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14. April 2023
Redaktion
Podiumsdiskussion auf der Beauty

Wie sieht die Zukunft der Podologie aus?

Ein Schwerpunkt der Beauty Düsseldorf 2023 war der Angebotsbereich Fuß in Halle 9. Auf der neuen „BEAUTY full FEET Stage“ gab ein vielfältiges Fach- und Fortbildungsprogramm Einblicke in podologische, medizinische, berufspolitische und betriebswirtschaftliche Themen. Ein besonderer Höhepunkt: die Podiumsdiskussion „Podologie 2030 – wie sieht die Zukunft der Podologie aus?“ am 1. April.
Podiumsdiskussion
Foto: C. Maurer Fachmedien
v.l.n.r.: Dr. Annette Krützfeldt, Klaus Rössler, Günter Westkamp, Moderatorin Sabine Milowan, Andreas Greppmayr und Simeon Ruck.

Auch gut zwanzig Jahre nach Einführung des Podologengesetzes (PodG) werden das Berufsbild und die Zukunft der Podologie in Deutschland intensiv und immer noch kontrovers diskutiert. Angesichts drängender gesellschafts- und gesundheitspolitischer Themen wie Fachkräftemangel, Stellenwert von Gesundheitsfachberufen, Kooperation und interdisziplinäre Vernetzung nimmt die Diskussion aktuell deutlich an Fahrt auf. Noch immer gibt es Informations- und Handlungsbedarf, sowohl in der allgemeinen als auch in der Fachöffentlichkeit.

Wohin führt der Weg? Was muss wer tun, um zu gewährleisten, dass das Gesundheitssystem zukunftsfähig ist und alle Beteiligten gut und wirkungsvoll zusammenarbeiten – im Sinne der optimalen Patientenversorgung? Wie professionalisieren sich die Podologieschulen? Wie gelingt es, mehr „Nachwuchs“ für den Beruf der Podologin/des Podologen zu gewinnen? Lohnt sich ein Blick über den deutschen Tellerrand?

Darüber diskutierten am Samstagnachmittag, 1. April 2023, Vertreterinnen und Vertreter der Berufsverbände, der Lehre und der Industrie. Auf dem Podium mit dabei waren:

Ausbildung: Bundeseinheitlicher Rahmen für inhaltliche und qualitative Vergleichbarkeit

Einig waren sich die Podiumsgäste darüber, dass angesichts der föderalen Ordnung in Deutschland ein bundeseinheitlicher Rahmen notwendig ist, um die inhaltliche und qualitative Vergleichbarkeit der Podologieausbildung zu gewährleisten. Auf diesem Weg habe man seit Einführung des Podologengesetzes schon viel erreicht. Der Beruf werde heute politisch schon stärker wahrgenommen als noch vor einigen Jahren, betonte Klaus Rössler, Podologe und podo deutschland Vizepräsident. Das sei vor allem während Corona deutlich geworden.

So konnten die Praxen mit Kassenzulassung geöffnet bleiben und haben Gelder erhalten, um die Krise zu bewältigen. „Dass unser Berufsbild politisch positiv wahrgenommen wird, sieht man auch an der stetigen Erweiterung des Heilmittel-Kataloges“, sagte Rössler. „Auch werden immer mehr Leistungen im Heilmittel-Bereich an uns Podologen abgegeben.“

Dennoch gibt es noch Stolpersteine. „Das aktuelle Berufsgesetz und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung müssen dringend angepasst werden, denn die Anforderungen an die podologische Therapie in der direkten Patientenversorgung und im interprofessionellen Arbeiten haben sich verändert“, betonte Annette Krützfeldt. Ärztin und Vorsitzende des Verbandes leitender Lehrkräfte an Podologieschulen e. V. (VLLP). Um eine adäquate therapeutische Patientenversorgung für die Zukunft zu gewährleisten, seien ein erweitertes podologisch-medizinisches Wissen und Kenntnisse evidenzbasierter podologischer Therapien auf Basis internationaler Standards unverzichtbar.

Daher sprach sie sich für die dreijährige Vollzeitausbildung aus, bundeseinheitliche Regelungen zur Qualifikation von Lehrenden und Schulleitungen an Podologieschulen sowie für die Akademisierung von grundständisch ausgebildeten Podologen, um mehr Forschung im Handlungsfeld der Podologie zu etablieren.

Mehr Inhalt, mehr Kompetenz, „mehr dürfen“

Die Akademisierung der Podologie ist wünschenswert. Wie diese aber auszugestalten und welcher Anteil an Akademisierung erstrebenswert ist, wurde von den Diskussionsteilnehmenden unterschiedlich beurteilt.

„Die inhaltliche Vertiefung im medizinischen und therapeutischen Bereich und das wissenschaftliche Arbeiten müssen als großer Fokus im Studium verankert werden“, betonte Krützfeldt. Für Günter Westkamp, Podologe und Lehrkraft an der Völker-Schule Osnabrück, stehen die bundesweit einheitliche dreijährige Vollzeitausbildung und die Kompetenzerweiterung im Vordergrund.

„Dann hätte man auch die Chance, neue und mehr Inhalte in die Ausbildung zu integrieren, was die erforderliche Vertiefung ermöglicht. Heilpraktikerbefähigung, Wundversorgung und – ähnlich wie in den Niederlanden – auch die Themen Biomechanik und Einlagenversorgung sollten dazu gehören.“ Praxisorientierte Ausbildungselemente könnten nach seiner Auffassung ebenfalls anders und zielorientierter gestaltet werden. „Warum zum Beispiel kann ein Podologieschüler kein Praktikum bei einem Orthopädieschuhmacher machen, um fundierte und praktische Kenntnisse über Biomechanik zu erlangen?“, so Westkamp.

Bedarfsorientierte Akademisierung

Für Andreas Greppmayr, Podologe und B.Sc. Podiatry, ist der direkte Vergleich mit Ländern, in denen es die akademische Podologieausbildung gibt, nicht unbedingt immer zielführend, denn das Berufsbild etwa in Großbritannien sei ein komplett anderes als in Deutschland.

„Ich bin daher nicht der absolute Verfechter der Akademisierung – denn ich frage mich, wie sich die berufliche Landschaft dadurch verändern wird? Wer wird die Grundversorgung am Fuß übernehmen? So wie ich es kennengelernt habe, versuchen die akademisierten Podologinnen und Podologen Fußprobleme mit anderen Mitteln zu lösen wie Einlagen, Biomechanik oder operativen Eingriffen. Die Spangenversorgung, die hier in Deutschland einen sehr hohen Stellenwert hat, wird dort praktisch gar nicht ausgeführt. Diese hochwertige handwerkliche, filigrane Arbeit ist aber ein entscheidender und unverzichtbarer Bestandteil unserer Arbeit und steht für die hohe Professionalität des Berufs in Deutschland.“

Nachwuchs: Junge Menschen für die Podologie begeistern

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Mangel an Nachwuchs. „Es muss uns gelingen, mehr junge Menschen zu motivieren, diesen wirklich tollen Beruf zu ergreifen, denn er bietet ein großes Entwicklungspotenzial. Es geht darum, Leidenschaft und Begeisterung für die Podologie zu wecken“, sagte Rössler. „Wer einen Beruf sucht, in dem er mitgestalten kann, auf Schul- oder Verbandsebene, ja das Berufsbild selbst kreieren kann – ist bei uns genau richtig.“ Auch Podologiepraxen könnten sich hier verantwortungsvoll einbringen.

„Wer den Beruf ergreifen möchte – ich biete sofort einen Arbeitsplatz. Wer sich für die berufsbegleitende Ausbildung interessiert und alle Praxiszeiten bei uns absolviert, kann sich gerne bewerben“, lud Greppmayr ein.

Einen weiteren Aspekt brachte Simeon Ruck, Geschäftsführer der Hellmut Ruck GmbH ein: die Digitalisierung der Ausbildung. „Durch flexible digitale Module wird die Ausbildung attraktiver und lässt sich für junge Menschen besser – etwa mit Elternzeiten – kombinieren. Auch so begegnen wir dem Fachkräftemangel“, betonte Ruck.

Kräfte bündeln – gemeinsame Ziele erreichen

„Ein entscheidender Schritt auf diesem Weg ist für mich der ‚FUSS AWARD‘, der 2024 zum ersten Mal im Rahmen der Beauty Düsseldorf verliehen wird“, ergänzte Ruck. „Der Preis macht das Berufsbild in seiner Vielfalt nach außen sichtbar und würdigt besondere Leistungen mit Auszeichnungen in vier Kategorien.

Der FUSS AWARD entstand auf Initiative vom Deutschen Verband für Podologie (ZFD), Bundesverband für Podologie, Verband leitender Lehrkräfte (VLLP), den Unternehmen Neubourg Skin Care und Ruck sowie der Messe Düsseldorf.

„Das Wichtige ist, dass wir als Branche machen – und dass wir die Politik vor uns hertreiben“, sagt Ruck. „Darin liegt unser großes Potenzial und so können wir wirklich etwas bewegen.“

Auch wenn es zum Teil unterschiedliche Positionen gab – alle Podiumsteilnehmenden sind sich einig, dass es noch viel zu tun gäbe, die Podologie aber auf einem guten Weg sei. Ihre Vision für das Jahr 2030:

  • Podologengesetz ist überarbeitet und an aktuelle Gegebenheiten angepasst
  • Dreijährige Podologieausbildung mit vertieften Inhalten und Kompetenzen
  • Podologinnen und Podologen sind befähigt, eigenständig Diagnosen zu stellen
  • bundeseinheitliche Ausbildungsbasis mit einheitlichem Curriculum
  • bedarfsgerechte Teilakademisierung
  • wissenschaftliches Arbeiten fördert interdisziplinäre Vernetzung und Zusammenarbeit
  • Praxisgemeinschaften stärken die Außenwahrnehmung und verbessern Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • das Berufsbild Podologie wird digitaler sein – schon in der Ausbildung

Die nächste Beauty Düsseldorf findet von 22. bis 24. März 2024 statt.

 

 

Quelle: podo consulting | Messe Düsseldorf GmbH

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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