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28. April 2023
Ruth Trenkler
Meinung

Wenn das Gewerbeaufsichtsamt dreimal klingelt …

Das Gewerbeaufsichtsamt kontrolliert aktuell verstärkt podologische Praxen. Wie man dem Besuch entspannt(er) entgegensehen kann, beschreibt Ruth Trenkler, Podologin, Heilpraktikerin und ehemalige podo deutschland Präsidentin.
Grafik
Grafik: Cornelia Meier/C. Maurer Fachmedien

„Guten Tag, Gewerbeaufsicht. Wir überprüfen derzeit Podologiepraxen und würden gerne bei Ihnen vorbeischauen. Würde es Ihnen in zwei Wochen am x-sten um 14 Uhr passen? Vielen Dank, bis dann!“ – Einen solchen oder ähnlichen Anruf haben einige Podologinnen und Podologen die letzten Wochen erhalten. Die Gewerbeaufsicht prüft routinemäßig medizinische Einrichtungen. Einmal sind es die Zahnärzte, dann die Gynäkologen, dann die Hautärzte. Diesmal sind wir an der Reihe.

Auch bei mir hat das Telefon geklingelt. Es ist schon ein etwas merkwürdiges Gefühl, wenn man weiß, dass die Gewerbeaufsicht kommt. Die haben ja doch den Ruf, ziemlich streng zu sein. Und was wollen die überhaupt wissen?

Ich selbst bin Therapeutin mit Leib und Seele. Wäre ich eine organisierte Schreibtischtäterin, hätte ich mir einen Bürojob gesucht. Buchhaltung und Organisation sind nicht meine Sache. Sicher erledige ich meinen Bürokram, auch mein Steuerberater ist diesbezüglich mit mir zufrieden, aber ich könnte niemals eine Steuererklärung alleine machen. Als ich meine Praxis aufgebaut habe, war der „Sachkundenachweis Hygiene“ natürlich für mich und meine Mitarbeitenden ein MUSS. Aber ganz ehrlich: Das, was da alles gesetzlich gefordert wird, hat mich persönlich komplett überfordert.

Im Prinzip hat man drei Möglichkeiten:

  • Die scheinbar Kostengünstigste: Man kümmert sich einfach selbst um alles. Von der Steuererklärung (macht der Mann, der Vater, die Oma …) bis zur Hygiene. Klar, wir desinfizieren und sterilisieren. Und schulen jährlich die Mitarbeitenden: Nach dem Toilettengang die Hände waschen und die Desinfektion nicht trinken! – Bitte nicht lachen oder mit den Augen rollen, so läuft es in vielen Praxen. Natürlich wird desinfiziert und man hat sogar einen Autoklaven. Aber oft hapert es an der genauen Dokumentation und einige Kolleg*innen, mit denen ich gesprochen habe, wussten nicht, dass man bei der Neuanschaffung eines Autoklaven eine Erstvalidierung durchführen lassen muss.
  • Die Teuerste: Man macht wirklich alles selbst, genau nach Vorschrift. Wenn Sie da die Stunden aufschreiben und sich einen angemessenen Stundenlohn zahlen, kommen Sie auf eine stattliche Summe. Dazu kommt, dass Sie in der Zeit, in der Sie sich mit den bürokratischen Auflagen beschäftigen, keine Patient*innen behandeln können. Die bringen aber das Geld, nicht der lästige Bürokram. Wer das gerne macht, ist eher als Praxismanager geeignet, denn als Therapeut. Selten findet man jemanden, den beides fasziniert.
  • Man lässt machen: Ich persönlich halte mich gern an Vorschriften. Das ist am einfachsten und bequemsten. Ich habe mir als erstes ein Ingenieurbüro für Arbeitssicherheit gesucht. Von diesem werde ich routinemäßig alle drei Jahre aufgesucht. Meine Praxis wird inspiziert. Ich bekomme die neuesten Aushänge, die Infos, was ich wann wie und wo zu tun habe – vom Feuerlöscher über den Erste Hilfekurs bis hin zum Brandschutzbeauftragten. Ich erhalte meine Sicherheitsdatenblätter und meine Gefährdungsbeurteilung sowie alle notwendigen Aushänge. Ich erfahre, wie und wo ich mein Gefahrengut lagern kann und was es sonst noch alles an Vorschriften gibt. Das kostet mich alle drei Jahre circa 400 Euro. Ach ja, einen Betriebsarzt habe ich auch empfohlen bekommen. Der war bei mir und hat mir auch die entsprechenden Unterlagen hinterlassen. Das war dann für die Gewerbeaufsicht schon die halbe Miete. Ein weiterer großer Block ist die Hygiene. Auch da habe ich beschlossen, meine Instrumente nicht manuell Klar kommt das für den Moment billiger. Aber: Wenn ich es wirklich korrekt machen möchte, bräuchte ich eine Angestellte, die ausschließlich mit Hygiene beschäftigt ist. Wenn ich mir da das Gehalt ausrechne, bin ich günstiger dran, wenn ich mir einen Thermodesinfektor kaufe und meine Instrumente computergesteuert aufbereiten lasse. Das ist einmal eine größere Investition, dafür habe ich aber danach meine Ruhe. Der Herr von der Gewerbeaufsicht war begeistert. Ich hatte meine Chargennummern, meine Protokolle über Jahre zurück, natürlich auch meine Wartungs- und Validierungsprotokolle. Und –da war doch noch was – auch die VDE-Prüfung meines Betriebselektrikers war vorhanden.
Porträtfoto
Foto: Privat
Ruth Trenkler.

Dank des Seminars „Sachkundenachweis für Hygiene“ unseres Verbandes hatte ich auch meine eigene Gefährdungsbeurteilung und die Arbeitsanweisungen für die Reinigungskraft, für die Waschmaschine in der Praxis für die Betriebswäsche und Anweisungen für die Mitarbeitenden, wie sie zum Beispiel den Instrumentenabwurf korrekt ausführen.

Und die ganze Sache hat auch noch einen weiteren Vorteil: Selbstverständlich erzähle ich meinen Patient*innen stolz, dass die Gewerbeaufsicht keine Beanstandungen hatte, aber dafür kann ich auch nicht billig arbeiten. Ich verlange für eine Behandlung von zwischen 20 und 40 Minuten 55 Euro. Dauert es länger, kostet es mehr. Aber dafür sind auch meine Kosten gedeckt und ich kann mir sowohl mein Ingenieurbüro für Arbeitssicherheit, als auch meinen Betriebsarzt und meine computergestützte Hygieneaufbereitung leisten – und die Patient*innen wissen, dass sie bei mir gut aufgehoben sind.

Ach ja, eins noch am Rande: Der Besuch der Gewerbeaufsicht hat nichts mit der Kassenzulassung zu tun. Patientenrechtegesetz, Hygienevorschriften, Medizinproduktebetreibergesetz, auch Fort- und Weiterbildungen sind für alle Podologinnen und Podologen Vorschrift. Die Kassenzulassung bringt hier keinen Nachteil, im Gegenteil: Hat man die Kassenzulassung, ist man meist etwas strukturierter und organisierter als ohne und hat dadurch eventuell einen gewissen Vorteil.

Ihre Ruth Trenkler

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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