Folgen Sie uns
21. März 2017
Redaktion
Biomechanik

Die Wirkung der Vorfußentlastung gegen Metatarsalgien

Bei Schmerzen im Vorfußbereich gibt es verschiedene Entlastungsmöglichkeiten. Klaus Grünewald beurteilt und beschreibt hier die Wirkung des Metatarsal-Polsters.
Bild: Klaus Grünewald
1 Lageveränderungen der Metatarsal-Köpfchen 1 – 5. (1 = Großzehe – 5 = Kleinzehe). Die obere Skizze I gibt die Lage der Metatarsal-Köpfchen unter normaler Belastung des Fußes wieder (alle Köpfchen liegen auf). In der mittleren Skizze II ruft das Metatarsal-Polster ein transversales Gewölbe hervor ohne den Abstand der Metatarsal-Köpfchen zu vergrößern (roter Pfeil). Die untere Skizze III zeigt, dass durch das Metatarsal-Polster mehr Abstand zwischen den Metatarsal-Köpfchen entsteht.

Die Metatarsalgie ist der Sammelbegriff für Schmerzen (Algien) im Vorfußbereich. In Abhängigkeit zur gesicherten Diagnose, handelt es sich meist um akute Überlastungsbeschwerden der distal liegenden Metatarsalköpfchen (Metatarsalgie) oder um eine Reizung der zwischen den Metatarsal- Köpfchen verlaufenden Nerven (Morton-Neuralgie).

Als nichtoperative Maßnahme gegen beide Beschwerdearten kommen als Entlastungsmöglichkeiten für den Fuß in Frage:

  • die Entlastung unter der Schuhsohle (z. B. Schmetterlingsrolle);
  • durch eine Einlage im Schuh;
  • oder eine direkt unter dem Vorfuß angebrachte Entlastung (Metatarsal-Polster).

Nicht nur aus Erfahrungen sondern auch durch wissenschaftliche Untersuchungen (Kang et al.) [1]) ist bestätigt, dass die Anwendung eines Metatarsal-Polsters die Schmerzen bei Metatarsal­gien verringert.

Um den plantaren Druck zu reduzieren, muss das Polster direkt proximal unter den Metatarsalköpfchen angebracht werden, wo die Schmerzen auftreten.

Aus biomechanischer Sicht kann ein Vorfußpolster das vordere – sonst nur im unbelasteten Zustand [2] vorhandene – transversale Quergewölbe auf zwei Arten verändern:

  • bleibt der Abstand zwischen den Metatarsal-Köpfchen konstant wird der Vorfuß durch das Metatarsal-Polster verschmälert.
  • wird der Abstand zwischen den Köpfchen durch das Metatarsal-Polster vergrößert, wird der Vorfuß verbreitert. In beiden Fällen kommt es zur Erhöhung der Metatarsal-Köpfchen (Abb. 1).

Material und Methoden

Es haben sich bisher nur wenige Studien mit den biomechanischen Auswirkungen des Metatarsal-Polsters auf den Fuß befasst. Es war das Ziel dieser Untersuchung, die Auswirkung des Metatarsal-Polsters auf die Verbreiterung des Vorfußes zu untersuchen. Die Hypothese lautet, dass ein Metatarsal-Polster die Vorfußbreite vergrößert und ebenso den Abstand zwischen den Metatarsal-Köpfchen. Zusätzlich zur Verbreiterung des Vorfußes soll im Einzelnen die Auswirkung auf die plantare Druckverteilung untersucht werden [3].

Teilnehmer

Sechs Patienten (3 Männer; 3 Frauen) ohne Beschwerden und elf Patienten (2 Männer; 9 Frauen) mit Metatarsalgie, nahmen an der Untersuchung teil. Die Patienten mit Beschwerden klagten über Schmerzen in einem oder beiden Füßen. Nur die schmerzenden Füße der Patienten wurden gemessen (N. = 18 Patientenfüße). Patienten mit sichtbaren Fußdeformitäten (z.B. Hallux abducto valgus oder Hammerzehen) wurden ausgeschlossen. Bei den beschwerdefreien Teilnehmern der Kontrollgruppe wurden beide Füße gemessen (12 Füße). Keiner in dieser Kontrollgruppe hatte jemals Fußbeschwerden gehabt.

Das Metatarsal-Polster

Es wurde ein an den Seiten sowie distal und proximal angeschrägtes Metatarsal-Polster aus Wollfilz von der standardisierten Größe (55 mm lang; 38 mm breit; Höhe 5 mm [distal]) verwendet. Ein ­Podologe brachte das Polster so an, dass sein distales (hohes) Ende direkt proximal unter dem 2. Metatarsal-Köpfchen lag (Abb. 2). Unter den Laborbedin­gungen wurde zur Befestigung des ­Polsters lediglich ein Doppelklebeband ohne zusätzliche Fixierungen benutzt.

Bild: Klaus Gründewald
2 Das distale (hohes) Ende des Polsters lag direkt proximal unter dem 2. Metatarsal-Köpfchen.

Studioausstattung

Foto: Klaus Grünewald
3 Die Pfeile am Fußskelett zeigen die Stellen an denen Markierungspunkte am Fuß angebracht wurden.

Die Studioausstattung bestand aus einem Bewegungs-Analysesystem mit acht Kameras und einer in den Boden eingelassenen 13 Millimeter starken Druckmessplatte der Firma Kistler Instruments, Schweiz, um die Wirkung des Metatarsal-Polsters auf den Fuß zu untersuchen. Die Sensordichte der Druckmessplatte bestand aus 2,6 Sensoren/ cm2.

Die Bewegungsanalyse war erforderlich, um Veränderungen in der Vorfußbreite festzustellen. Die Druckmessung hatte die Aufgabe, die plantare Druckverteilung unter dem Fuß zu bestimmen. Darüber hinaus waren die Werte der plantaren Druckverteilung am Fuß wichtig, um die optimale Position des Metatarsal-Polsters zu beurteilen. Alle Teilnehmer führten fünf Versuche unter gleichen Bedingungen – gehen, mit und ohne Metatarsal-Pols-ter – durch. Die Reihenfolge der Tests unterlag dem Zufall. Alle Versuche wurden ohne Fußbekleidung und vorzugsweise mit normaler Ganggeschwindigkeit durchgeführt. Auf der geraden Wegstrecke ging der Proband insgesamt sechs bis acht Schritte, von denen drei protokolliert wurden.

Für die Messungen wurden Markierungspunkte (Ø 9,5 mm) angebracht:

  • an der medialen Seite des 1. Met.-Köpfchens und der Basis des 1. Met. Knochens
  • an der lateralen Seite des 5.  Met.-Köpfchens und der Basis des 5. Met. Knochens.
  • dorsal auf dem 2. Metatarsophalangealen-Gelenk (Abb. 3).

Um bei den Messungen Fehleinschätzungen durch die Hautbewegung auszuschließen (z. B. durch Verbreiterung des Vorfußes), wurde eine Röntgenaufnahme von den Zehen (anterior) zur Ferse (posterior) des Fußes angefertigt. Hieran beteiligten sich drei Teilnehmer aus der Kontrollgruppe ohne und mit Metatarsal-Polster unter dem Vorfuß. Entgegen der ursprünglichen Ausgangssituation war hier nur die statische Belastung des Fußes möglich.

Nach den Aufnahmen wurden vom ­Radiologen die zuvor markierten Abstände der Metatarsal-Köpfchen 1. bis 5. gemessen.

Auswertung

Die Spitzendrücke haben sich beim Gehen unter dem Metatarsal-Polster deutlich verringert. Die Weite des Vorfußes verbreiterte sich während des Gehens nach dem Fersenkontakt und erreichte dann die maximale Weite während der vollflächigen Fußbelastungsphase (engl. midstance phase). Nach dem Abheben der Ferse verringerte sich die Weite des Vorfußes nur geringfügig.

Es wurden keine Unterschiede der Werte zwischen Patienten und der Kontrollgruppe (ohne Beschwerden) gefunden. Es wurde auch festgestellt, dass ein Metatarsal-Polster im unbelasteten Zustand keine Auswirkung auf die Vorfußweite hat.

Die Röntgenaufnahmen ließen ebenfalls erkennen, dass ein Metatarsal-Pols­ter den Abstand von dem 1. – 5. Metatarsalköpfchen auch in der Standphase des Fußes vergrößert. Ohne Metatarsal-Polster betrug die Vorfußweite der drei Probanden 86,9, 86,9 und 87,1 Millimeter; mit Vorfuß-Polster 87,4 mm bei allen drei Probanden.

In Ergänzung zur Vorfußweite im Bereich der Metatarsal-Köpfchen wurde auch die Weite der Metatarsal-Knochen-Basis während der Gangabwicklung untersucht. Es ergaben sich dort kaum mess­bare Werte im Vergleich mit oder ohne Metatarsal-Polster.

Praxiswissen

Ausblick

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass sich die Weite des Vorfußes während der Standphase der Gangabwicklung vergrößert. Diese Vergrößerung nimmt deutlich zu, wenn ein Metatarsal-Polster ohne Platzeinschränkung getragen wird. Die Zunahme der Vorfußweite ist klein (0,60 – 0,74 mm).

Es kann nun argumentiert werden, dass die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung auf die Bewegung der Haut zurückzuführen sind. Die Markierungspunkte wurden jedoch zu Beginn des Experiments am äußeren Rand des Fußes angebracht. Deshalb würde jedwede Hautbewegung durch die Gewölbebildung im Vorfuß eine Verringerung der Vorfußweite hervorgerufen haben. Ebenfalls zeigen die Röntgenaufnahmen eine Zunahme der Vorfußweite mit Metatarsal-Polster im Vergleich ohne Metatarsal-Polster. Außerdem haben Autoren berichtet, dass die Hautbewegungen am Fuß relativ klein sind im Vergleich zu anderen Körperbereichen.

Letztendlich sind die gefundenen Ergebnisse mit der Hypothese 2 vergleichbar, die besagt, dass die Vergrößerung des Abstandes zwischen den Metatarsal-Knochen eine Verbreiterung des Vorfußes in die laterale Richtung verursacht. Dies kann ein Grund für das Nachlassen der Schmerzen sein auch wenn die Zunahme der Weite klein ist. Eine weitere mögliche Auffassung ist, dass die Schmerzlinderung den afferenten Nerven zuzuordnen ist. Das Metatarsal- Polster mag eine Stimulation dieser Nerven verursachen.

In diesem Zusammenhang spielt die exakte Platzierung des Metatarsal-Pols­ters eine wesentliche Rolle. Der hier gefundene Anstieg des Spitzendruckes auf dem Metatarsal-Polster und eine bedeutende Verringerung des Drucks der unmittelbar distal liegenden Metatarsal-Köpfchen lassen vermuten, dass die Metatarsal-Polster richtig angebracht wurden. Ein korrekt platziertes Metatarsal-Polster entlastet die Metatarsen 2 – 4 vor plantarem Druck.

In diesem Zusammenhang ist die Vorfußverbreiterung durch das Metatarsal-Polster wichtig, da mehr Raum für die Entlastung (speziell bei der Morton-Neuralgie) benötigt wird.

Da der zusätzliche Raumbedarf eine wesentliche Rolle bei der Schmerzlinderung durch das Metatarsal-Polster spielt, ist es nur dann wirksam, wenn die Fußbekleidung – insbesonders Schuhe und/oder Stützstrümpfe – die Verbreiterung des Fußes zulassen.

Die Anwendung des Metatarsal-Polsters in der Praxis eignet sich gegen Metatarsalgie und Morton-Neuralgie. «

Anschrift des Verfassers
Klaus Grünewald, Braunschweig
podologie.gruenewald@t-online.de

Literatur
  • L. M. Koen, Niki M. Stolwijk, Dorine van den Wildenberg, Jan Duysens MD, W. Keijsers „Effect of a Metatarsal Pad on the Forefoot During Gait“, Journal of the American Podiatric Medical Association (01/2012)
  • Klaus Grünewald, „Theorie der medizinischen Fußbehandlung Band 3 – Podologische Biomechanik“, Verlag Neuer Merkur, Planegg (2014) ISBN: 978-3-95409-013-6
  • [1] J.H. Kang, S.C. Chen „Correlations between sujective treatmentresponses and plantar pressure parameters of metatarsal pad treatment in metatarsalgia patients: a prospective study“, BMC Musculoskelet Disorders 7:95 (2006)
  • [2] A. Viladot „Pathologie de l’avant-pied“, Verlag Expansion Scientfique Française (1979) ISBN 2-7046-1008-8
  • [3] N. L. Keijsers, N.M. Stolwijk, B. Nienhuis „A new method to normalize plantar pressure mesurements for foot size and foot progression angle“, Journal for Biomechanic 42:87 (2009)
Literatur
  • L. M. Koen, Niki M. Stolwijk, Dorine van den Wildenberg, Jan Duysens MD, W. Keijsers „Effect of a Metatarsal Pad on the Forefoot During Gait“, Journal of the American Podiatric Medical Association (01/2012)
  • Klaus Grünewald, „Theorie der medizinischen Fußbehandlung Band 3 – Podologische Biomechanik“, Verlag Neuer Merkur, Planegg (2014) ISBN: 978-3-95409-013-6
  • [1] J.H. Kang, S.C. Chen „Correlations between sujective treatmentresponses and plantar pressure parameters of metatarsal pad treatment in metatarsalgia patients: a prospective study“, BMC Musculoskelet Disorders 7:95 (2006)
  • [2] A. Viladot „Pathologie de l’avant-pied“, Verlag Expansion Scientfique Française (1979) ISBN 2-7046-1008-8
  • [3] N. L. Keijsers, N.M. Stolwijk, B. Nienhuis „A new method to normalize plantar pressure mesurements for foot size and foot progression angle“, Journal for Biomechanic 42:87 (2009)
Foto: Eakrin/Adobe Stock
Zurück
Speichern
Nach oben