darf man sich während des Hochhebens drehen. Erst am Ende des Hebens wird die Drehbewegung ausgeführt, nicht währenddessen. Runde Gegenstände werden an einer Seite leicht gekippt oder etwas gerollt, damit die andere Hand darunter kommt und erst dann angehoben.

Entspannung für zwischendurch

 

Eine Form der Kurzentspannung, die sich auch zwischen zwei Behandlungen oder in der Mittagspause integrieren lässt, ist die progressive Muskelentspannung. Bei ihr geht es um den Wechsel zwischen der festen Anspannung einer Muskelpartie und anschließender Entspannung, dem Loslassen. Bei der Anspannung wird das Blut aus den Blutgefäßen gepresst. Nach dem Loslassen und der Entspannung wird die Muskulatur wieder besser durchblutet. Damit wird eine bessere Sauerstoffversorgung und eine Entspannungswirkung erreicht.

Für eine optimale Wirkung sollte die Entspannung (circa 10 Sekunden) etwa doppelt so lange dauern wie die Anspannung (circa 5 Sekunden). Dieser Vorgang wird zwei- bis dreimal wiederholt, die Anspannung erfolgt nur bis zur Schmerzgrenze. Die Kurzentspannung lässt sich auch im Stehen durchführen.

Autor
Dipl. Betriebswirt Rolf Leicher
Fachautor und Referent
Oberer Rainweg 67
69118 Heidelberg

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Foto: Eakrin/Adobe Stock
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