Der individuelle Notfallplan
Viele Praxisinhaber*innen sehen für einen Notfallplan aufgrund ihres Lebensalters oder aufgrund ihres guten Gesundheitszustands keinen Bedarf. Die Vorsorge für Notfälle ist jedoch keine Frage des Alters, denn ein unerwarteter Autounfall, ein Sportunfall oder eine ernste Krankheit können auch junge Podologen und Podologinnen treffen. Beispiel: Der 40-jährige Inhaber einer podologischen Praxis wird bei einem Autounfall schwer verletzt. Er liegt zunächst mehrere Tage bewusstlos auf der Intensivstation des Krankenhauses und ist erst danach wieder ansprechbar. Nach mehreren Wochen hat er sich so weit erholt, dass er sich im Krankenhaus wieder mit betrieblichen Themen beschäftigen kann. Nachdem er wieder aufstehen kann, sind bis zur vollständigen Genesung noch mehrwöchige und zeitaufwendige Reha-Maßnahmen erforderlich. In dieser Zeit bleiben viele betriebliche Tätigkeiten unerledigt, weil sie bisher nur vom Praxisinhaber persönlich ausgeführt wurden. Wichtige Entscheidungen müssen verschoben werden – mit teilweise sehr unangenehmen Konsequenzen für die Praxis.
Dieses Beispiel zeigt, dass zu den gesundheitlichen Problemen oft eine Vielzahl organisatorischer und wirtschaftlicher Probleme hinzukommen kann, wenn für den Ausfall des Inhabers oder der Inhaberin kein Notfallplan vorhanden ist. Im schlimmsten Fall ist sogar die Existenz der Praxis gefährdet und damit auch die Arbeitsplätze der Mitarbeitenden und die Existenzgrundlage der Inhaberfamilie.
Bedeutung des Notfallplans
Mit einem gut strukturierten Notfallplan können derartige Situationen in den meisten Fällen deutlich leichter bewältigt werden. Wenn alle erforderlichen Maßnahmen vorab durchdacht und dokumentiert wurden, müssen sich Praxisinhaber*innen im Krankenhaus nicht mit betrieblichen Problemen beschäftigen oder Angst um den Fortbestand ihrer Praxis haben, sondern können sich voll auf eine schnelle Genesung konzentrieren.
Der Notfallplan verhindert auch, dass Mitarbeitende oder Familienmitglieder in der belastenden Situation wichtige Unterlagen zu betrieblichen und privaten Themen zusammensuchen müssen. Spielen Sie daher denkbare Notfallszenarien für Ihre Praxis einmal gedanklich durch. Fragen Sie sich: Was wäre, wenn ich durch Unfall oder Krankheit längere Zeit nicht in der Praxis arbeiten könnte oder wenn ich sogar an den Folgen eines Unfalls oder an den Folgen einer Krankheit sterben würde? Was wäre, wenn ich die Führung meiner Praxis nach dem Notfall aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht mehr ausüben kann und die Praxis aufgegeben oder zeitnah auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin übertragen werden müsste? Natürlich ist es für jeden Menschen unangenehm, sich mit Ereignissen wie Unfall, Krankheit oder Tod zu beschäftigen. Verantwortungsvolle Praxisinhaber*innen sollten trotzdem durch einen Notfallplan dafür sorgen, dass die Praxis bei einem Ausfall zumindest für eine Übergangszeit handlungsfähig bleibt und nicht in eine wirtschaftliche Krise gerät.
Der Notfallordner
In einem Ordner können alle betrieblichen und privaten Informationen zusammengefasst werden, die in einem Notfall benötigt werden. Der Notfallordner kann aus einer Dokumentensammlung in Papierform bestehen oder als digitale Datei auf einem USB-Stick gespeichert werden. Trennen Sie bei Bedarf die betrieblichen und privaten Unterlagen, wenn die Stellvertreterin oder der Stellvertreter in der Praxis nicht unbedingt auch die privaten Verhältnisse kennen muss. Im Buchhandel und von vielen Berufsorganisationen gibt es unterschiedliche Vorlagen für einen Notfallordner, die Sie auf Ihre individuellen Verhältnisse anpassen können. Im Internet finden Sie mit den Suchbegriffen „Notfallplan“ oder „Notfallordner“ ebenfalls zahlreiche Muster. Bei rechtlichen oder steuerlichen Fragen sollten Sie zur Erstellung des Notfallordners zusätzlich eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt oder eine Steuerberaterin bzw. einen Steuerberater hinzuziehen.
Alle Unterlagen und Informationen müssen so verständlich und übersichtlich zusammengestellt werden, dass ein Vertreter oder eine Vertreterin ohne zeitraubende Einarbeitung damit arbeiten und handeln kann. Daher ist es sinnvoll, am Anfang des Notfallordners eine „Bedienungsanleitung“ zum Umgang mit dem Ordner einzufügen, die den Umgang mit den Informationen erleichtert. Hier können die wichtigsten Punkte und Wünsche kompakt zusammengefasst werden.
Wenn Sie den Notfallordner auf einem USB-Stick speichern, können Sie mit dem Handy auch ein kurzes „Erklärvideo“ zum Umgang mit dem Ordner aufnehmen und ebenfalls auf dem USB-Stick speichern. Die persönlichen Hinweise in einem Video und die Erläuterung der wichtigsten Punkte sind für Stellvertreter*innen oft leichter verständlich als das mühsame Lesen der einzelnen Unterlagen.
Aufbewahrung und Aktualisierung
Im Notfall muss eine zuverlässige Vertrauensperson sofortigen Zugriff auf den Ordner haben, zum Beispiel der Ehe-/Lebenspartner, eine Vertrauensperson aus der Familie, der Steuerberater bzw. die Steuerberaterin oder der Rechtsanwalt bzw. die Rechtsanwältin. Besprechen Sie mit der betreffenden Person den Inhalt des Notfallordners und die erforderlichen Maßnahmen.
Informieren Sie auch wichtige Mitarbeitende Ihrer Praxis über die im Notfall erforderlichen Schritte. Der Notfallordner sollte zukünftig mindestens einmal im Jahr überprüft werden und bei wichtigen Veränderungen bereits unterjährig aktualisiert werden. Kontrollieren Sie, ob alle Unterlagen, Regelungen und Ansprechpartner*innen noch aktuell sind und informieren Sie Ihre Mitarbeitenden und Ihre Familie bei Bedarf über wichtige Veränderungen. n
Autorin
Birgit Nagel
Ernst-Strobach-Platz 1
31535 Neustadt