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16. Juni 2023
Birgit Nagel

So reagieren Sie richtig auf Unfreundlichkeit und Aggression

Die meisten Patient*innen verhalten sich im persönlichen Umgang stets nett und freundlich, weil sie die gute Behandlung in einer podologischen Praxis zu schätzen wissen. Leider gibt es aber auch immer wieder Patient*innen, die unfreundlich oder sogar aggressiv auftreten. Mit der richtigen Verhaltensweise und Gesprächsführung gelingt es in vielen Fällen, die unangenehme Situation souverän zu meistern und zugleich die eigene gute Stimmung zu bewahren.
Wütender
Foto: RealPeopleStudio/Adobe Stock

Als Inhaber*in oder Mitarbeiter*in einer podologischen Praxis möchten Sie sich natürlich stets freundlich und patientenorientiert verhalten. Andererseits wollen Sie sich aber auch nicht gefallen lassen, dass ein Patient oder eine Patientin sich im Ton vergreift oder völlig unzumutbare Ansprüche stellt. In diesem Fall hängt es stark von der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Selbstwertgefühl ab, wie man auf unfreundliche und aggressive Patient*innen reagiert und wie Gespräche mit diesem Patiententyp verlaufen. Was die einen extrem ärgert oder sogar verletzt, nehmen andere vielleicht gar nicht als besonders unangenehm wahr oder überhören unfreundliche Äußerungen einfach mühelos. Die Reaktion hängt also nicht nur vom Verhalten und der Wortwahl des Patienten oder der Patientin ab, sondern vor allem von der persönlichen Beurteilung dieses Verhaltens.

Bedenken Sie: Worte können nicht verletzen, sondern nur die Bedeutung, die wir diesen Worten geben. Aussagen, die einen sensiblen oder unsicheren Menschen emotional tief treffen, gehen an einem weniger sensiblen und selbstbewussten Menschen oft wirkungslos vorbei. Wenn Sie das Verhalten unfreundlicher Patient*innen persönlich nehmen und dadurch Ihre Stimmung beeinflussen lassen, geben Sie diesen große Macht über sich. Sie werden zur „Marionette“, deren Stimmung und Selbstwertgefühl durch das Patientenverhalten beliebig gesteuert werden kann. So viel Einfluss auf Ihre Stimmung sollten Sie keinem Patienten und keiner Patientin einräumen.

Die richtige Einstellung

Am einfachsten ist es, wenn Sie den Umgang mit aggressiven und unfreundlichen Patient*innen als eine besondere Herausforderung an Ihre Kommunikationsfähigkeiten betrachten. Sie können es sich zum ausdrücklichen Ziel machen, dass unfreundliche Patient*innen durch die Art Ihrer Gesprächsführung in möglichst vielen Fällen zu einem freundlichen Tonfall zurückkehren. Das wird sicherlich nicht immer gelingen – aber wenn es klappt, ist es ein gutes Gefühl für beide Seiten und die optimale Basis für eine dauerhafte Patientenbindung.

Wenn Patient*innen aus einem bestimmten Grund verärgert sind und diesem Ärger lautstark Luft machen, besteht in den meisten Fällen ohnehin kein Grund, das Verhalten persönlich zu nehmen – egal wie aggressiv das Anliegen vorgetragen wird. Der Ärger des Patienten oder der Patientin bezieht sich in diesem Fall ja nicht auf Sie als Person, sondern zum Beispiel auf einen Fehler und die daraus resultierenden Unannehmlichkeiten. Konzentrieren Sie sich daher stets auf das Problem und nicht auf die Person. Auch wenn der Patient bzw. die Patientin persönlich wird, sollten Sie nicht sofort darauf eingehen, sondern stets sachlich reagieren. Bleiben Sie ruhig im Tonfall und neutral in der Wortwahl.
Bei Patient*innen, die ohne erkennbaren Grund einen aggressiven Ton anschlagen, können Sie sich bewusst machen, dass sich diese Person vermutlich überall so verhält und nicht nur bei Ihnen. Lassen Sie sich daher vom unfreundlichen Ton nicht anstecken, denn dadurch würde sich die angespannte Situation weiter verschärfen. Werden Sie weder laut noch sarkastisch, sondern bemühen Sie sich auch in diesem Fall um eine sachliche Stimmlage. Achten Sie auch auf Ihre Körpersprache und vermeiden Sie ablehnende Signale wie Augenrollen, Stirnrunzeln und das Verschränken der Arme vor dem Körper.

Vielleicht hilft Ihnen im Umgang mit unfreundlichen Patient*innen folgendes Denkbild: Betrachten Sie Ihre Arbeitskleidung doch einfach als einen „Schutzanzug“, von dem alle Unfreundlichkeiten wirkungslos abprallen. Sagen Sie sich zu Beginn des Tages: „Heute wird es kein Patient und keine Patientin schaffen, mich zu ärgern, denn ich trage ja meine Schutzkleidung.“ Oder Sie verwenden im Umgang mit diesem unangenehmen Patiententyp die folgende Kurzformel: „Nicken – lächeln – Blödmann denken!“ Sie können diesen Satz auch mit „N-L-B“ abkürzen und ein Post-it mit diesen drei Buchstaben an einer für Patient*innen nicht einsehbaren Stelle Ihres Arbeitsplatzes platzieren, damit Sie sich immer wieder daran erinnern. Sagen Sie sich bei Bedarf bewusst: „Du wirst es nicht schaffen, mich zu ärgern – Du nicht!“

Die Situation entschärfen

Wenn Patient*innen unfreundlich auftreten, kann das konkrete Gründe haben, zum Beispiel Unzufriedenheit mit einer Arbeitsleistung, als zu teuer empfundene Tätigkeiten oder lange Wartezeiten. Verärgerte Patient*innen müssen dann zunächst Gelegenheit haben, ihrem Ärger Luft zu machen und „Dampf abzulassen“. Lassen Sie die Patientin oder den Patienten ausreden, zeigen Sie Verständnis für ihre bzw. seine Verärgerung und drücken Sie dies auch durch ein gelegentliches Nicken oder die Bemerkung „Ich verstehe“ aus. „Ich verstehe“ bedeutet in diesem Fall nicht unbedingt, dass Sie zustimmen, sondern nur, dass Sie die Sichtweise verstanden haben. Erst wenn der Patient oder die Patientin ausgeredet hat, kann man selber Fragen stellen und eine Lösung anbieten. So fühlen sich Patient*innen ernst genommen und verstanden. In der Regel führt dieses Verhalten schnell zu einem entspannten Gesprächsverlauf.

Bei berechtigten Beschwerden sollte man sich natürlich für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen. Gelegentlich kommt es vor, dass Patient*innen ihre Meinung sehr laut vortragen. Die Bitte, etwas leiser zu sprechen, hat bei diesem emotionalen Patiententyp meist wenig Erfolg. In diesem Fall empfiehlt es sich, eine Kollegin oder einen Kollegen zum Gespräch hinzuzuziehen. Durch eine dritte Person versachlicht sich die Diskussion häufig sehr schnell und der Patient oder die Patientin fühlt sich besonders ernst genommen, weil sich nun bereits zwei Personen mit seinem Anliegen beschäftigen.

Grenzen setzen

Das Verständnis für unfreundliches Verhalten sollte aber auch Grenzen haben. Persönliche Angriffe, unsachliche Bemerkungen und Beleidigungen brauchen Sie sich nicht uneingeschränkt gefallen zu lassen. Zeigen Sie dem Patienten oder der Patientin mit geeigneten Formulierungen, dass Sie sein oder ihr Verhalten nicht länger akzeptieren. Zum Beispiel, indem Sie sagen: „Ich bin nicht bereit, mich in diesem Ton weiter mit Ihnen zu unterhalten“ oder „Ich fühle mich jetzt persönlich von Ihnen angegriffen, obwohl ich alles tue, um Ihre Wünsche zu erfüllen“ oder „Sie haben natürlich das Recht, ihre Meinung zu äußern, aber nicht das Recht, mich persönlich zu beleidigen“. Durch diese Formulierungen werden einige Patient*innen selbst erkennen, dass sie zu weit gegangen sind und ihren Umgangston mäßigen.

Verhaltensstandards festlegen

Unangenehme Situationen sollten von jedem Kollegen und jeder Kollegin stichwortartig notiert werden, damit sie in der nächsten Mitarbeitendenbesprechung diskutiert werden können. Dann können Sie gemeinsam entscheiden, wie Sie sich zukünftig in derartigen Situationen verhalten wollen und wie in diesen Fällen die optimale Reaktion aussieht. So bleibt es nicht dem Zufall überlassen, wie einzelne Mitarbeitende in solchen Fällen reagieren. Eine einheitliche Verhaltensweise vermeidet vor allem instinktive oder emotionale Reaktionen. Der Verhaltensstandard kann neben konkreten Verhaltensregeln auch Formulierungshilfen für die jeweilige Situation enthalten. Hier können Sie außerdem festlegen, was Sie sich nicht gefallen lassen wollen und wann Sie die Tätigkeit für schwierige Patient*innen beenden, indem Sie mit diesen zukünftig keine Behandlungstermine mehr vereinbaren.

Autorin
Birgit Nagel
Ernst-Strobach-Platz 1
31535 Neustadt

Foto: Eakrin/Adobe Stock
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