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31. März 2023
Redaktion
Trotz höherer Prävalenz

Inzidenz bei Typ-2-Diabetes sinkt

Auf Basis von rund 63 Millionen gesetzlich Versicherter hat das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ) erstmals Trends zur Inzidenz des Typ-2-Diabetes (T2D) über einen Zeitraum von sechs Jahren in Deutschland erhoben.
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Grafik: bakhtiarzein/Adobe Stock

Die Ergebnisse zeigen, dass die Anzahl der Neuerkrankungen in fast allen 401 Kreisen, kreisfreien Städten sowie auf Bundesebene sank. Demgegenüber steht eine steigende Anzahl an Neuerkrankungen in jüngeren Altersgruppen.

Bislang sind Studien, die zeitliche Veränderungen von T2D-Inzidenzen in Deutschland untersuchen, selten: Sie können entweder nur auf kürzere Zeiträume zurückblicken – oder den zeitlichen Verlauf ausschließlich in vergleichsweise großen Regionen abbilden.

„Daher war uns wichtig, einen möglichst langen Zeitraum zu untersuchen, damit verwertbare Trends entstehen und nicht nur eine Momentaufnahme erfolgt“, sagt Erstautor Dr. Thaddäus Tönnies vom Institut für Biometrie und Epidemiologie am DDZ. Die Wissenschaftler*innen modellierten daher alters- und geschlechtsspezifische sowie regionale Trends der T2D-Inzidenzrate für die Jahre 2014 bis 2019. Dazu stellte das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung anonymisierte Daten aller gesetzlich Versicherten in Deutschland (ca. 85% der Gesamtbevölkerung; entspricht ca. 63 Millionen Versicherten) zur Verfügung. Die Identifikation einer Typ-2-Diabetes Neuerkrankung erfolgte auf Grundlage der entsprechenden ICD-10 Codes, wobei für einen inzidenten Fall mindestens zwei Kodierungen in zwei unterschiedlichen Quartalen vorliegen mussten.

Neuerkrankte werden weniger, aber immer jünger

Insgesamt wurden jedes Jahr rund 450.000 Neuerkrankungen erfasst. Gleichzeitig stellte die Arbeitsgruppe fest, dass die Inzidenzrate bei Frauen um 2,4 Prozent und bei Männern um 1,7 Prozent jährlich über alle Altersgruppen sank, vor allem in den höheren Altersgruppen.

„Erfreulich ist, dass die deutschlandweite Inzidenz offenbar um etwa 2 Prozent pro Jahr sinkt – auch, wenn die Zahl der Neuerkrankungen immer noch immens ist“, sagt auch Tönnies. Was bedenklich stimme sei der Fakt, dass in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen die Neuerkrankungen anstiegen: bei Männern um 2,9 Prozent und Frauen um 2,4 Prozent jährlich. „Typ-2-Diabetes ist definitiv keine Krankheit des Alters mehr“, erklärt der Experte. „Es erhalten immer häufiger junge Menschen die Diagnose Typ-2-Diabetes.“

Deswegen erstaunt es auch nicht, dass der Anteil der Betroffenen insgesamt weiter steigt. „Dass die Prävalenz im gleichen Zeitraum steigt, ist nur ein scheinbarer Widerspruch“, erklärt Professor Oliver Kuß, Leiter des Instituts für Biometrie und Epidemiologie am DDZ. „Denn die immer besser werdende medizinische Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes führt zu einer höheren Lebenserwartung und damit auch zu einem größeren Anteil erkrankter Personen an der Gesamtbevölkerung.“

Keine Entwarnung

Daher können die Forscher auch noch keine Entwarnung geben. „Auch, wenn die vorliegende Arbeit erstmals auf leicht sinkende Neuerkrankungsraten hinweist, muss weiterhin intensiv beobachtet werden, ob sich dieser Trend auch fortsetzt“, sagt Professor Michael Roden, Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf sowie Direktor des Deutschen Diabetes-Zentrums.

Die Dynamik könne sich rasch wieder umkehren, wie Daten aus Dänemark zeigten. Auch eine gewisse Dunkelziffer Nicht-Diagnostizierter sowie Falsch-Kodierungen dürfe man im Sinne der Limitation der Ergebnisse nicht unberücksichtigt lassen. Präventive Maßnahmen, gezielte Bewegungsangebote, gesunde Ernährungsgewohnheiten und die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung müssen verstärkt gefördert werden, um aus einem ersten Trend eine langfristige Kehrtwende für Deutschland einzuleiten.

 

Quelle: Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ)

Originalpublikation

Tönnies T, Hoyer A, Brinks R, Kuss O, Hering R, Schulz M: Spatio-temporal trends in the incidence of type 2 diabetes in Germany – analysis of the claims data of 63 million persons with statutory health insurance from 2014 to 2019. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 173-9. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0405

Originalpublikation

Tönnies T, Hoyer A, Brinks R, Kuss O, Hering R, Schulz M: Spatio-temporal trends in the incidence of type 2 diabetes in Germany – analysis of the claims data of 63 million persons with statutory health insurance from 2014 to 2019. Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 173-9. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0405

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Foto: Eakrin/Adobe Stock
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