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13. August 2019
Redaktion

Telemedizin: Neues Versorgungskonzept beim Diabetischen Fußsyndrom

Jeder vierte Diabetespatient bekommt im Laufe seines Lebens ein Diabetisches Fußsyndrom (DFS). Um Risikopatienten rechtzeitig zu identifizieren, den Heilungsverlauf zu verbessern bzw. zu verkürzen und Amputationen zu vermeiden, haben die Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Bund der Internisten (BDI) gemeinsam ein telemedizinisch basiertes Facharztkonsil für den diabetischen Fuß entwickelt.



Foto: memorisz/Adobe Stock

Bei vielen Patientinnen und Patienten ist der Auslöser für ein DFS eine zunächst harmlose Fußverletzung. Da das Immunsystem bei Diabetespatienten bereits geschwächt ist, können sich kleine Verletzungen oder Druckstellen jedoch schnell zu großflächigen Wunden entwickeln, die das Gewebe zerstören. „Meist werden diese Verletzungen zu spät erkannt und unzureichend behandelt“, sagt DDG-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Ralf Lobmann. Bei schätzungsweise 40.000 Patienten mit Diabetes mellitus ist dann eine Amputation des Fußes oder sogar Unter- oder Oberschenkels unausweichlich. So koste das DFS das Gesundheitssystem jährlich rund 2,4 Milliarden Euro. Ein Lösungsansatz zur Reduktion von großen Beinamputationen könne eine telemedizinische Vernetzung von Hausärzten mit den Experten der Arbeitsgruppe Diabetischer Fuß der DDG sein, schlägt Lobmann vor. „Um langfristig die Prognose von Diabetespatienten mit diabetischen Fußläsionen zu verbessern, bedarf es einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit Spezialisten“, erläutert der Leiter der AG Diabetischer Fuß der DDG. „Die Heilungschancen steigen, wenn zwischen dem Auftreten erster Symptome, der Vorstellung beim Arzt, der Diagnose und schließlich der Behandlung durch einen Spezialisten möglichst wenig Zeit vergeht.“ An dieser Stelle setzt nun das neue Konzept der DDG an: Die Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß und der Bund der Internisten (BDI) haben gemeinsam ein telemedizinisch basiertes Facharztkonsil für den diabetischen Fuß entwickelt. Mithilfe dessen sollen Risikopatienten rechtzeitig identifiziert, der Heilungsverlauf verbessert und verkürzt und Amputationen vermieden werden.

„Außerdem überbrückt die Telemedizin Überweisungszeiten oder räumliche Distanzen und bietet so die Möglichkeit, betroffene Patienten möglichst schnell in ein Behandlungsnetzwerk aufzunehmen“, erklärt Lobmann. Auf diesem Wege würde eine adäquate ambulante Therapie oder eine rasche stationäre Behandlung gesichert. Derzeit laufen Gespräche mit verschiedenen Kostenträgern an, damit dieses Konzept möglichst schnell in die Praxis überführt werden kann. „Wir hoffen, dass bald positive Entscheidungen getroffen werden, sodass DFS-Patienten schnellstmöglich davon profitieren“, ergänzt DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer.

Ein zweites Projekt zur telemedizinischen Zweitmeinung wird derzeit in Baden-Württemberg durchgeführt und durch das Landesministerium für Soziales und Integration unterstützt und gefördert. „Über ein Evaluierungssystem lädt der behandelnde Arzt die Daten hoch und ein Experte bewertet diese innerhalb von 36 Stunden. Es sieht vor, dass zeitnah durch einen Experten die Notwendigkeit einer Amputation bestätigt oder eine Alternative aufgezeigt werden kann,“ erklärt Lobmann. „Außerdem erhöht es die Entscheidungssicherheit des behandelnden Arztes sowie des Patienten und dessen Angehörigen“. Als Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik 3, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie des Klinikums Stuttgart verantwortet Lobmann dieses Landes-Projekt mit.

Für DDG-Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer bietet die Telemedizin darüber hinaus ein großes Potential, um die Unterversorgung von Diabetespatienten im ländlichen Raum auszugleichen: „Aktuell greift die Versorgung besonders gut in Ballungsräumen, wohingegen es auf dem Land nur wenige Diabetologinnen und Diabetologen gibt. Die Telemedizin könnte diese Distanz überbrücken und Versorgungsunterschiede ausgleichen.“ Durch die schnelle und einfache Möglichkeit, per Telemedizin eine zweite Meinung einzuholen, könnten die behandelnden Ärzte weitere Experten aus anderen Regionen zu Rate ziehen und Vermutungen bestätigen. „Auch die Kommunikation zwischen den Ärztinnen und Ärzten wird in diesem Prozess befördert und trägt zu einer anregenden Kultur des Austauschs bei“, befürwortet Kellerer.

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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