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14. Oktober 2016
Dr. Maria Noszvai-Nagy
Mikroorganismen

Die Haut als Biotop

Unsere Haut bildet die äußere Begrenzung des Körpers zu der Umwelt. Daher ist keineswegs überraschend, dass die gesunde Haut als Organ auch von Mikroorganismen bewohnt ist. Dr. Maria Noszvai-Nagy nennt einige davon.
Grafik: Fotolia.de

Die Medizin erkannte schon sehr früh die Feuchtigkeit als wich­tigs­te Bedingung für mikrobielle Besiedlung der Haut: die feuchten Falten (z. B. die der Schweißrinne, interdigital, unter den weiblichen Brüsten, axillär) wiesen stets eine wesentlich höhere Keimzahl auf als trockenere Areale. Lange Zeit gingen die Mikrobiologen von einer rein oberflächlichen, das heißt epidermalen, Besiedlung der Haut aus und hielten tiefere Keimvorkommen stets für pathologisch (krankhaft). Auch war die Annahme, dass gesunde Ungeborene keimfrei, das heißt unter den Fruchthüllen steril verborgen wären, über zweihundert Jahre dogmatisch verbreitet. Die moderne medizinische Mikrobiologie widerlegte diese Annahmen und erweiterte das Bild der hautbewohnenden Mikroorganismen enorm.

Die Haut als Biotop

Mit einer Gesamtoberfläche von bis zu zwei Quadratmetern ist unsere Haut ein Biotop hochgeschätzter Güte, um die sich eine Vielzahl von Mikroorganismen, hauptsächlich symbiontischer Bakterien wetteifert. Durch Pyrosequenzierung – eine Art DNA-Sequenzierung – und modernster Kulturmethoden können diese Keime sehr genau untersucht und auch in ihren Schlupfwinkeln erfasst werden. Tatsache ist: die gesunde menschliche Haut ist viel stärker von Mikroorganismen bewohnt, als in der Vergangenheit bekannt war. Pro Quadratzentimeter Haut können – je nach Nährstoffangebot und Feuchtigkeitsgehalt – bis zu eine Million Keime siedeln (was eher für die tropisch-subtropischen Regionen der Erde und auf feuchte Falten zutrifft). Aber auch die Vielfalt der Hautsymbionten ist über­raschend. Von den bis zu zwei Dutzend früher beschriebenen Haut­florabak­terien kann keine Rede mehr sein: neben Laktobazillen, Propionibakterien, Strepto- und Staphylokokken ist eine enorme Vielfalt an Prokaryonten zum Wohle des Menschen Mitbewohner der Haut. Die Dermatologie geht aktuell bei der weltweiten Keimbesiedlung von zirka fünfzehntausend hautbewohnenden Spezies aus (von denen zirka dreitausend für unseren mitteleuropäischen Lebensraum gewöhnlich wären) – und damit unserem Leser die Zahl vorstellbar wird: alle Vogel- und Säugetierarten der Erde bringen es auf rund 15500 Spezies.

Die Besiedelung geht tiefer

Die gesunde Haut ist keineswegs ausschließlich epidermal (d. h. an der ­Oberhaut) besiedelt. Diese Annahme herrschte lange vor, weil die Bakterienkulturen von der Haut im Labor unter zu hohem Sauerstoffgehalt kultiviert worden sind, sodass die Anaerobier (Mikroorganismen, die unter Sauerstoff nicht gedeihen können und sehr bald absterben) nicht als Bewohner nachgewiesen werden konnten. Mit moderner Labor- und Kulturtechnik lassen sich auch die „Tiefenbewohner“ besser erfassen. Sie nutzen Lebensräume in den Kanälen der Schweißdrüsen, Haarfollikeln und Duftdrüsen, können deren Produkte als Nährstoffquelle beanspruchen und werden von den „oberen“, epidermisbewohnenden Bakterien vom „giftigen“ Sauer­stoff geschützt. Diese Tiefenbewohner unterstützen den Talgfluss, regulieren die Verhornungstendenz mit – sie senden aber auch verhaltensregelnde Botschaften an ihren Holobiont, dem Wirt Homo sapiens! Aus dem abgesonderten Schweiß können solche Hautbakterien Steroidhormone als Nährstoff verwerten und in Duftstoffe umbauen. Pheromone nennen wir diese hormonähnlichen Duftsignale, die im hohen Maß das Verhalten geschlechtsreife Individuen beeinflussen können – in der Regel die Fortpflanzung und das Paarungsverhalten unterstützen. Aber umgekehrt können sie auch wirken: „Ich kann diese Person nicht riechen!“ ist selten ein Hinweis auf mangelnde Körperhygiene, vielmehr die unbewusste limbisch-olfaktorische Verarbeitung von bakteriellen Signalen: „Ihr passt nicht zusammen! Ein Annähern ist nicht sinnvoll und müsste immunologische Konsequenzen bewirken! Zieht Euch besser zurück!“

Labortechnik bestätigt Vielfalt

Interessante Hinweise liefert die moderne Labortechnik auf die Vielfalt der Hautbewohner. Die Gebrauchshand von gesunden Testpersonen ist nur etwas stärker von Hautbakterien bewohnt als die andere Hand. Aber die Vielfalt der Keime ist größer, die Zusammensetzung ist besser auf „Kontakte, Berührungsflächen“ abgestimmt. Während an der Nichtgebrauchshand Milchsäure als Säureschutzmantel überwiegt, ist diese Schutzhülle an der Gebrauchshand von mindestens fünf bis sieben organischen Säuren in ausgewogener Verteilung gemischt. Diese natürliche Schutzmaßnahme kann allerdings durch regelmäßiges Tragen von Handschuhen (so z.B. im OP, im Labor, in der podologischen Praxis bei der Arbeit) wieder ­verloren gehen: feuchte Kammern degenerieren die Keimbesiedlung und schmälern die Vielfalt der Florabestandteile, erhöhen aber die Keimzahl in der Kammer. Jüngere, gut durchblutete Probandenhände weisen an der gesunden Handfläche an die 70 bis 120 Bakterienspezies auf, wobei die rechte und die linke Hand nur etwa die Hälfte der Bakterien identisch beherbergen. Das regelmäßige Tragen von Einweghandschu­hen und Händedesinfektion reduziert die Vielfalt der Hautbewohner um mindestens 40 Prozent und schmälert den Säureschutzmantel erheblich. Einschränkungen und Erkrankungen der Haut, so zum Beispiel die anhaltende arterielle Minderdurchblutung mit Immunschwäche, bedeuten für unsere Hautbewohner schlimmsten Stress und Nährstoffmangel. Saprophytische und parasitische Keime können sich einnisten, der Talgfluss verlangsamt sich, die Verhornungstendenz nimmt zu – was wiederum den Pilzen gute Gedeihbedingungen verschafft. Dadurch lässt sich zum Beispiel die Tatsache erklären, dass an einem Fuß oder an einer Hand manche Nägel komplett durch Onychomykose zerstört worden sind, andere aber noch kerngesund erhalten blieben. Mit den Pilzsporen und Fruchtkörpern kamen alle Zehen und Fingern in Kontakt, der gut durchblutete Lebensraum konnte aber vom Pilz noch nicht besiedelt werden!

Der Schutz geht tiefer

Inzwischen ist bekannt, dass nicht nur die Epidermis der gesunden Haut unter Hautfloraschutz steht. In den eingestülpten Hautarealen (z.B. in Drüsen- und Haaranlagen) finden immer wieder natürliche bakterielle Kontakte zu der Lederhaut und zur Unterhautfettschicht statt. Solange diese Hautschichten von phagozytierenden Zellen und vom Immunsystem versorgt sind, sind solche Kontakte zum Vorteil des Wirtes: sie steuern die Besiedlungsvarianz  der Oberhaut mit und geben dem Holobiont (Mensch) subtile Ernährungshinweise (z.B. suche Nahrung mit mehr Stärkegehalt, verzichte auf Disaccharide beziehungsweise Zucker. Oder: weiterhin fettreduzierte Ernährung und du kannst deine Haut entsorgen!). Insbesondere die Langerhans-Zellen (dendritische Zellen der Haut) sind als Immun- und Hormonmodulatoren diesbezüglich hoch aktiv. Bleiben solche Interaktionen in der Tiefe der Haut aus (z. B. an polyneuropathischen, schlecht durchbluteten Diabetikern), so entstehen aus vorher harmlosen Tiefenkontakten Follikulitide und Furunkeln. So bilden sich zum Beispiel die berühmt-berüchtigten Gehörgangsfurunkel des schlecht eingestellten Diabetikers. Verliert die Diabetikerhaut mit der Zeit auch die Merkel-Zellen, die reich an neurosekretorischen Granula sind und die langen Nervenzellfortsätze (Axone) in der Haut protegieren, so greift die Neuropathie verstärkt um sich. Als Folge hiervon wird die Haut trockener, den gesunden Mikroorganismen fehlt der Lebensraum – ein Teufelskreis eröffnet sich. Übrigens stellen die modernen Erkenntnisse der mikrobiologischen Dermatologie die Fettabsaugungstechnik als kosmetische Korrekturmaßnahme sehr infrage!

Mikroorganismen im Überblick

Nun wollen wir uns einen kleinen Überblick über die klassischen, medizinisch als potenziell hautschädigend bezeichneten Mikroorganismen verschaffen.

Viren

Von den acht humanen Herpesviren der Virusfamilie sind drei primäre Hauterreger: „Herpes labialis“ (Fieberbläschen), „Herpes genitalis“ (Genitalherpes) und „Varizella zoster“ (der Erreger der Gürtelrose und des Windpockens). Andere Mitglieder der Herpesfamilie machen nur gelegentliche und unauffälligere Hauterscheinungen (so z. B. der mögliche kleinfleckige Hautausschlag bei Mononucleose, die am ehesten in der Achselregion der Haut erkennbar ist). Von zahlreichen Viren geht eine indirekte Hautschädigung aus. So kann eine Virus-hepatitis (infektiöse Leberentzündung) Ikterus, eine Gelbfärbung der Haut verursachen. Die Patienten kratzen sich vermehrt, Pruritus (Juckreiz) ist typisch für Gallensäureeinlagerung in die Haut. Dabei verursacht das Kratzen schwere Einblutungen in die Haut – weil die erkrankte Leber zu wenige Blutgerinnungsfaktoren produziert. Parvoviren verursachen nicht selten auffällige, meist vorübergehende Haut­erscheinungen. Zu ihnen gehört die Ringelrötelninfektion (Erythema infectiosum). Die Hauterscheinung beginnt im Gesicht mit Rötung und minimaler Schuppung, breitet sich dann als makulopapulöses Exanthem zu den Extremitäten aus. Humane Papillomviren sind als War-zenerreger der Haut (Verrucae vulgares, plantares, filiformes) der Medizin am längsten bekannt. Dass sie auch Gebärmutterhalskrebs begünstigen können, ist erst seit fünfzig Jahren nachvollziehbar. Condylomata acuminata sind durch HPV 6 und 11 verursachte multiple Warzen im Anogenitalbereich, sie neigen zu bakterieller Superinfektion. Pockenviren an der Haut können Dellwarzen (Mollusca contagiosa) verursachen. Kinder und Jugendliche sind hier am meisten gefährdet. Zur Entdeckung der ersten schulmedizinischen Impfmöglichkeit durch den englischen Arzt Edward Jenner führte übrigens auch ­eine Hautfolge der Pockenviren, die ­sogenannte „Melkerknotenerkrankung“. Diese Hautknoten sind bei Menschen gutartig, heilen nach vier bis sechs Wochen narbenlos ab und hinterlassen eine lebenslange Kreuzimmunität (auch gegen Pocken, Variola vera). Coxsackie-A-Viren verursachen zum Beispiel die Hand-Fuß-Mundkrankheit, eine äußerst ansteckende, häufig von kindlichen Lebensgemeinschaften ausgehende hartnäckige Erkrankung. RNA-Viren, wie zum Beispiel Hanta- und Lassaviren können schwerste Einblutungserscheinungen in die Haut verursachen, über die hämorrhagische Diathese (Blutungsneigung der Infizierten). Retroviren bauen ihre Erbinformation in das Genom der Wirtszelle ein. HIV (der AIDS-Erreger) gehört auch in diese Virusgruppe. Die bösartigen Wucherungen des Kaposisarkoms stigmatisieren jeden dritten AIDS-Patienten durch dunkelbraun-bläuliche derbe Hautknoten.

Bakterien

Staphylokokken sind als potenzielle Haut­erreger besonders dann zu bedenken, wenn sie Pathogenitätsfaktoren aufweisen. Zu diesen gehören:

  • Leukozidin, zuständig für die Entstehung von Eiter, zum Beispiel in Abszessen;
  • SSST(= Exfoliatin, scalded skin syndrome toxin), der Verursacher des staphylogenen Lyell-Syndroms;
  • Staphylococcus epidermidis besitzt ein Protein, was an Plastik haften kann. Dadurch ist dieser Keim Vermittler von vielen hospitalistischen Infektionen an Kathetern, Herzklappen, Endoporothesen u.s.w.

Streptokokken sind als potenzielle Hauterreger weniger gefürchtet, da sie mit Penicillin sehr gut zu behandeln sind. Dafür sind sie meist hochkontagiös, zum Beispiel als Erreger von Impetigo contagiosa (Grindflechte) oder hartnäckig (z. B. als Angulus infectiosus  = Mundwinkelrhagade). Auch die Wundrose (Erysipel) wird in den meis­ten Fällen von in die Tiefe der Haut eingedrungenen Streptokokken verursacht. Von den gramnegativen Kokken möchte ich die Meningokokkeninfektion (Neisseria meningitidis) erwähnen, der kaum kontagiös ist und zu indirekter Hautschädigung führen kann. Die meis-ten Erreger brechen aus dem eigenen HNO-Raum in die Hirnhäute ein. Wenn sie in kritisch-schwierigen Fällen eine Meningokokkensepsis verursachen, ist die Sepsis mit schlimmsten einblutenden Hauterscheinungen verbunden (Waterhaus-Friedrichsen-Syndrom) und zu 90 Prozent tödlich im Verlauf. Von den pathogenen Enterobakterien gehen nur sekundäre Hautveränderungen aus, so zum Beispiel von einer ­Typhusinfektion (Salmonella typhi) die Roseolen, die zuerst am Stamm erscheinen und recht unauffällig sind. Als Zeichen einer Immunvaskulitis bei schwerer Salmonellose kann die Knötchen­rose (Erythema nodosum) an den Schienbeinkanten in Form von multiplen schmerzhaften blau-braun-rötlichen derben Knoten erscheinen, die gewöhnlich mit Blutergüssen verwechselt werden. Sporenlose grampositive Stäbchen können direkte Hautbesiedlung mit Schädigung des Organs verursachen: so zum Beispiel die Aktinomyzeten (im Volksmund auch Strahlpilz genannt). Sie sind Bestandteil von gesunder Mundflora und Inhalt der Zahntaschen. Bei mangelnder arteriellen Durchblutung setzen sich die Bakterien in die umliegenden Organe ab, am häufigsten ist Gesichtsbefall (die sog. zervicofaciale Aktinomykose). Von den Corynebakterien ist der Diphtherieerreger (C. diphtheriae) direkt hautschädigend. Die Wunddiph-therie verursacht schlecht heilende, übelst riechende und pseudomembranös schmutzig-gräulich belegte Wunden. Gefährlich bis bedrohlich ist eigentlich das Toxin des Bakteriums. Das Diphtherietoxin wird von einem lysogenen Bakteriophagen kodiert und besteht aus zwei Untereinheiten. Die A-Untereinheit ist in der Lage die Eiweißsynthese in menschlichen Zellen zu unterbinden und damit zum Beispiel die Wundheilung örtlich zu verhindern. Die systemische Streuung von großen besiedelten Wunden bewirkt unter anderem Herzmuskelentzündung, Störung der Nieren und der motorischen Hirnnerven. An die 30 Prozent der Nichtgeimpften genesen nicht und müssen mit den Restschädigungen der Organe ihr Leben fristen. Von den sporenbildenden grampositiven Stäbchen geht die interessanteste Hautschädigung von „Bacillus anthracis“, vom Milzbranderreger aus. Hautmilzbrand ist die mildeste und häufigste Form dieser Infektion und betraf früher hauptsächlich Landwirte, ist aber in Deutschland äußerst selten geworden. Die Bakteriosporen gelangen durch kleinste Kratzwunden in die Haut und verursachen dort nach zwei bis drei Tagen einen Milzbrandkarbunkel (Pustula maligna), der verhältnismäßig wenig Beschwerden verursacht. Die Innenfläche des Karbunkels beziehungsweise der Eiterbeule bildet in einigen Tagen eine schiefergraue derbe Deckplatte, von der die Erreger ihren lateinischen Namen bekamen (Bacillus anthracis). Hautmilzbrand ist eine absolute Kontraindikation für jeden chirurgischen Eingriff. Aus dieser Gruppe stammen auch noch die infektiösen Krankheitsbilder Wundbotulismus (Clostridium botulinum), Gasbrand (Clostridium perfringens) und die anaerobe Zellulitis.Mykobakterien sind unbewegliche, in Makrophagen persistierende und chronische Entzündungen unterhaltende Bakterien. Sie vermehren sich nur sehr langsam, da ihre Oberfläche durch zusätzliche Hüllstrukturen, auch durch ­eine Wachshülle, stabilisiert wird. Die Gramfärbung versagt bei diesen Erregern, sie müssen mit der Ziehl-Neelsen-Färbung nachgewiesen werden. Eine ­besondere Haut-Relevanz weisen die sekundäre Hauttuberkulose (Erreger Mycobacterium tuberculosis) und Lepra (Erreger Mycobacterium leprae) auf. Von den Spirochäten wären bedeutsame direkte Hautreaktionen in vielfältigen Varianten zu erwarten: die Wanderröte (Erythema migrans) als direkte Folge einer akuten Lyme-Borreliose gehört auch zu ihnen. Ebenso die vielfältigsten Hautreaktionen, die von Treponema pallidum verursacht werden. Die Erkrankung, Syphilis, ist die ­zweithäufigste Geschlechtskrankheit in Deutschland und wird in der Regel anhand der Hautveränderungen erstdiagnostiziert.

Foto: norman_blue/Fotolia.de
Bakterien in der 3D-Ansicht.

Pilze

Von den Mykoseerregern spielen in Deutschland die Dermatophyten und die Hefepilze eine besondere Rolle. Dermatophyten betreiben Keratinabbau in der Haut, in den Haaren und Nägeln. ­Ihre drei wichtigsten humanpathogenen Gattungen sind Epidermophyton, Microsporum und Trichophyton. Die Übertragung ist sowohl durch direkte Kontakte als auch indirekt möglich, da diese Pilzsporen äußerst umweltresistent sind. Die beiden wichtigsten Vertreter sind Trichophyton rubrum und Epidermophyton floccosum (der gerne feuchte Hautfalten bewohnt). Geophile Dermatophyten besiedeln die Haut über Erdkontakte, ihr wich­tigster Vertreter ist die Gärtnermykose (Microsporum gypseum). Zoophile Dermatophyten setzen sich durch intensive Hautkontakte mit Tieren auf uns ab. Der zweithäufigste Fadenpilz in Deutschland ist Trichophyton mentagrophytes, der bis zu 20 Prozent aller ­Fadenpilzbesiedlungen verursacht. Von den Hefepilzen sind besonders ­Immungeschwächte, Betroffene in der Cortisontherapie und uneingestellte Diabetiker gefährdet. Die cutane Candidose (Candida albicans) kann sich im Intimbereich zu Beispiel als Windeldermatitis äußern. Da die Hefepilze Alkohol und Säure produzieren, ist die Haut unter der Pilzbesiedlung stets deutlich gerötet und meist von Juckreiz geplagt.

Protozoa

Von den Flagellaten (Geißeltierchen) möchte ich hier nur die Leishmaniose als potenzielle schwere Hautschädigung erwähnen. Die kutane Leishmaniose wird über Sandmücken zwischen Mensch und Tier übertragen und kommt in Europa in den Mittelmeerländern vor. Sie führt zur Geschwürbildung („Orientbeule“), die nur langsam abheilt oder sogar die Gesichtszüge entstellen kann. Interessanterweise wurden die Diagnosen von zahlreichen übertragbaren Erkrankungen schon seit Jahrhunderten an den erkennbaren Hautveränderungen gestellt. „Blüht die Haut des Pockenpatienten auf, so wird er überleben!“ oder dramatischer formuliert: „Die meis­ten Pockenopfer versterben mit heiler Haut.“ Aber auch Umgekehrtes wurde berichtet: „Blüht die Haut bei Meningokokkenmeningitis auf, so ist der Patient rettungslos verloren.“ Die moderne Medizin vermag durch effektive Labortechnik, schnelle Diagnose­verfahren, Pharmakotherapie, wirksame Prophylaxe solche Schäden vielfach verhüten, die Aussagekraft der alten Beobachtungen spiegelt aber die Infektionsmechanismen der Erreger korrekt bis in unsere Zeit wider.

Anschrift der Verfasserin:
Dr. Maria Noszvai-Nagy
Wesostraße 56
76327 Pfinztal

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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