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31. Oktober 2023
Petra Zimmermann
Kurz erklärt

Das Diabetische Fußsyndrom

Eine häufige Folgeerkrankung des Diabetes ist das Diabetische Fußsyndrom (DFS), das – je nach Studie – 19 bis 34 Prozent aller Menschen mit Diabetes im Laufe ihres Lebens betrifft. Über Ursachen, Krankheitsbild und Therapie klärt der folgende Beitrag auf.
Grafik: Cornelia Meier/C. Maurer Fachmedien

Krankheitsbild

Der Begriff „Diabetisches Fußsyndrom“ umfasst alle krankhaften Veränderungen an den Füßen eines Menschen mit Diabetes, die zu Wunden und Gewebsschäden führen. Zu den Ursachen gehören Durchblutungsstörungen der kleinen arteriellen Blutgefäße in Zehen, Füßen und Beinen bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Aber auch eine Polyneuropathie, also eine Erkrankung der Nerven, trägt zum DFS bei.

Krankheitsbild

Beim DFS ist das Druck- und Schmerzempfinden in den Füßen und Beinen gestört, schlimmstenfalls sind schon Nerven geschädigt. Betroffene bemerken deshalb kleine oder sogar größere Verletzungen an den Extremitäten nicht. Zudem werden die Wunden unzureichend durchblutet und heilen schlecht. Unbehandelt können schon kleine Verletzungen zu schweren Folgen führen, von der Bildung von Geschwüren bis hin zum Absterben von Gewebe und dadurch zur Amputationen von Zehen, Fuß oder Bein. Durch das fehlende Schmerzempfinden kommt es außerdem häufig zu einer Druckfehlbelastung, zum Beispiel durch schlecht passende Schuhe. Auf die Überbelastung des Fußes reagiert dieser oft mit Schwielen und starker Hornhautbildung. Muskuläre Anspannungen führen beim DFS auch zu Sehnenverkürzungen und Fehlstellungen der Füße, zum Beispiel Hammerzehen.

Foto: Bernhard Schmerl/Adobe Stock

Therapie

Konsequente Fußpflege und regelmäßige Fußuntersuchungen sind für Menschen mit Diabetes dringend notwendig. Nur so können Fußverletzungen vermieden und vorhandene Verletzungen frühzeitig erkannt werden. Treten Wunden und Geschwüre auf, sollten sie in einer Facheinrichtung behandelt werden. Nur durch eine optimale sterile Wundversorgung und Druckentlastung durch dafür speziell geschulte Mitarbeitende kann man sicherstellen, dass Amputationen soweit wie möglich verhindert werden.

Die AG Diabetes, Sport und Bewegung der DDG hat mit Förderung der AG Fuß die Broschüre „Fußübungen für Menschen mit Diabetes“ des Labors für Biomechanik – LaBiMPH – der Universität São Paulo übersetzt. Weitere Fußübungen für Menschen mit Diabetes gibt es hier.

Fußbäder können kontraindiziert sein

Salben und Fußbäder werden Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom häufiger empfohlen. Anna Edel, Allgemeinmedizinerin an einer Diabetes-Schwerpunktpraxis in Iserlohn mit diabetologischer Fußambulanz, steht dem skeptisch gegenüber, wie sie in einem Interview im Rahmen der Diabetes-Herbsttagung 2022 erklärte. „Der gute Gedanke dahinter, die Beschwerden und Wundheilungsstörungen zu lindern, ist hier jedoch ebenso häufig kontraindiziert. Fußbäder sind ein Hort für pathogene Keime, die über den hydrostatischen Druck regelrecht in die Wunde und tiefergelegene Hautschichten gepresst werden. Dort fördern die Keime Entzündungen und weitere Wundheilungsstörungen, die das Krankheitsbild des DFS weiter verschlimmern können“, so die Allgemeinmedizinerin. Sie gibt folgende Tipps für die Versorgung des DFS:

  • Druckverminderung und Entlastung der Wunden am Fuß sind essenziell für eine ordentliche Wundheilung.
  • Verzichten Sie auf Salben und Fußbäder. Diese erhöhen die Chance auf Infektionen und verändern häufig das Wundbild nachteilig, sodass eine objektive Beurteilung des Risikos kaum mehr möglich ist.
  • Patient*innen und deren Angehörige sollen in der adäquaten Wundversorgung des DFS geschult werden.
  • Für Menschen mit DFS und kognitiven Einschränkungen sind darüber hinaus Informationsketten zwischen Facharztpraxis, Hausarzt und Pflegeeinrichtung unersetzlich.

Recht auf Zweitmeinung - Hilfe finden

Das DFS ist die häufigste Ursache für Amputationen oberhalb des Sprunggelenks in Deutschland. Das seit April 2020 gesetzlich verankerte Recht auf Zweitmeinung ist aber vielen Patient*innen noch nicht bekannt und wird zu selten in Anspruch genommen. Wichtig zu wissen: Bei jeder geplanten Amputation haben Betroffene das Recht auf eine Zweitmeinung! Hilfe bietet hier die Hotline (Tel.: 01803 123406) der AG Fuß der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Auf der Website der AG Fuß der DDG finden Betroffene und ihre Angehörigen weitere Informationen sowie die Adressen von zertifizierten Fußbehandlungseinrichtungen in ganz Deutschland (Die Zertifizierung können professionelle Einrichtungen hier beantragen). Diese sollte man auch ansprechen, wenn eine Amputation geplant ist. Mit dem Launch der Plattform „Amputation-nein-danke.de“ möchte die AG Fuß der DDG einen weiteren Teil zur Reduktion der Amputationen bei DFS in Deutschland beitragen.

Interview

Dr. Peter Baumann, Chefarzt der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie, Krankenhaus GmbH Weilheim-Schongau, gibt in einem ausführlichen Interview auf Youtube Einblick in die DFS-Symptome und das Missempfinden der Betroffenen zum DFS. Darin erklärt er auch, warum Betroffene mitunter schwerste Verletzungen und Deformierungen ihrer Füße oft gleichgültig gegenüberstehen, im Extremfall führen diese Missempfindungen zum sog. „Leibesinselschwund“, d.h., dass Betroffene ihren Fuß nicht mehr als zu sich zugehörig empfinden.

Foto: privat
Petra Zimmermann ist Fachjournalistin und Buchautorin. Seit 2006 schreibt sie für die Themenbereiche Orthopädie, Podologie und Nachhaltigkeit. Als Buchautorin beschäftigte sie sich u. a. mit der Entwicklung des Kinderfußes. Vorher war sie für Zeitschriften aus der Gesundheitsbranche sowie für diverse Kundenzeitschriften und Tageszeitungen tätig.
Foto: Eakrin/Adobe Stock
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