Die Situation ist paradox
Bis vor drei Jahren konnten Patienten relativ problemlos durch Podologen mit medizinisch notwendigen Orthonyxiespangen versorgt werden. Der Arzt stellte dafür ein Rezept aus, der Patient ging mit diesem Rezept zu einem Podologen und die meisten Krankenkassen haben dem Patienten die Kosten für das Setzen und Versetzen der Spange gegen Vorlage des Arztrezeptes und der Rechnung des Podologen rückerstattet. Teilweise war es sogar möglich, dass der Podologe direkt mit seiner Kasse abgerechnet hat und der Patient lediglich einen Eigenanteil leisten musste. Eigentlich war der Zustand ideal: die Ärzte konnten eine Diagnose stellen und entscheiden, ob der Patient lieber dem Chirurgen oder besser dem Podologen zugewiesen werden sollte. Sie konnten die Therapie mitbegleiten und sie wussten den Patient bestens versorgt. Und auch die Kosten für eine Nagelkorrektur waren überschaubar.
Die Wende
Dieses Vorgehen wurde ab Mitte 2017 beanstandet und die Krankenkassen weigerten sich zunehmend, das Setzen zu refinanzieren. Der Grund dafür war, dass „plötzlich“ entdeckt wurde, dass das Setzen einer Spange – respektive die Behandlung eines eingewachsenen Nagels – in den Heilmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) als Arztleistung festgelegt war. Durch das Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel (AZ: B 1 KR 34/17 R) (siehe auch FUSS 1/2 2019) wurde dies zementiert und die Krankenkassen setzen diese juristische Vorgabe konsequent um: sie erstatten die Nagelkorrektur dann, wenn diese vom Arzt durchgeführt wird. Rechtlich ist dies korrekt, doch nicht unproblematisch: Das Setzen von Nagelkorrekturspangen ist nicht in der Medizinerausbildung vorgesehen und somit lässt sich kein Arzt finden, der diese Leistung erbringt. Denn der zeitliche Aufwand für das Anfertigen und Anbringen einer solchen Spange lohnt sich für eine Arztpraxis wirtschaftlich einfach nicht und bringt auch die Praxisorganisation durcheinander. Aber auch dafür wurde eine Lösung gefunden: der Arzt darf das Setzen einer Spange delegieren. Allerdings nicht an einen Podologen, es sei denn, dieser wäre bei ihm in der Praxis angestellt, sondern an eine von ihm angestellte Arzthelferin oder kosmetische Fußpflegerin.
Ist die Situation sinnvoll?
Die Spangentherapie als ärztliche Leis-tung mochte Sinn gemacht haben, bevor der Beruf des Podologen gesetzlich anerkannt wurde. Die Fußpfleger, die am Markt waren, besaßen bis dato keinerlei medizinische Ausbildung und waren mit hygienischen Maßnahmen nur mäßig vertraut. Mit den Podologen entstand nun eine Berufsgruppe, die in ihrer Ausbildung nicht nur Nägel schneiden und Hornhaut entfernen lernen, sondern auch eine Spezialausbildung für Druckentlastung (wird von den Kassen ebenfalls nicht erstattet) und Nagelkorrektur erhalten – letztere ist mit zirka 100 Unterrichtsstunden veranschlagt.
Zusammenfassend kann man sagen:
- Der Podologe hat eine umfassende Ausbildung und ist der Fachmann für die Spangentherapie. Sie wird ihm aber nicht bezahlt.
- Der Arzt ist kein Fachmann für die Spangentherapie. Sie wird ihm bezahlt, aber er macht sie nicht.
- Bei der Durchführung durch eine in der Praxis angestellte Arzthelferin oder kosmetische Fußpflegerin wird sie bezahlt. Beide sind aber keine Experten für die Spangentherapie.
Das Fazit
Nach einer teuren, selbst bezahlten Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf werden dem Podologen nur Nagel- und Hornhautbearbeitung von den gesetzlichen Krankenkassen vergütet. Dieser Zustand ist nicht akzeptabel. Eine gute, qualifizierte Patientenversorgung und die Anerkennung der podologischen Leistungen und Qualifikation können und müssen Hand in Hand gehen. Dann erhalten alle Patienten eine fachgerechte Behandlung durch qualifzierte Therapeuten – wenn sie diese benötigen. Darauf werden wir hinarbeiten! «