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1. Juni 2023
Simone Schuppler

Zuzahlung bei Heilmittelverordnungen

Gesetzlich-versicherte Patienten und Patientinnen müssen Zuzahlungen bei einer Behandlung auf Heilmittelverordnung leisten. Welche Regelungen gelten und was es zu beachten gilt, erklärt Simone Schuppler. Für einen sicheren Umgang in der Praxis mit Zuzahlungen und Befreiungen.
Foto: Stockfotos-MG/Adobe Stock
Simone Schuppler, Wirtschaftsassistentin und PKA, ist selbstständige Unternehmerin mit Seminarangeboten – fachspezifisch für die Podologie sowie individuelle Beratung für Praxisinhaber*innen/Podologie im Bereich Praxisorganisation/-management. Tätig ist sie zudem als selbstständige Dozentin an mehreren Podologieschulen im Bereich der Ausbildung und Fortbildungen.

Gesetzlich Versicherte erhalten podologische Therapie bei entsprechender Diagnose auf Heilmittelverordnung (HMV). Die Behandlungen werden mit der GKV abgerechnet, Patient*innen haben sich allerdings in der Regel in Form einer Zuzahlung an den Kosten zu beteiligen. Für alle, die das 18. Lebensjahr beendet haben und die individuelle Belastungsgrenze nicht erreicht ist, beträgt die Zuzahlung bei podologischer Therapie 10 Prozent der Kosten des Heilmittels sowie 10 Euro je Verordnung. Geregelt wird dies im § 61 und § 62 SGB V.

Zuzahlungspflichtige Patientinnen und Patienten

Höhe der Zuzahlung in der Podologie

Bei Patienten und Patientinnen, die verpflichtet sind eine Zuzahlung zu leisten, bekommen Sie Ihr Honorar „aufgeteilt“ – zum einen von der GKV und zum anderen vom Patienten oder der Patientin. Nehmen wir zum Beispiel eine Verordnung mit „3 x Podologische Komplexbehandlung“. Die Therapiezeit beträgt bei jeder Behandlung mehr als 20 Minuten – und Sie rechnen vertragskonform je eine „Behandlung groß“ ab. Ein Beispiel für die Abrechnung der Verordnung finden Sie in Tabelle 1.

Allerdings sind nicht alle Leistungen der Podologie mit einer Zuzahlung verbunden. Für die Heilmittelpositionsnummer 78220 (Fertigung einer einteiligen unilateralen und bilateralen Nagelkorrekturspange,
z. B. nach Ross Fraser) muss KEINE Zuzahlung geleistet werden. Eine Auflistung zu den Heilmitteln mit den Zuzahlungen finden Sie im Vertrag nach § 125 Abs. 1 SGB V, Anlage 2 „Vergütung“.

Quelle: Simone Schuppler
Tabelle 1 Beispielabrechnung für einen zahlungspflichtigen Patienten.

Zeitpunkt des Einzugs der Zuzahlung

Würde man die Zuzahlung korrekt einziehen, wäre die Fälligkeit wie folgt:

  • 10 € für die Verordnung – erste Behandlung
  • 10 Prozent der Heilmittelkosten – am jeweiligen Behandlungstag

Beim Beispiel wären also am 13.01.2023 14,70 € fällig, am 16.02. und 28.03. jeweils 4,70 €. In der Praxis wird dies aber oft aus praktischen Gründen als ein Betrag kassiert.

Bei der ersten Behandlung, während der Behandlungsserien oder am Ende – das können Sie individuell entscheiden. Sonderfall ist die Nagelspangentherapie: Weil der Verlauf der Therapie kaum vorhersehbar ist, kann es sinnvoll sein erst im Nachgang zu kassieren. Schließlich ist am Ende der VO ersichtlich, welche Maßnahmen durchgeführt wurden und die Zuzahlung kann korrekt berechnet werden. Auch bei den Diagnosegruppen DF, NF, QF muss der Einzug am Ende der Verordnung nicht von Nachteil sein. Denn: Wurden mehr Zuzahlungen von der oder dem Versicherten eingezogen, müssen diese zurückgezahlt werden (z.B. Behandlungsabbruch). Nicht vergessen: Auch die ausgestellte Quittung MUSS geändert und/oder getauscht werden.

Ein Einzug am Ende der Verordnung birgt kein Risiko. Sollte die Patientin oder der Patient die Gebühr nicht entrichten, genügt eine einmalige Zahlungsaufforderung

(z. B. Rechnung). Wird diese nicht beglichen, zieht die zuständige Krankenkasse die Zuzahlung ein – und erstattet sie Ihnen. Unter www.gkv-datenaustausch.de finden Sie dafür das erforderliche Formular „Erfolgloser Einzug der Zuzahlung“. Rechnen Sie über ein Abrechnungszentrum (AZ) ab, übernimmt das AZ diese Aufgabe.

Zuzahlungsbefreite Patientinnen und Patienten

Auf den Heilmittelverordnungen „kann“ die Ärztin oder der Arzt das Feld „Zuzahlungsfrei“ ankreuzen. Verlassen können Sie sich auf diese Angabe nicht. Auf den Einzug der Zuzahlung dürfen Sie nur bei Vorlage eines gültigen Befreiungsausweises verzichten. Das heißt: Die Angabe auf der Verordnung ist für Sie nicht verbindlich.

Um die Thematik der Zuzahlungsbefreiung zu verstehen, möchte ich kurz erklären, wann ein Versicherter diese erlangt.

Jede*r GKV-Versicherte muss nur Zuzahlungen bis zum Erreichen der individuellen Belastungsgrenze leisten. Hierbei zählen Zuzahlungen zu Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, Krankenhausaufenthalte, Vorsorge- und Rehamaßnahmen, häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe und Fahrtkosten.

Generell gilt: Es müssen nicht mehr als 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen als Zuzahlung geleistet werden. Für Versicherte, die wegen einer Krankheit in Dauerbehandlung sind (chronisch krank), gilt eine geringere Belastungsgrenze von

1 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen. Wer als „Chronisch Kranker“ zählt, definieren die Richtlinien des G-BA. Dabei ist das jährliche Bruttoeinkommen als „Familienbruttoeinkommen“ zu sehen. Das heißt, für jeden Familienangehörigen wird ein Freibetrag berücksichtigt. So reduziert sich der zumutbare Zuzahlungsanteil. Eine Beispielrechnung zeigt Tabelle 2.

Quelle: Simone Schuppler
Tabelle 2 Beispielrechnung für zahlungsbefreite Patient*innen.

Als Nachweis für geleistete Zuzahlungen müssen Versicherte alle Quittungen, Rechnungen usw. sammeln. Im Beispiel muss das Ehepaar maximal 352,89 € Zuzahlung in den oben genannten Bereichen leisten. Ist dieser Betrag erreicht, wird von der zuständigen Krankenkasse ein Befreiungsausweis ausgestellt und es müssen keine weiteren Zuzahlungen geleistet werden.

Im nächsten Kalenderjahr fängt das Ganze wieder von vorne an: Sammeln – Einreichen – Befreiung. Alternativ kann eine „Vorauszahlung“ geleistet werden. Das Ehepaar würde dann etwa im November vorab 352,89 € an die Krankenkasse zahlen und sofort die Befreiung für das Folgejahr erhalten.

Das ist auch der Grund, warum der Befreiungsstatus der Patient*innen in der Podologiepraxis immer zu Beginn des Jahres zu prüfen ist. Wird keine Vorauszahlung geleistet, setzt sich der Befreiungsstatus automatisch zum 01.01. jeden Jahres auf gebührenpflichtig – und die Zuzahlung für Behandlungen im neuen Jahr sind einzuziehen.

Fälligkeit beachten

Hier spielt auch das Thema „Fälligkeit“ eine Rolle. Ein Bespiel: Läuft eine Verordnung über den Jahreswechsel und der Befreiungsstatus der Patientin oder des Patienten wechselt, muss auch die Zuzahlung entsprechend berechnet werden. Wird im Verlauf einer Verordnung eine Befreiung vorgezeigt, ist individuell zu handeln:

  • Zuzahlung vorab geleistet: Die bezahlte Gebühr ist evtl. in die individuelle Belastungsgrenze einberechnet. Eine Rückerstattung von zu viel geleisteten Zuzahlungen kann die Patientin oder der Patient, unter Vorlage der Quittung, von der Krankenkasse erhalten.
  • Zuzahlung noch offen: Die Patientin oder der Patient muss keine Gebühr für die Verordnung leisten (alle Behandlungen, auch vor der Vorlage der Befreiung, einschl. Verordnungsblatt, sind zuzahlungsfrei) – vorausgesetzt, die HMV ist im gleichen Kalenderjahr beendet (Belastungsgrenze ist erreicht – keine Zuzahlungen mehr).
  • Zuzahlung wird zu jedem Termin geleistet: Keine Rückzahlung von geleisteten Zuzahlungen; ab Befreiung keine Zuzahlung mehr (für das laufende Kalenderjahr) einziehen.

Ist die Behandlung der Verordnung jahresübergreifend, kann es sein, dass für das neue Jahr keine Befreiung vorliegt. In diesem Fall müssen für alle Behandlungen im „neuen Jahr“ Zuzahlungen eingezogen werden – nicht jedoch die 10 € für das Verordnungsblatt, da es im alten Jahr ausgestellt wurde und zu diesem Zeitpunkt eine Befreiung vorlag.

Beachten Sie auch die aktuellen Vergütungssätze! Ändern sich die vertraglich vereinbarten Preise, ändert sich auch die Zuzahlung. Hier zählt zur Berechnung der Zuzahlung, 10 Prozent der Kosten, der Preis am Tag der Behandlung (Tabelle 3).

Quelle: Simone Schuppler
Tabelle 3 Beispiel für Verordnung, die über Preisanpassung hinweg läuft.

Achten Sie darauf, dass bei Abrechnung nachvollziehbar ist ob und ggf. in welcher Höhe Sie Zuzahlungen kassiert haben. Durch Einführung des neuen Heilmittelformulars Muster 13 ist kein Aufdruck mehr möglich. Prinzipiell wird dies in der Einzelrechnung der Verordnung aufgeführt. Rechnen Sie über ein AZ ab, sollte gewährleistet sein, dass alles korrekt berechnet wird. Denn die Zuzahlung wird vom Gesamtbetrag abgezogen.

Eines muss noch erwähnt werden. Erfolgt eine Absetzung/Rechnungskürzung seitens der Krankenkasse, ist auch hier eine zu viel bezahlte Zuzahlung zurückzuerstatten und die Quittung muss geändert oder getauscht werden. Praxissoftware berechnet in der Regel die Zuzahlungen korrekt – vorausgesetzt die Systeme werden mit den richtigen Daten gefüttert. Hier hilft ein Grundverständnis zur Thematik.

Foto: privat
Simone Schuppler, Wirtschaftsassistentin und PKA, ist selbstständige Unternehmerin mit Seminarangeboten – fachspezifisch für die Podologie sowie individuelle Beratung für Praxisinhaber*innen/Podologie im Bereich Praxisorganisation/-management. Tätig ist sie zudem als selbstständige Dozentin an mehreren Podologieschulen im Bereich der Ausbildung und Fortbildungen.
Foto: Eakrin/Adobe Stock
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