Psoriasis – eine Erkrankung mit vielen Gesichtern
Der medizinische Ausdruck Psoriasis leitet sich ab vom griechischen Psora (Schuppe) beziehungsweise psao („ich kratze“). Psoriasis ist keine Zivilisationskrankheit, sondern eine Volkskrankheit. Sie lässt sich bis ins Altertum zurückverfolgen. Heute sind schätzungsweise 125 Millionen Menschen auf allen Kontinenten von Schuppenflechte betroffen, Männer genauso wie Frauen. In Mitteleuropa liegt die Häufigkeit (Prävalenz) bei deutlich über 2 Prozent. Für Kinder wird sie im Schnitt mit 0,8 Prozent angegeben.
In Deutschland leiden zwei bis drei Millionen Menschen an dieser chronisch-entzündlichen, nicht ansteckenden Hauterkrankung. Typische Symptome sind rote, verdickte und silbrig- glänzende schuppende Hautstellen sowie Juckreiz. Häufig betroffen sind Ellbogen, Kniescheiben, die Kreuzbeingegend und der behaarte Kopf. Sehr unangenehm sind derartige Entzündungen aufgrund der mechanischen Beanspruchung an den Händen und Füßen.
Was ist Schuppenflechte?
Schuppenflechte ist eine sogenannte autoimmun vermittelte Entzündungskrankheit, bei der das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift und dadurch eine Verletzung vortäuscht. Der Körper bildet deshalb stetig und im Übermaß neue Hautzellen. Braucht eine gesunde Oberhaut normalerweise vier Wochen, um sich zu erneuern, so sind es bei Psoriasis drei bis vier Tage. Dieser beschleunigte Prozess verhindert, dass sich eine normale Hornschicht bildet, da die Zellen auf dem Weg bis in die oberste Hautschicht nicht vollständig ausreifen. Die Schuppung ist das Ergebnis der massiven Ansammlung von unreifen, verhornten, abgestorbenen Zellen der Oberhaut.
Als Ausdruck der Entzündung sind die Blutkapillaren erweitert und von Entzündungszellen umgeben. Die Schuppenflechte der Haut kann nur lebensbedrohlich werden, wenn sich die gesamte Hautfläche stark entzündet (Erythrodermie) oder mit Eiterbläschen überzogen ist. Das ist aber extrem selten. Allerdings sind Schuppenflechte-Patienten durch das parallele Risiko lebensbedrohlicher Begleiterkrankungen (Komorbidität) gefährdet. Aufgrund ihrer vielfach erblichen Veranlagung ist die Erkrankung nicht heilbar. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) tritt die Schuppenflechte in 30 bis 40 Prozent der Fälle bei Verwandten auf. Bisweilen wird eine Generation „übersprungen“, die Veranlagung aber weiter vererbt. Neben dem charakteristischen Hautbefall leiden 20 bis 30 Prozent der Patienten zusätzlich an Gelenkentzündungen.
Gerade bei älteren Patienten, die zum Beispiel unter Diabetes oder Ekzemen an den Füßen leiden, ist es schwierig, die Ursache für Pusteln oder Hautrisse zu erkennen. Bei unklaren oder schweren symptomatischen Erscheinungen raten wir den Patienten zu einem Besuch beim spezialisierten Arzt. Vor einer klaren Diagnose werden wir hier gar nicht behandelnd tätig. Denn dann ist zunächst eine innerliche Therapie mit Medikamenten erforderlich. Wichtig ist es, Verletzungen zu vermeiden. Daher macht es Sinn, dass sich Psoriasis-Betroffene die Füße und Nägel fachmännisch pflegen lassen, auch wenn bei ihnen nur leichte oder keine Symptome erkennbar sind. Für die Pflege der Haut bei rissigen Fußsohlen/Fersen empfehlen wir rückfettende Cremes und Fußbäder.
„Trigger“ können weitere Krankheitsschübe auslösen
Die Schuppenflechte kann ausbrechen, wenn neben der Veranlagung noch bestimmte persönliche oder umweltbedingte Auslöser hinzukommen. Dazu gehören unter anderem:
- hormonelle Veränderungen (Pubertät, Schwangerschaft, Menstruation, Wechseljahre oder Schilddrüsenerkrankungen);
- Infektionskrankheiten (Mandelentzündungen, Scharlach, AIDS);
- bestimmte Medikamente (zum Beispiel Mittel gegen Bluthochdruck, Malaria oder Depression/Lithium);
- psychischer Stress, unausgewogene Ernährung, Alkohol;
- physikalische, chemische und entzündliche Hautreizungen, zum Beispiel Verletzungen, Reibung, Sonnenbrand, Kratzen, Druck.
Diese sogenannten „Trigger“ begünstigen nach dem erstmaligen Ausbruch der Krankheit weitere Krankheitsschübe. Insgesamt sind die Ursachen individuell sehr vielfältig und noch nicht ab-schließend geklärt. Mechanischer Druck verschlimmert die Schuppenflechte, zum Beispiel eng anliegende Gürtel, stramme Sockenbündchen oder scheuernde Kleidung und Schuhe. Auch Verletzungen, Tätowierungen oder Verbrennungen können die Symptome verstärken.
Oft sind auch Nägel und Gelenke betroffen
Psoriasis hat viele Gesichter, denn es gibt verschiedene Erkrankungsformen. Dazu gehören zum Beispiel die Psoriasis vulgaris (80 Prozent aller Erkrankungsfälle) und die Psoriasis inversa (betrifft Hautfalten). Außerdem gibt es oftmals eine Beteiligung der Nägel (Psoriasis unguium, 50 bis 80 Prozent aller Erkrankungsfälle) und der Gelenke (Psoriasis arthritis, zirka 20 – 30 Prozent). Besonders belastend und schmerzhaft ist die Schuppenflechte, wenn sie die Geschlechtsorgane befällt.
Die Psoriasis pustulosa ist durch sterile Eiterbläschen gekennzeichnet, die sich auf den Schuppenflechte-Herden bilden. Rund fünf Prozent aller Psoriasis-Patienten leiden an dieser Sonderform. Je nach Krankheitsbild sind ausschließlich Hände und Füße, das Nagelbett oder der gesamte Körper betroffen. Als ein Auslöser der Psoriasis pustulosa palmoplantaris gilt Rauchen.
Hohe psychische Belastung
Im Laufe der Geschichte wurde Psoriasis häufig mit der durch Milben verursachten ansteckenden Krätze verwechselt und sogar von der Lepra nicht klar abgegrenzt. Auch heute leiden Menschen wegen der sichtbaren Hautmale erheblich unter Stigmatisierung und Diskriminierung, obwohl die Schuppenflechte in keiner Phase und Ausprägung ansteckend ist. Aus Angst und Scham vor Ablehnung ziehen sich viele zurück, erkranken psychisch und leisten damit der Psoriasis weiteren Vorschub (die Haut als „Spiegel der Seele“).
Umso wichtiger ist ein ganzheitlicher Behandlungsansatz dieser zwar nicht heilbaren, aber gut zu therapierenden Krankheit, die in Schüben auftritt. Es gilt, die Symptome zu mildern und im besten Fall, einen neuen Schub ganz zu vermeiden.
Viele erkranken schon als Jugendliche oder junge Erwachsene zwischen dem 15. und dem 25. Lebensjahr. Bei drei von vier Betroffenen tauchen die ersten Symptome vor dem 40. Lebensjahr auf (Typ I). Bei diesen Menschen ist der Verlauf der Krankheit meist schwer und mit häufigen Rückfällen belastet; die Wahrscheinlichkeit der Vererbung ist hoch. Bei erstmaligem Auftreten in späteren Lebensjahren (der sogenannte Typ II) ist die Erblichkeit seltener nachweisbar, zeigen sich die Symptome meist deutlich reduziert.
Schwierige Diagnose
Oft wissen Betroffene nichts von ihrer Erkrankung, leben jahrelang mit Symptomen der Schuppenflechte, die an Ekzeme und Krankheiten wie Neurodermitis erinnern. Erschwerend kommt hinzu, dass jeder fünfte Betroffene noch nie einen Hautarzt aufgesucht hat. Experten gehen daher von einer hohen Dunkelziffer aus. Da es viele verschiedene Erkrankungsformen mit ganz unterschiedlichen Krankheitsanzeichen gibt, ist die Diagnose manchmal schwierig. Dr. Ralph von Kiedrowski, Mitglied des Vorstands des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen: „Die Symptome und der Verlauf einer Schuppenflechte sind individuell ganz unterschiedlich.
Besonders schwierig ist die Diagnose bei seltenen Formen wie zum Beispiel bei Bläschen-Formen der Schuppenflechte an Handflächen und Fußsohlen. Ebenso können verschiedene Vorbehandlungen oder besonders leichte Ausprägungen der Schuppenflechte die ,Blick‘-Diagnose erschweren”.
Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel nach einer gründlichen Untersuchung der Haut. Das besondere Merkmal der Schuppenflechte: Wird eine Schuppe vorsichtig abgekratzt, bleibt darunter zunächst ein dünnes Häutchen („letztes Häutchen“). Löst der Arzt auch dieses, blutet die Stelle leicht und punktförmig („blutiger Tau“ oder „Auspitz-Phänomen“). Medizinische Verfahren wie Blutuntersuchungen, Abstriche und gegebenenfalls Gewebeproben schaffen Klarheit.
Begleiterkrankungen
War die Medizin früher von einem Prozess ausgegangen, der vorwiegend in den Keratinozyten der Oberhaut verläuft, so erklärt die Wissenschaft Psoriasis heute als eine durch krankhafte Abwehrmechanismen ausgelöste chronische Entzündungsreaktion mit überwiegender Ausprägung auf der Haut.
Danach ist die krankheitsbedinge Schuppenbildung auf der Haut nur die „Spitze des Eisbergs“. Psoriasis als systemische Erkrankung umfasst den gesamten Körper. Daher können auch andere Organe und Körperbereiche von der für die Schuppenflechte typischen Entzündung betroffen sein. Zu den häufigsten Begleiterkrankungen gehören:
- Gelenkentzündung,
- Stoffwechselstörungen,
- Depressionen,
- Erhöhter Blutdruck,
- Arterienverkalkung,
- Herzinfarkt,
- Diabetes Typ II,
- Übergewicht.
Je nach Symptomen sind Psoriasis-Betroffene beruflich eingeschränkt, meiden den Publikumsverkehr oder Berufe mit mechanischer, thermischer oder chemischer Belastung. Stehen und gehen kann zur Qual werden, wenn die Füße befallen und rissig sind. Hier ist eine medikamentöse Behandlung unumgänglich – eine spezielle Versorgung und Weichbettung wie sie Orthopädieschuhmacher auch Diabetespatienten ermöglichen, kann nur ergänzend mildern.
Wie beuge ich Schüben vor?
Es gibt keine Psoriasis-Diät. Kaffeegenuss hat keinen negativen Einfluss. Manche Patienten reagieren auf Rotwein, Käse oder bestimmte Gewürze. Das Psoriasis-Studienzentrum an der Charité in Berlin empfiehlt den Verzicht auf Wurst, fettes Fleisch und Innereien. Diese enthalten Arachidonsäure, die Entzündungsvorgänge im Körper fördern kann. Gut verträglich hingegen ist Fisch, wie Lachs, Hering und Makrele. Obst und Gemüse enthalten Antioxidantien, die durch die Entzündung ausgeschüttete Radikale reduzieren.
Grundsätzlich kann eine ausgewogene Ernährung das ohnehin erhöhte Risiko für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Studien belegen, dass vor allem zwei Faktoren die Lebensqualität von Betroffenen verbessern:
- Verringern von Übergewicht,
- Verzicht auf Alkohol und Nikotin.
Neue Ansätze zur Behandlung der Plaque-Psoriasis?
Eine an die Schuppenflechte angepasste Lebensweise kann das Risiko für Schübe senken, jedoch keine individuelle Therapie durch einen Arzt ersetzen, die sich nach dem Schweregrad und den persönlichen Lebensumständen des Betroffenen richtet. Eine wirksame, frühzeitige und anhaltende Behandlung sorgt dafür, die körperlichen und psychischen Folgen der Psoriasis zu minimieren:
- Äußerliche Behandlung: auch topische Therapie genannt; Einsatz von Salben, Cremes oder Lotionen. Sie pflegen die Haut, lindern die Symptome und hemmen Zellwachstum und Entzündungen. Mit Salbenverbänden mit Salicylsäure werden die Schuppen abgelöst.
- Physikalische Therapie: Licht mit bestimmten UV-Strahlen und Bäder.
- Innerliche Behandlung: auch systemische Therapie genannt; hierzu gehören Retinoide, Fumarsäure oder Immunsuppressiva wie Cyclosporin A und Methotrexat, aber auch die modernen Biologika oder Smal Moleculs. Diese Medikamente beeinflussen die Zellteilung und teilweise die Energieversorgung der Zellen, beziehungsweise blockieren spezielle Botenstoffe der Entzündung (TNF, IL17, IL23), wodurch die Entzündung der Haut reduziert wird.
- Unterstützende Maßnahmen: Psychologische Betreuung, zum Beispiel Austausch in der Selbsthilfegruppe (www.psoriasis-selbsthilfe.org), gesunde Lebensführung.
Hohe Aufmerksamkeit gilt während der letzten Jahre neuen, biotechnologisch entwickelten, nebenwirkungsarmen Therapieansätzen, die unter Umständen auch eine längere Beschwerdefreiheit sichern können. Diese Wirkstoffe, sogenannte Biologika, können die für die Schuppenflechte verantwortliche überschießende Immunaktivierung normalisieren. Dr. von Kiedrowski: „Bislang ist es so, dass zunächst die für die Psoriasis bewährten Medikamente und Behandlungsmethoden verschrieben werden. Wirken diese nicht hinreichend, wird die Anwendung von Biologika in Betracht gezogen. Biologika setzen noch gezielter und stärker an der Entzündungsentstehung an, indem einzelne Entzündungsmediatoren reguliert werden, das Immunsystem insgesamt aber unbeeinflusst bleibt. Mittlerweile stehen wir kurz vor der Einführung von Biologika der bereits dritten Generation.
Es ist auch in der fachlichen Diskussion, ob und wie früh diese Medikamente zum Einsatz kommen sollen/müssen, um gegebenenfalls durch eine frühe Intervention den gesamten Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen. Dies wäre möglich, da mittlerweile zahlreiche Substanzen ‚First Line‘ zur Verfügung stehen, um Betroffenen mit einem sehr schweren Krankheitsbild ohne Umwege schnell helfen zu können.“ Wichtig ist es, Trigger-Faktoren zu vermeiden und den einzelnen Patienten mit seinem eigenen biologischen Muster zu behandeln. Sind Psoriasispatienten nach einer Behandlung erscheinungsfrei, dann ist es sinnvoll, in den Monaten der Nachbehandlungsphase weitere diätetische, stoffwechselunterstützende und immunstimulierende Maßnahmen durchzuführen, um eine möglichst dauerhafte Beschwerdefreiheit zu erreichen.
Was hilft Füßen und Nägeln?
Wellige Nägel, gelbbraune bis rötliche Flecken sind Anzeichen für eine Nagelpsoriasis, eine Schuppenflechte unter den Fußnägeln. Zeigt sich Psoriasis an den Nägeln, dann sind gerne auch die Fußsohlen betroffen, ist die Haut trocken und rissig. Mediziner sprechen von Psoriasis palmaris et plantaris, wenn Handflächen und Fußsohlen erkrankt sind. Diese Formen sind schwer zu behandeln und zeigen typische, scharf begrenzte, rötliche Herde mit sehr fest haftender Schuppung. Hauteinrisse (Rhagaden) können Schmerzen verursachen.
Die Pflege und Reinigung der Haut hat für Psoriasispatienten eine besondere Bedeutung. So führen einige Therapien (Bade- und Phototherapie) zur Austrocknung der Haut. Wird ihr Fett und Feuchtigkeit zurückgegeben, verbessern sich sowohl die Geschmeidigkeit als auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen. Mit dieser Basistherapie verringert sich in der Regel auch der Juckreiz. Vor dem Cremen will die Haut gereinigt werden: PH-neutrale, Fett lösende Flüssigkeiten helfen, abgestoßenes Hornmaterial und Hautdrüsensekrete zu entfernen. «