Wissensmanagement in der podologischen Praxis
[Abo] Eine hohe Fach- und Beratungskompetenz ist für jede podologische Praxis ein wichtiger Erfolgsfaktor. Es bedeutet allerdings eine permanente Herausforderung, das erforderliche Wissen ständig auf dem aktuellen Stand zu halten. Jede Praxis sollte dazu über eine individuelle Strategie für den Umgang mit der wichtigen Ressource „Wissen“ verfügen. Birgit Hallmann macht Vorschläge.
Klären Sie zunächst in einer Teambesprechung, wie derzeit in der Praxis mit dem Thema „Wissen“ umgegangen wird. Wie wird neues Wissen erworben, archiviert und für alle Mitarbeiter verfügbar gemacht? Wie werden Informationen im Team weitergegeben und die Anwendung durch alle Mitarbeiter sichergestellt? Gibt es Schwächen und Verbesserungspotenziale (z.B. Wissensdefizite in bestimmten Bereichen, Defizite bei der Fortbildung oder bei der internen Weitergabe von Informationen)? Bei der Diskussion dieser Fragen müssen Sie nicht unbedingt das kompliziert klingende Wort „Wissensmanagement“ verwenden.
Stattdessen können Sie davon sprechen, dass Sie die Kommunikation im Team oder die Weitergabe von Informationen verbessern möchten. Am leichtesten gewinnen Sie Ihre Mitarbeiter für dieses Thema, wenn Sie auf Situationen hinweisen, in denen sich durch fehlende oder nicht weitergegebene Informationen negative Konsequenzen für die Praxis ergeben haben (z.B. Patientenbeschwerden). Auch ein Stapel unsortierter oder ungelesener Fachzeitschriften, eine ungeordnete Sammlung von Fachbüchern oder die unkoordinierte Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sind überzeugende Argumente für Handlungsbedarf in diesem Bereich.{pborder}
Wissensbedarf definieren
Den individuellen „Wissensbedarf“ Ihrer Praxis sollten Sie ebenfalls gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern festlegen. Fragen Sie sich daher gemeinsam: „Welches Wissen ist heute und in Zukunft für das Leistungsangebot unserer Praxis erforderlich?“ Klassische „Wissensbereiche“ sind meist: podologisches Fachwissen, Produktkenntnisse, Kenntnisse über gesetzliche Vorschriften, Informationen über Kunden und Lieferanten, Informationen über Marktentwicklung und Wettbewerber sowie Informationen über interne Abläufe.
Wissen aneignen
Für jeden Wissensbereich werden nun geeignete Informationsquellen definiert. Für den erstmaligen Erwerb von Fachwissen und für die regelmäßige Fortbildung bietet sich die folgende Vorgehensweise an. Alle Fachbücher werden an einem zentralen Ort zu einer Bibliothek zusammengefasst, in der die Bücher nach Sachgebieten sortiert, mit einer Nummer versehen und katalogisiert werden. Über Neuanschaffungen sollten alle Mitarbeiter zeitnah informiert werden. In Einzelfällen kann es auch sinnvoll sein, Fachbücher für Mitarbeiter zu einer „Kurzinfo“ mit den wichtigsten Aussagen zusammenzufassen.
Bei Fachzeitschriften wird gemeinsam entschieden, wie eine regelmäßige und zeitnahe Auswertung sichergestellt werden kann.
Variante 1: Fachzeitschriften werden durch den Praxisinhaber ausgewertet und wichtige Artikel an die Mitarbeiter weitergegeben.
Variante 2: Fachzeitschriften werden zentral ausgelegt (z. B. im Pausenraum). Die Kenntnisnahme wird von den Mitarbeitern durch Namenszeichen und Datum auf dem Titelblatt der Zeitschrift dokumentiert.
Variante 3: Die Auswertung der Fach-literatur wird nach Tätigkeitsgebieten oder nach Fachzeitschriften auf die Mitarbeiter verteilt. Auf jeder Mitarbeiterbesprechung berichtet der zuständige Mitarbeiter jeweils kurz über wichtige Informationen aus „seiner“ Zeitschrift.
Für die Fortbildung durch Seminare werden die Seminarprogramme an einem zentralen Ort ausgelegt (z. B. im Pausenraum oder im Back Office). Alle Mitarbeiter können dort ihre „Wunschseminare“ in eine Liste eintragen. Die Genehmigung und Anmeldung zum Seminar erfolgt durch den Praxisinhaber. Der Fortbildungsplan mit den gebuchten Seminaren aller Mitarbeiter wird an einem zentralen Ort ausgelegt, damit alle Mitarbeiter erkennen, welche Seminare von den Kollegen besucht werden.
Bei Bedarf können vor dem Seminarbesuch vom jeweiligen Seminarteilnehmer aktuelle Fragen der Kollegen zum Vortragsthema gesammelt und dann im Seminar mit den Referenten geklärt werden. Aktuelle Informationen können insbesondere über die Internetseite der Berufsverbände der Podologen bezogen werden. Wichtige Informationen können an einem zentralen Ort ausgelegt werden (z. B. im Pausenraum). Die Kenntnisnahme wird von den Mitarbeitern durch Namenszeichen auf dem Fax dokumentiert.
Wissen archivieren
In einem zentralen „Facharchiv“ können Informationen nach einem übersichtlichen Ablageplan beziehungsweise nach Themengebieten archiviert und für alle Mitarbeiter zugänglich gemacht werden. Typische Bestandteile des Facharchivs sind Fachbücher, Fachaufsätze, Seminarbroschüren, Produktinformationen, Patienten-Informationsblätter zu bestimmten Erkrankungen und wichtige Internetadressen. In Einzelfällen können auch selbst erstellte „Erklär-Videos“ über schwierige Arbeitsabläufe oder über Tätigkeiten verfügbar gemacht werden, die derzeit nur von einem Mitarbeiter beherrscht werden und für die es im Urlaubs- oder Krankheitsfall keinen erfahrenen Vertreter gibt.
Ein kurzes Video, das den Arbeitsablauf in Bild und Ton mit erklärenden Worten darstellt, ist mit einer Handy-Kamera meist schnell erstellt und für einen Vertreter meist eine wertvolle Hilfe. Neben diesem „Faktenwissen“ sollten Sie auch prüfen, ob „Erfahrungswissen“ von Mitarbeitern dokumentiert werden soll. Langjährige Mitarbeiter verfügen oft über einen wertvollen „Erfahrungsschatz“, der sich auf ihren individuellen Arbeitsplatz bezieht (z.B. spezielle Arbeitstechniken, Tipps und Tricks, die die Arbeit erleichtern oder Stolpersteine und Fettnäpfchen, die unbedingt vermieden werden sollten).
Wenn dieses Erfahrungswissen nicht dokumentiert wird, so geht es beim Ausscheiden des Mitarbeiters oft endgültig verloren. Dieses Erfahrungswissen kann durchaus als unterhaltsamer und leicht lesbarer „Praxisbericht“ formuliert werden oder den Titel „Erfahrungen, die Sie an diesem Arbeitsplatz nicht unbedingt selbst machen müssen“ erhalten. Eine lockere Form der Darstellung erhöht auch die Bereitschaft der anderen Mitarbeiter, diese „Erfahrungsberichte“ auch tatsächlich zu lesen.
Wissen weitergeben
Klären Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern, welche Informationen innerhalb des Teams weitergegeben werden müssen und auf welche Weise die Weitergabe erfolgen soll. Der Informationsaustausch wird sich in den meisten Fällen auf die Weitergabe von neuem Fachwissen und auf rechtliche oder personelle Veränderungen beziehen. Die Weitergabe dieser Informationen kann durch Mitarbeiterbesprechungen, Mitarbeiter-Rundschreiben, Aushänge am „Schwarzen Brett“ oder E-Mails erfolgen.
Mitarbeiterbesprechungen eignen sich in besonderem Maße zur Weitergabe von neuem Fachwissen aus kürzlich besuchten Seminaren. Wenn der Seminarteilnehmer die wichtigsten Seminarinhalte in einem kurzen Vortrag für alle Kollegen zusammenfasst, wird mit wenig Zeitaufwand ein hoher Wissenstransfer erreicht. Alternativ können die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Seminar schriftlich fixiert und an die Kollegen verteilt werden. Detailfragen können dann bei Bedarf in der Seminarbroschüre nachgelesen werden.
Wissen zuverlässig anwenden
In den meisten Fällen wird die schriftliche oder mündliche Weitergabe von Informationen ausreichen, um die Anwendung im Praxisalltag zu gewährleis-ten. Bei komplexen Vorgängen kann es aber im Einzelfall sinnvoll sein, Checklisten oder Formulare als Arbeitshilfen zu erstellen, die dann von allen Mitarbeitern einheitlich genutzt werden. So wird ein Vergessen wichtiger Informationen oder Arbeitsschritte vermieden und zudem eine einheitliche Arbeitsweise aller Mitarbeiter sichergestellt.
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