Kreativ sein kann jeder
[Abo] Im beruflichen Alltag gibt es immer wieder Situationen, Aufgaben und Probleme, die nur mit neuen Denk- und Verhaltensweisen bewältigt werden können. Wenn Arbeitsabläufe verbessert oder die Zusammenarbeit im Team optimiert, wenn neue Behandlungsangebote entwickelt oder einfach nur Vorschläge zur Gestaltung der nächsten Weihnachtsfeier gesucht werden sollen, sind kreative und originelle Ideen immer gefragt. Birgit Hallmann vermittelt Hilfen zur Ideenfindung.
Der Begriff „Kreativität“ bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, etwas vorher nicht Vorhandenes zu erschaffen (lat. creare = erschaffen). Dabei kann es sich um neue Produkte, Dienstleistungen oder Arbeitstechniken handeln. Kreative Denkweisen lassen sich genauso entwickeln und trainieren wie andere geistige und körperliche Fähigkeiten. Mit der richtigen Vorgehensweise und einigen bewährten Methoden ist daher jeder Mensch in der Lage, kreative Ideen zu entwickeln.
Der kreative Prozess
Neue Ideen entstehen in den meisten Fällen nicht blitzartig, zufällig oder auf Abruf sondern durch einen strukturierten Denkprozess und durch die mehrmalige Beschäftigung mit dem jeweiligen Thema. Vielleicht kennen Sie die Situation, dass Sie angestrengt über ein Problem nachdenken ohne dass ihnen etwas Brauchbares einfällt. Erst am folgenden Tag fällt Ihnen dann beim nochmaligen Nachdenken über das Thema endlich die gesuchte Lösung ein.
Zur systematischen Entwicklung neuer Ideen bietet sich in den meisten Fällen ein Vorgehen in sechs Schritten an. Sie werden vermutlich nicht in jedem Fall alle sechs Schritte gehen müssen. Wählen Sie daher jeweils diejenigen aus, die für Ihre individuelle Ideensuche sinnvoll sind.
Schritt 1:
Beschreiben Sie zunächst den Ist-Zustand oder definieren Sie das Themengebiet, zu dem Sie neue Ideen entwickeln wollen (Schlüsselfrage: „Wie ist die derzeitige Situation?“). Definieren Sie, was genau Sie verbessern möchten und ob Sie die Veränderung allein herbeiführen können oder ob die Unterstützung durch weitere Personen erforderlich ist (Praxisbesitzer, fachliche Leiter, Kollegen, Spezialisten, Berater).
Schritt 2:
Beschreiben Sie die Entstehung beziehungsweise die Ursachen der derzeitigen Situation (Schlüsselfrage: „Wie ist es zu dieser Situation gekommen?“). Eine genaue Beschreibung und Analyse der bisherigen Entwicklung zeigt manchmal bereits erste Ansatzpunkte für Verbesserungen.
Schritt 3:
Fragen Sie sich, welche Veränderungen oder Verbesserungen durch Ihre Ideen erreicht werden sollen (Schlüsselfrage: „Wie kann man … erreichen?“).
Schritt 4:
Sammeln Sie möglichst viele Ideen und nutzen Sie dabei die folgenden drei Fragen.
– Frage 1: Welche Ideen fallen Ihnen selber durch eigenes Nachdenken ein?
– Frage 2: Welche Bücher oder Seminare gibt es zu diesem Thema? Geben Sie dazu Ihr Thema in Verbindung mit den Begriffen „Bücher“ oder „Seminare“ in die Suchfunktion von Google ein oder recherchieren Sie Ihr Thema in der Suchfunktion von Amazon (Rubrik: „Bücher“).
– Frage 3: Welche Personen könnten Sie um Rat oder Unterstützung bitten
(z. B. Freunde, Bekannte, Verwandte, Kollegen oder befreundete Podologen aus anderen Praxen)? Vielleicht kennt auch jemand aus Ihrem Bekanntenkreis eine Person, die Ihnen weiterhelfen kann oder es gibt Diskussionsgruppen im Internet, die sich mit dem Thema beschäftigen. Vielleicht stoßen Sie so auf eine Person, die Ihre Fragestellung schon erfolgreich gelöst hat.
Bei der Ideensuche geht es darum, zunächst möglichst viele Ideen zu sammeln und erst anschließend eine Beurteilung der Ideen vorzunehmen. Schreiben Sie daher auch Ideen auf, die auf den ersten Blick abwegig, unrealistisch, unsinnig, ungeeignet oder lächerlich erscheinen. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass gerade diese Ideen durch eine Weiterentwicklung, Verfeinerung oder Kombination mit anderen Ideen zu den kreativsten Lösungen führen können. {pborder}
Schritt 5:
Beurteilen Sie Ihre Ideen nach Qualität, Realisierbarkeit und Kombinierbarkeit. Meist lassen sich Ideen in vier Gruppen einteilen.
– Gruppe 1: Ideen, die sofort realisierbar sind;
– Gruppe 2: Ideen, die später realisierbar sind;
– Gruppe 3: Ideen, die noch näher zu prüfen sind;
– Gruppe 4: Ideen, die nicht realisierbar sind.
Wählen Sie die besten Ideen aus und prüfen Sie dabei auch die Kombinierbarkeit der Ideen. Je mehr Ideen Sie gesammelt haben, desto mehr Möglichkeiten ergeben sich jetzt, durch die Kombination mehrerer Ideen zu völlig neuen Lösungen zu kommen.
Schritt 6:
Präsentieren Sie Ihre Idee in Ihrem Team und stellen Sie dabei insbesondere den Nutzen beziehungsweise die Verbesserung gegenüber der bisherigen Situation dar, zum Beispiel die positiven Auswirkungen auf die Behandlungsqualität, Arbeitsabläufe oder Patientenzufriedenheit. Idealerweise entsteht dann ein konkreter Aktionsplan zur Umsetzung der Idee (Schlüsselfrage: „Wer macht was bis wann?“)
Regelmäßige Ideensuche
Mit dieser dargestellten Vorgehensweise können Sie entweder aus aktuellem Anlass oder auch regelmäßig gute Ideen produzieren. Wenn Sie Freude am kreativen Denken haben und regelmäßig Verbesserungsvorschläge erarbeiten möchten, dann legen Sie doch für Ihre Ideensuche einen wiederkehrenden Termin fest. Ein regelmäßiger Termin wird Ihnen innerhalb kurzer Zeit zur Gewohnheit und gerät nicht wieder in Vergessenheit. Sie können auch die tägliche Fahrt zur Arbeit kreativ nutzen. Wenn Sie eine Fahrtzeit von 15 Minuten morgens und abends regelmäßig zum Nachdenken nutzen sind das 30 Minuten pro Tag. Wenn Ihnen in dieser Zeit täglich nur eine Idee einfällt sind das bei fünf Arbeitstagen fünf Ideen pro Woche und 20 Ideen pro Monat. Manche Ideen werden vielleicht wertlos oder nicht umsetzbar sein, einige Ideen werden aber auch gut und einige Ideen sogar hervorragend sein. Denken Sie auch immer daran, neue Ideen sofort zu notieren. Anderenfalls kommen Sie vielleicht in der Praxis oder zu Hause an und wissen nur noch, dass Sie unterwegs eine gute Idee hatten – nur leider nicht mehr, welche Idee das war.
Das Gute beim Sammeln von Verbesserungsideen ist, dass Sie bei dieser Tätigkeit kaum Konkurrenz haben! Die meisten Menschen machen sich nämlich keine regelmäßigen Gedanken über mögliche Verbesserungen, da sie vorrangig mit Routinetätigkeiten, persönlichen Angelegenheiten und Alltagsproblemen beschäftigt sind.
Kreativitätstechniken nutzen
Neben der hier dargestellten Vorgehensweise existiert eine Vielzahl spezieller Kreativitätstechniken und Denkhilfen für unterschiedliche Zwecke. Es gibt Kreativitätstechniken für die Anwendung als Einzelperson, für die Anwendung im Team und für spezielle Zielsetzungen (z. B. für die Verbesserung von Produkten oder Arbeitsabläufen). Fast alle Kreativitätstechniken sind in Büchern und im Internet ausführlich beschrieben. Mit dem Suchbegriff „Kreativitätstechniken“ finden Sie im Internet alle bewährten Methoden. Wählen Sie hier bei Bedarf die für Ihre Situation passende Methode aus. «
Anschrift der Verfasserin:
Birgit Hallmann
Ernst-Strobach-Platz 1
31535 Neustadt
Ausgabe 07-08 / 2017
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