Wenn harte Knochen weich werden
Allein in Deutschland leiden über sieben Millionen Menschen an Osteoporose (www.gesundheits-fakten.de, 2014), Tendenz stark steigend. An die 50 Prozent aller Personen über 70 Jahren zeigen heutzutage Anzeichen einer mittleren oder schweren Osteoporose.
Was Osteomalazie bedeutet, wissen hingegen nicht so viele Menschen. Dabei geht diese sogenannte Knochenerweichung häufig einher mit der Osteoporose. Ihre Ursache lässt sich im Wesentlichen auf einen Vitamin D-Mangel zurückführen. In Studien konnte dieser Mangel bei bis zu 100 Prozent aller Männer und Frauen ab 65 Jahre nachgewiesen werden. Er spielt in fast 93 Prozent aller Knochenkrankheiten eine übergeordnete Rolle. Daher ist es kaum nachvollziehbar, warum hier nicht gezielter vorgebeugt wird. Aber Symptome wie Müdigkeit, depressive Verstimmung, Muskelkrämpfe und Knieschmerzen werden zunächst gerne auf andere Ursachen zurückgeführt. Das Ganze ist umso bedeutsamer, als dass diese Substanzdefizite der Knochenmatrix keinesfalls nur Senioren betreffen. Die Osteomalazie macht sich bei vielen Patienten schon im jungen bis mittleren Erwachsenen-alter bemerkbar, meist schleichend.
Eine Knochenerweichung, die bei Kindern auftritt, ist als Rachitis bekannt. Die betroffenen Kinder leiden oft unter Verformungen der Wirbelsäule oder der Beinknochen. Muskelschwäche und ein gestörter Zahnaufbau sind ebenfalls typische Symptome. Aufgrund der heute gängigen Vitamin-D-Prophylaxe bei Kindern im ersten Lebensjahr sowie im Winter des zweiten Lebensjahres tritt diese Krankheit in den Industrieländern nur noch selten auf.
Was ist Osteomalazie?
Bei Rachitis beziehungsweise Osteomalazie kommt es zu einer schmerzhaften Erweichung der Knochen. Besonders in Mitleidenschaft gezogen werden von dieser Art der Erkrankung die Epiphysen (Wachstumsfugen). Sie bilden die Endstücke der Knochen und verbinden diese durch Gelenkknorpel miteinander. Kommt es also im Lauf des Lebens zu einer Knochenerweichung, so ist die Stabilität des Knochenskeletts unweigerlich gefährdet. Mögliche Folgen der reduzierten Knochendichte sind Schmerzen und Brüche.
Ursachen
Den Grundstein für die Knochenkrankheit legen die Einnahme bestimmter Medikamente, die sich auf die Nährstoffverarbeitung auswirken, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sowie diverse Stoffwechselstörungen wie die Hypophosphatasie.
Meistens ist ein Mangel an Kalzium, Phosphat oder Vitamin D für die Zersetzung der Knochenmatrix verantwortlich. Speziell bei Osteomalazie liegt der Grund oft in einer verminderten Speicherfähigkeit des Körpers begründet. Diese nimmt mit voranschreitendem Alter noch weiter ab und begünstigt so eine Unterversorgung mit Nährstoffen. Auch Frauen in der Menopause, Schwangere und Heranwachsende haben einen besonders hohen Bedarf an Nährstoffen für die körpereigene Hormonumstellung, zur Entwicklung neuen Lebens oder zur Ausbildung von Knochen und Organen. Vor allem ein Vitamin D-Mangel kann sich hier folgenschwer auf Entwicklungsprozesse auswirken. Normalerweise bildet unsere Haut unter der Einwirkung von Sonnenstrahlen eine Vorstufe des Vitamin D. Diese wird dann in Nieren und Leber in eine aktive Form umgewandelt. Daher sollten Menschen, die in sonnenarmen Regionen leben oder nicht viel an die Sonne beziehungsweise das Tageslicht gehen, unter ärztlicher Aufsicht Vitamin D zum Beispiel in Tablettenform zuführen – zumindest in der dunkleren Jahreszeit. Der „Speicher“, der im Sommer angelegt wird, reicht in der Regel nicht aus für die lange Winterzeit mit ihrer dann auch deutlich wirkungsärmeren Sonne. Wichtig ist zudem eine gesunde, ausgewogene Ernährung, denn Kalzium und Phosphat sind unerlässlich für die Erneuerung der Knochenmatrix. Auch Jod und Vitamin D lassen sich zumindest in Teilen (Fisch, Eier, Lebertran) über die Nahrung aufnehmen.
Symptome
Erwachsene leiden in der Regel unter Schmerzen in den Knochen und der Wirbelsäule. Weicht die Knochensubstanz kontinuierlich auf, werden irgendwann selbst die kleinsten Bewegungen für die Betroffenen zu fast unerträglichen Anstrengungen. Verantwortlich sind hierfür einerseits durch den Vitamin-D-Mangel ausgelöste Schwellungen im Bereich der Gelatin-Matrix der Knochen. Andererseits schmerzt oft die von Entzündungen heimgesuchte Knochenhaut (Periost). Weitere Symptome sind neben einer erhöhten Gefahr von Knochenbrüchen auch Muskelschwäche, Gelenkbeschwerden und eine verringerte Körpergröße.
Diagnose und Therapie
Diagnostizieren lässt sich Osteomalazie am besten durch bildgebende Verfahren (zum Beispiel Röntgenstrahlen oder Magnetresonanztomographie) sowie durch Labortests zur Untersuchung der Nährstoffwerte in Blut und Urin. Berichtet der Patient von häufigen Schmerzen oder wiederholten Frakturen, so sollte er auf Osteomalazie hin untersucht werden.
Nur durch die gezielte Einnahme von Kalzium, Phosphat und Vitamin D lassen sich eine höhere Stabilität der Knochen zurückgewinnen und ein fortschreitender Erweichungsprozess verhindern. Eine entsprechende Ernährung (vollwertige Kost mit frischen Milch- und Fischprodukten, wenig Kaffee und Alkohol) wird bei akutem Mangel meist durch Nährstoffpräparate und -infusionen ergänzt. Sind auch die Füße in Mitleidenschaft gezogen, so kann ihnen durch Weichbettungen und Einlagen geholfen werden (siehe Kasten). Chirurgische Eingriffe an den Füßen aufgrund von Osteomalazie sind höchst selten. Eher sind Knie, Becken oder die Wirbelsäule betroffen.
Basiert die Osteomalazie auf einem reinen Vitamin-D-Mangel, so ist eine Lichttherapie hilfreich. Tageslichtlampen sorgen nicht nur für eine verbesserte Vitamin-D-Produktion, sie ermöglichen zudem eine vermehrte Aufnahme von Glückshormonen wie Serotonin und beugen damit Winterdepressionen vor. Wer sich im Freien tummelt, regt den Knochenstoffwechsel an, nimmt seltener Fehlhaltungen ein und kann Verspannungen vorbeugen. «
Anschrift der Verfasserin
Ulrike Kossessa
Meertal 39
41464 Neuss