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28. Januar 2022
Redaktion

Die Zufriedenheit von Patientinnen und Patienten messen

Kaum Beschwerden bedeutet, dass Patientinnen und Patienten sehr zufrieden sind? Ein Trugschluss: Denn viele haben nicht den Mut, ihre Unzufriedenheit zu kommunizieren. Sie wollen nicht als nörgelnde Person dastehen und behalten Kritik lieber für sich. Dabei bedeuten Beschwerden für eine Podologie-Praxis immer auch eine Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und zu verbessern. Wie Sie den Grad der Zufriedenheit Ihrer Patientinnen und Patienten messbar – und damit nutzbar – machen, erklärt Autor und Betriebswirt Rolf Leicher.


 


Foto: DOC RABE Media/Adobe Stock

Unzufriedenheit entsteht bei Patientinnen und Patienten immer dann, wenn sie eine Diskrepanz zwischen erwarteter und erlebter Leistung wahrnehmen. Bestimmte Ansprüche daran, wie der Service in einer Praxis und die Behandlung ablaufen sollen, entstehen unter anderem, weil zum Beispiel Praxen miteinander verglichen werden oder die Website, besonders bei Erstpatientinnen und -patienten, besondere Erwartungen schürt. So weit, so gut: Was bringt es aber nun, wenn man die Kundschaft die Praxis bewerten lässt? Und wie lässt sich Zufriedenheit überhaupt messen?

 

Quelle: Rolf LeicherPatientenbefragung als Optimierungschance

Kritische Äußerungen von Patientinnen und Patienten sollten Sie nicht allein als Ärgernis ansehen und erfassen. Kritische Patientinnen und Patienten sollten Sie immer auch als kostenlose Qualitätsbeauftragte für die eigene Arbeit betrachten. Denn sie liefern Ihnen aus erster Hand Informationen, auf deren Basis Sie Ihre Praxis kontinuierlich verbessern und zukunftsfähig machen können.
 
Um die Meinung und den Zufriedenheitsgrad möglichst vieler Patientinnen und Patienten zu erheben, eignet sich eine systematische „Meinungsumfrage“, idealerweise auf Basis eines validierten Fragebogens. Das heißt, eines Fragebogens, der so aufgebaut ist, dass er auch genau das misst, was Sie wissen möchten und die einzelnen Themenkomplexe auch möglichst objektiv abfragt.
 

„Ihre Meinung zählt“

Bei Befragung sollte zwischen zwei Kernbereiche unterschieden werden: der Organisation der Praxis sowie der podologischen Behandlung.
  • Zur Organisation zählen Aspekte wie Öffnungszeiten und das Warten auf einen Termin. Aber auch das Erscheinungsbild der Praxis spielt eine Rolle. Dazu gehören Anmeldung, Garderobe und Toiletten ebenso wie der Wartebereich.
  • Geht es um die Bewertung der Behandlung, sind für die Patientinnen und Patienten andere Aspekte von Bedeutung. Neben der Durchführung der Behandlung geht es hier vor allem um Kommunikation und das Einfühlungsvermögen der oder des Behandelnden. So wollen Patientinnen und Patienten genau über ihren Zustand, den Behandlungsverlauf und mögliche Behandlungsvarianten informiert werden. Selbst dann, wenn sie nicht ausdrücklich danach fragen.
Ob die Behandlung und die Praxisorganisation der eigenen Erwartungshaltung entsprechen, entscheidet sich vor allem während der ersten Praxisbesuche. Um ein aussagekräftiges Feedback Ihrer Patientinnen und Patienten zu erhalten, sollten Sie mit dem Fragebogen daher erst nach einigen Terminen auf Ihre Kundschaft zukommen. Überreicht werden kann der Fragebogen bei der Verabschiedung – oder Sie reichen ihn per E-Mail nach.
 

Auf den Fragebogen kommt es an

Kaum jemand kritisiert gerne offen. Viele Patientinnen und Patienten rechnen darüber hinaus mit einer Abwehrhaltung seitens des Praxisteams und äußern sich daher oft nur bei eklatanten Beschwerden. Geben Sie ihnen daher die Möglichkeit, sich anonym zu äußern. So erhalten Sie aussagekräftigere Ergebnisse und entsprechen zudem den Datenschutzanforderungen. Nachteil einer anonymisierten Befragung ist allerdings, dass Sie auf Beschwerden oder Kritik nicht individuell reagieren können.
 
Nur durch eine detaillierte Befragung kann man den Zufriedenheitsgrad genau feststellen. Dafür ist ein schriftlicher Fragebogen notwendig. Um die Befragten nicht zu überfordern, sollte er jedoch nicht mehr als zehn Fragen umfassen, die idealerweise alle auf einer Seite im DIN-A4-Format Platz finden. Denkbar wäre – anhängig von den technischen Fertigkeiten der Befragten –auch eine Online-Befragung. Firmen wie Betabrain übernehmen hierbei den Entwurf, den Versand und das Auswerten der Fragebögen.
 
Für den Fragebogen hat sich die 5-stufige Skalierung bewährt. Hier hat man die Wahl zwischen Schulnoten oder Punkten. Der höchste Wert steht immer ganz links, bei den Noten die „Eins“, bei Punkten die „Fünf“. Eine weitere Variante sind die Bewertungskriterien „sehr gut“, „gut“, „befriedigend“, „ausreichend“ und „mangelhaft“. Auch Prozentzahlen sind möglich: 100, 75, 50, 25, 0 Prozent. Die Skalierung mithilfe von „Smileys“ hat sich dagegen nicht bewährt.
 
Befragungen dürfen nicht überfordern. Stellen Sie darum zu Beginn des Fragebogens zunächst die leichteren Fragen. Stehen bereits am Anfang schwer zu beantwortende oder komplexe Fragen, entsteht bei den Befragten schnell eine Abwehrhaltung und die Befragung wird abgebrochen.
 

Ran an den Speck: die Auswertung

Für die Auswertung der Fragebögen gilt: Nehmen Sie bei negativem Feedback keine Verteidigungshaltung ein. Fangen Sie auch nicht an, nach einer Rechtfertigung zu suchen. Denken Sie auch erst gar nicht darüber nach, die Fragebögen einfach still und heimlich zu entsorgen. Umfragen sind für die Praxis eine aktuelle Standortbestimmung. Wer allerdings Kritik erfährt und nichts ändert, irritiert die Kundschaft. Wenn bei einer zweiten Befragung der gleiche Aspekt schlecht beurteilt wird, fragen sich die Patientinnen und Patienten, weshalb nichts verbessert wurde.
 
Selbstverständlich gibt es immer auch Kritikpunkte wie eine kurzfristige Terminvergabe, die sich nicht so einfach oder überhaupt nicht ändern lassen. Ist dies der Fall, sollten Sie Ihren Patientinnen und Patienten allerdings eine Erklärung liefern. Sollten Sie die Befragung wiederholen, können Sie sich außerdem überlegen, ob Sie diesen Aspekt aus dem Fragebogen nehmen. Unerlässlich ist aber, dass Sie offen mit Ihrer Kundschaft kommunizieren und transparent erklären, warum eine kurzfristige Terminvergabe bei Ihnen nicht möglich ist.
 

Mögliche Bewertungsfehler des Patienten

Eine Leistung zu bewerten, ist immer auch ein Prozess der Wahrnehmung und verlangt gute Urteilsfähigkeit sowie unter Umständen Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Podologie-Praxen. Dabei kann es bei den Befragten zu verschiedenen Verzerrungen kommen.
 
Vom „Überstrahlungseffekt“ spricht man etwa, wenn die Patientin oder der Patient von einem auffälligen Merkmal wie großzügigen, modernen Räumlichkeiten oder einem Parkplatz vor der Praxis beeinflussen lässt. Ein solch markanter Bewertungsaspekt kann so die Gesamtbeurteilung beeinflussen. Er „überstrahlt“ sozusagen alle anderen Wahrnehmungen und Erwartungen. Nimmt ein vor Kurzem erfolgtes Ereignis – zum Beispiel die Modernisierung der Räume – einen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtbewertung, spricht man vom „Recency-Effekt“. Der „Gewöhnungseffekt“ tritt dann ein, wenn sich Patientinnen und Patienten an bestimmte positive wie negative Gegebenheiten gewöhnt haben. Sie fallen nicht weiter auf und führen im Bewertungsbogen meist zu einer Bewertung im Mittelfeld.
 
Auch wenn Wahrnehmungen subjektiv sind, müssen sie immer ernst genommen werden. Für einen repräsentativen Querschnitt braucht man mindestens zwanzig vollständig ausgefüllte Beurteilungsformulare.
 

Lohnt sich der Aufwand für mich?

Auch eine geringe Rücklaufquote rechtfertigt eine Umfrage. Denn sie wird auch von Patientinnen und Patienten, die nicht aktiv an der Befragung teilnehmen, positiv aufgenommen. Allein die Tatsache, dass die Praxis an der Meinung und den Erwartungen der Kundschaft interessiert ist, schafft ein positives Image.
 
Versuchen Sie auch kritische Bewertung positiv zu sehen, schließlich zeugt sie von Interesse am Praxisbetrieb. Die in Beschwerden enthaltenen kritischen Informationen geben jeder Praxis zudem die Chance, Fehler zu analysieren und auszuräumen. Das heißt, sich ständig zu verbessern und dabei den Patientinnen und Patienten von heute auch morgen an die Praxis zu binden.
 
Autor
Dipl. Betriebswirt Rolf Leicher
Fachautor und Referent
Oberer Rainweg 67
69118 Heidelberg
 
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Foto: Eakrin/Adobe Stock
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