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17. Mai 2023
Cornelia Meier
Rund 300.000 Jahre alt

Früheste menschliche Fußabdrücke in Deutschland

Ein internationales Forschungsteam stellt die frühesten aus Deutschland bekannten menschlichen Fußabdrücke vor. Die Spuren wurden im etwa 300.000 Jahre alten Fundstellenkomplex Schöningen in Niedersachsen entdeckt. Umgeben sind die Abdrücke von Tierspuren.
Illustration
Grafik: Benoît Clarys
So könnte es vor etwa 300.000 Jahren in Schöningen ausgesehen haben.

In einem von Gräsern bewachsenen offenen Birken- und Kiefernwald liegt ein wenige Kilometer langer und einige hundert Meter breiter See. An dessen schlammigen Ufern finden sich Herden von Elefanten, Nashörnern und Paarhufern ein, um zu trinken oder zu baden. Inmitten dieser Szenerie steht eine Kleinfamilie der „Heidelberger Menschen“, einer heute ausgestorbenen Menschenart.

Potenzieller
Foto: J. Serangeli/Senckenberg
Potenzieller Homininen-Fußabdruck, der in Schöningen gefunden wurde.

„So oder so ähnlich könnte es vor 300.000 Jahren im niedersächsischen Schöningen ausgesehen haben“, erläutert der Erstautor der kürzlich veröffentlichten Studie Dr. Flavio Altamura, Stipendiat vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen (SHEP). „Wir haben erstmalig die fossilen Fußabdrücke von zwei Fundorten in Schöningen detailliert untersucht. Diese Spuren liefern uns, zusammen mit den Informationen aus sedimentologischen, archäologischen, paläontologischen und paläobotanischen Analysen, Erkenntnisse über die Paläoumwelt und die einst in diesem Gebiet lebenden Säugetiere. Unter den Abdrücken befinden sich auch drei Spuren, die mit Fußabdrücken von Homininen übereinstimmen – mit einem Alter von etwa 300.000 Jahren sind sie die ältesten in Deutschland bekannten menschlichen Spuren und stammen wahrscheinlich von Homo heidelbergensis.“

Spuren von Kindern und Jugendlichen

Zwei der drei menschlichen Spuren in Schöningen ordnen die Wissenschaftler*innen jungen Individuen zu, die in einer kleinen altersgemischten Gruppe den See und dessen Ressourcen nutzten. „Je nach Jahreszeit waren rund um den See Pflanzen, Früchte, Blätter, Triebe und Pilze verfügbar. Unsere Funde bestätigen, dass die ausgestorbene Menschenart sich an See- oder Flussufern mit flachem Wasser aufhielt. Das ist auch durch andere Fundstellen mit Homininen-Fußabdrücken des Unter- und Mittelpleistozäns bekannt ist“, sagt Altamura.

Die verschiedenen Spuren in Schöningen zeigen eine Momentaufnahme eines Familienalltags und können über das Verhalten und die soziale Zusammensetzung der Homininen-Gruppe Auskunft geben sowie über die räumliche Interaktion und Koexistenz mit Elefantenherden und anderen, kleineren Säugetieren, heißt es in der Studie. „Es handelt sich aufgrund der Spuren auch von Kindern und Jugendlichen wohl eher um einen Familienausflug als um eine Gruppe erwachsener Jagender“, fasst der Archäologe und Experte für fossile Fußabdrücke zusammen.

 

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

Originalpublikation
  • Flavio Altamura, Jens Lehmann, Bárbara Rodríguez-Álvarez, Brigitte Urban, Thijs van Kolfschoten, Ivo Verheijen, Nicholas J. Conard, Jordi Serangeli 2023. Fossil footprints at the late Lower Paleolithic site of Schöningen (Germany): a new line of research to reconstruct animal and hominin paleoecology. Quaternary Science Reviews. DOI: https://doi.org/10.1016/j.quascirev.2023.108094
Originalpublikation
  • Flavio Altamura, Jens Lehmann, Bárbara Rodríguez-Álvarez, Brigitte Urban, Thijs van Kolfschoten, Ivo Verheijen, Nicholas J. Conard, Jordi Serangeli 2023. Fossil footprints at the late Lower Paleolithic site of Schöningen (Germany): a new line of research to reconstruct animal and hominin paleoecology. Quaternary Science Reviews. DOI: https://doi.org/10.1016/j.quascirev.2023.108094
Foto: Eakrin/Adobe Stock
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